Denken Sie einmal an Ihre Anfänge als Vermittler zurück. Sicher haben für Sie das Interesse an der Arbeit für Kunden, das Verkaufen oder auch die fachliche Kompetenz eine wichtige Rolle für den Start in die Vermittlertätigkeit gespielt. Die Vermittlung von Versicherungen und Finanzdienstleistungen waren ein Kernelement zum Start in die Selbständigkeit als gebundener und freier Vermittler. Fachliche Kompetenz kam über die Ausbildung und den Nachweis der Sachkunde dazu. Dann ging es ran an die Kunden.

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Unternehmerische Kompetenz als Autodidakt

Solange die Umsätze überschaubar sind, ist die unternehmerische Kompetenz nur wenig gefragt und begrenzt sich oft auf einfache Einnahmen- und Kostenberechnungen. Wenn das Unternehmen aber wächst, dann wird es spannend. Entweder der Vermittler verliert den Überblick und agiert nur noch, oder er muss selbst als Unternehmer inhaltlich wachsen. Der Scheideweg ist erreicht. Entweder die Unternehmerpersönlichkeit entwickelt sich und hat Erfolg oder das Unternehmen wächst dem Inhaber früher oder später über den Kopf.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Diese Überforderung der Inhaber von Vermittlerbetrieben stellen wir immer wieder fest, wenn wir – und das aus gutem Grund – zur strategischen Beratung von Vermittlern oder auch zur Bewertung des Bestandes oder Firma gebeten werden. Anzeichen für unternehmerische Überforderung sind dann in der Vergangenheit verhaftete Arbeitsweisen, überholte Abläufe im innerbetrieblichen Ablauf, Veränderungsscheu oder auch Burnout-Symptome bei den Inhabern.

Ziel der Entwicklung vom Vermittler zum Unternehmer muss es sein, die wachsende Firma so zu führen, dass mehr Erfolg nicht mit mehr Arbeit erreicht wird. Häufig sehen wir in der Vermittlerschaft das Gegenteil. Je mehr manche Vermittler arbeiten, um so weniger stellt sich in Relationen der Erfolg ein. Es kann dauerhaft einfach nicht das Ziel des Vermittlers sein, jeden Samstag in den sozialen Medien zu posten, wie fleißig man ist und andererseits keine Zeit zu finden, das Vermittlerunternehmen zu einer richtigen Firma zu gestalten.

Ermutigend sind dennoch die Beispiele in der Branche, die neben der Erweiterung der fachlichen und verkäuferischen (vertrieblichen) Kompetenzen auch das unternehmerische Know-how zielgerichtet entwickelt haben. Besonders bei jüngeren Vermittlern finden sich viele Beispiele, die ein Zusatzstudium mit betriebswirtschaftlichem Abschluss absolviert und so die Grundlagen für gutes Unternehmertum gelegt haben. Und das merkt man dann auch in der Strukturierung der Firma, den Betriebsabläufen oder dem regelmäßigen Einbinden eines Coaches zum Feedback und zur Weiterentwicklung.

Selbstreflektion der unternehmerischen Fähigkeiten

Bei gebundenen Vermittlern in den Ausschließlichkeitsorganisationen der Versicherer oder in Finanzvertrieben ist häufig der Wille zur kompletten Selbständigkeit zu spüren. Zahlreiche Makler haben so auch die fachlichen und vertrieblichen Grundlagen für die spätere Unabhängigkeit gewonnen. Beim Schritt in die völlige „Freiheit“ wird aber unterschätzt, dass in den Ausschließlichkeits-Vertriebswegen ein großer Teil des unternehmerischen Seins abgenommen und ersetzt wird.

Die Strategie und die technischen Grundlagen des Verkaufs werden in den gebundenen Vertrieben vorgegeben und auch kontrolliert. Das fällt als Jungmakler weg und ist schnell dann selbständig zu ersetzen. Deshalb wäre es hilfreich, sich selbst die Frage zu stellen: Kann ich überhaupt Unternehmer sein und was sollte ich tun, damit ich dieses Know-how der unternehmerischen Kompetenz schnell erreiche? Schauen wir uns einige der Kriterien an:

  • Freude am Verkaufen
  • Begeisterungsfähigkeit
  • Fachliche Kompetenz
  • Vertriebliche Kompetenz
  • Kaufmännische Kompetenz
  • Kontaktfreudigkeit
  • Führungsstärke
  • Motivationsfähigkeit
  • Soziale Kompetenz
  • Kritikfähigkeit

Jeder der aufgezeigten Punkte könnte Bücher füllen. Dafür ist hier nicht der Raum. Fassen wir es einmal so zusammen: Fachliche, vertriebliche und kaufmännische Kompetenz kann man lernen und studieren. Grundlagen des Verkaufs und der Mitarbeiterführung bis zu einem bestimmten Grad auch. Dann entscheiden aber Charakter und Persönlichkeit, wie der Einzelne diese Kriterien unter einen Hut bekommt.

