Britische Lebensversicherung: EU-Recht hat für viele Anbieter Bestand

Beispiel Lebensversicherung: Britische Lebensversicherungen erfreuten sich in der Vergangenheit auch bei deutschen Kunden einer großen Beliebtheit. So halten nicht wenige deutsche Kundinnen und Kunden Vorsorgeverträge von Anbietern wie Scottish Widows Limited, Standard Life, Clerical Medical oder Royal London. Ein unkontrollierter Brexit ließ durchaus ein reales Bedrohungs-Szenario für Lebensversicherer und Kunden möglich erscheinen: Letztjährig warnte TheCityUK, eine Interessenvertretung britischer Finanzdienstleister, Verträge aus EU-Beständen britischer Lebensversicherer könnten ungültig werden.

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Obwohl in der Folge Entwarnung gegeben wurde – eine Geschäftserlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hätte zum Beispiel ein Weiterbetreiben deutscher Bestände erlaubt – schufen sich die Anbieter selbst Rechtssicherheit. Denn viele Anbieter reagierten auf die drohende Unsicherheit, indem sie Tochtergesellschaften in EU-Ländern gründeten und den gesamten Vertragsbestand aus EU-Ländern auf diese Töchter übertrugen:

So liegen die Verträge von Standard Life oder Royal London nun bei einer Unternehmenstochter in Irland. Die Verträge der Scottish Widows Limited (SWL) liegen in Luxemburg. Für Kundinnen und Kunden innerhalb der EU bleibt EU-Recht dadurch weiterhin gültig. Ebenso bleiben individuelle Vertragsbedingungen eines jeden Kunden unangetastet (der Versicherungsbote berichtete).

Trotz geringerem Insolvenzschutz: Kein Grund zur Eile

Einen beunruhigenden Knackpunkt freilich wollten die Verbraucherschützer von „test.de" erkannt haben. Denn in Großbritannien wurde mit dem Financial Services Compensation Scheme (FSCS) ein Fond eingerichtet, der Lebensversicherer vor Pleiten bewahren soll und vergleichbar ist mit dem seit 2002 in Deutschland existierenden „Protektor“-Fond. Weder in Luxemburg noch in Irland gibt es jedoch ein vergleichbares Entschädigungssystem. Deswegen würde durch Übertragung der Verträge der Insolvenzschutz leiden.

Allerdings: Die Finanzlage der britischen Lebensversicherer wurde zugleich als stabil bewertet, weswegen die Verbraucherschützer von einer überstürzten Kündigung der Verträge abrieten. Bestünde doch „kein dringender, kurzfristiger Handlungsbedarf“. Deswegen könne man nun verschiedene Möglichkeiten zwischen einer Kündigung und einer Fortführung des Vertrags prüfen.

Weitere Möglichkeiten wurden genannt – denkbar wäre zum Beispiel auch eine Kapitalzahlung, ein Verkürzen des Vertrags, ein Beitragsfrei-Stellen des Vertrags oder gar ein Verkauf des Vertrags an Zweitmarkt-Anbieter, die Lebensversicherungen aufkaufen. Zum Prüfen solcher Möglichkeiten empfahlen die Verbraucherschützer ein professionelles Beratungsgespräch. Grund zur überstürzten Eile besteht aber nicht.

Kfz-Versicherung: Ab 1. Januar 2021 eventuell „Grüne Karte“ erforderlich

Auch für die Kfz-Versicherung ändert sich aufgrund der ausgehandelten Übergangsfrist des Austrittsabkommens bis zum 31. Dezember 2020 zunächst nichts. Und auch für die Kfz-Versicherung gilt: Erwartete Veränderungen liefern keinen Grund zur Panik. Denn laut Presseerklärung des GDV gilt weiterhin der Schutz einer Kfz-Versicherung in Großbritannien ohne Einschränkungen.

Einziger möglicher Wermutstropfen: Ab 01. Januar 2021 könnte es Pflicht sein, bei Einreise nach Großbritannien die Internationale Versicherungskarte für den Kraftverkehr – auch „Grüne Karte“ genannt – mitzuführen. Diese Karte bescheinigt in Nicht-EU- Ländern den Einreisenden einen Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung gemäß den Bestimmungen des jeweiligen Gastlandes. Auch Daten über Fahrzeug, Halter und dessen Versicherung sind auf der Karte verzeichnet. Erhältlich ist die Grüne Karte kostenlos beim Kfz-Haftpflichtversicherer.

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Bedingungen weiterer Versicherungsprodukte bleiben gleich

Ob aber zukünftig tatsächlich die Grüne Karte bei Einreise nach Großbritannien mitzuführen ist, ist nach jetzigem Stand noch nicht sicher. Sicher hingegen ist laut Erklärung der Versicherer: Für Reise-, Haftpflicht- und private Unfallversicherungen hat der Brexit überhaupt keine Konsequenzen – ihr Schutz gelte in aller Regel weltweit. So gesehen ist der Brexit zumindest für Versicherungskunden kein Grund zur Unruhe – viele Bedingungen verschiedener Versicherungen und Produkte bleiben gleich. Außerdem hilft die Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 den Kunden, sich ohne Zeitdruck zu entscheiden – und gegebenenfalls beraten zu lassen.

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