Ein guter Verkäufer, der in der Führung seiner Mitarbeiter erfahren ist, weiß: Die Gefahr für den Niedergang der Firma und/oder der Gesundheit des Inhabers ist groß. Deshalb ist die Gesamtheit der drei Kompetenzen (fachliche, vertrieblich und unternehmerisch) immer wieder zu prüfen, zu reflektieren und zu entwickeln.

Die Phasen auf dem Weg zum Unternehmer

Analysieren wir einmal den Weg zum erfolgreichen Unternehmer. Ich sehe drei Phasen, die man als typisch ansehen kann. Die Phase 1 ist der Schritt in die Selbständigkeit, die Existenzgründung. Die Schwerpunkte dieser Phase sind der Aufbau eines eigenen Kundenkreises, grundlegende technische und arbeitsorganisatorische Themen und dann ganz einfach das Erreichen von Umsatz, von denen der Vermittler als Gründer leben kann. Häufig werden in diese Phase Abschlüsse mit höherer Abschlussprovision zu Lasten von nachhaltigen dauerhaften Einkünften priorisiert. Diese Phase beträgt in der Regel nach Gründung ein bis drei Jahre.

In Phase 2 ist bei Vermittlern häufig schon eine Kundenzahl von 200 bis 400 Kunden erreicht. Diese Kundenbasis führt zur Festigung der jungen Firma und zu entspannter Existenzsicherung. Vielfach setzt in dieser Zeit dann auch das Nachdenken und Gestalten der Firma als Unternehmer ein. Es werden sich Gedanken zu einer präferierten Zielgruppe, zur Optimierung der Kundenverwaltung oder zur Spezialisierung gemacht. Je nach dem erreichten wirtschaftlichen Erfolg, ist diese Phase nach drei bis fünf Jahren erreicht.

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Phase 3 fordert dann den Unternehmer komplett. Es sollten eine Umsatzhöhe und eine Kundenanzahl erreicht sein, die umfassende Erweiterungen und eine vertiefte Arbeitsteilung im Unternehmen notwendig machen. Phase 3 kann man auch die Expansionsphase nennen. Die Kundenanzahl macht Mitarbeiter notwendig, die eingestellt und geführt werden können, weil der Umsatz die entsprechenden Investitionen und Betriebskosten trägt. So hängen erreichter vertrieblicher Erfolg, Umsatz, Investitionen und Expansion eng zusammen.

Bis zu Phase 3 sollten die aufgeführten unternehmerischen Fähigkeiten so entwickelt sein, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Die Persönlichkeit des Jungunternehmers und seines Charakters sind gefragt. Denn mit der internen Expansion wird der Schritt zum größeren Unternehmen gegangen. Es kommen auf den Unternehmer neue Fragen zu:

  • Unternehmensstruktur und geeignete Firmenform
  • Effektive technische Basis der Kundenverwaltung
  • Kundensegmentierung und - bindung
  • Personalsuche,-auswahl und -führung
  • Arbeitsteilung und Stellenbeschreibungen
  • Größeres Büro oder Schaffung mobiler Arbeitsplätze
  • Neue Kostenstruktur und – effizienz sowie Gehaltsabrechnungen
  • Differenzierung vom Markt der „Allrounder“
  • Schwerpunktverlagerung von Vermittler zum Unternehmer

Hinter jedem dieser einzelnen Themen steckt ein Komplex von Anforderungen, die nicht „aus dem Bauch heraus“ entschieden werden sollten. Auch strategischen Denken und Handeln will gelernt sein. Bevor der Schritt zur großen Firma gegangen wird, ist jedem Jungunternehmer ein Basisstudium oder Langzeitcoaching zu betriebswirtschaftlichen Grundlagen zu empfehlen. Aber auch danach werden Spezialisten gebraucht, denken wir nur an die arbeitsrechtlichen Themen oder auch die Fremd- und Selbstreflektion zur eigenen Firma.

Fazit: Auf dem Weg vom erfolgreichen Vermittler zum Unternehmer sind viele Kenntnisse und Methoden aufzunehmen. Denn es ist kein Geheimnis erfolgreich zu sein. Entscheidend sind die Grundeigenschaften, die bei allen Top-Unternehmern festzustellen sind. Das ist der unbedingte und starke Wille zum Erfolg, die Liebe zum Beruf, Freude an Entscheidungen, klare Werte des Handelns wie Nachhaltigkeit, soziale Kompetenz, Servicebereitschaft und ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein gegenüber den Kunden und dem Markt. Und: Vergessen Sie nicht die Tipps für erfolgreiche Unternehmer am Wochenende. Wir haben Ihnen diese in einer deutschen Übersetzung eines Artikels bei Forbes hier bereitgestellt.

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* Zur Verbesserung der Lesefähigkeit verzichtet der Autor auf die Verwendung einer genderangepassten Sprache. In jedem betreffenden Begriff sind alle Geschlechter gemeint.

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