Bereits seit 1996 legt das Branchennetzwerk AMC-Forum eine Studie zu Webseiten von Versicherern vor. Für die aktuelle Ausgabe wurden 126 Netzauftritte der Assekuranzen unter die Lupe genommen, wie die Netzwerker in einem Pressetext berichten. Wie auch in den Vorjahren wurden dabei all jene Anbieter mit dem Siegel „Top-Webseite“ gekürt, die mindestens 90 Prozent der möglichen Leistungspunkte einsammeln konnten.

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Wie auch in den Vorjahren mussten sich die Versicherer anhand von sieben Leistungskriterien beweisen, die unterschiedlich gewichtet wurden. Für bestimmte Unterpunkte wurden zudem Bonuspunkte vergeben. Die Analyse fand in der Zeit zwischen September und November 2019 statt:

  • Unternehmens-Präsentation (5 Prozent Gewichtung): Informiert ein Unternehmen auf der Webseite ausreichend über sich und trägt so zur Vertrauensbildung bei? Gibt es einen Karrierebereich? Wird die Presse informiert und gibt es Ansprechpartner?
  • Dialog und Kontakt (15 Prozent Gewichtung): Welche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme werden den Kunden geboten? Gibt es Kontaktadressen, Chat, Social-Media-Kanäle? Positiv wird auch der Einsatz von Chatbots gewertet. Der Einsatz von WhatsApp und Co. brachte Bonuspunkte.
  • Leistungsspektrum (20 Prozent Gewichtung): Das Leistungsspektrum ist ein Unterpunkt, für den mit die meisten Punkte vergeben wurden. Gemeint ist hierbei unter anderem, ob die Tarife des Versicherers online berechnet werden können: dies sei mittlerweile weitestgehend Standard, berichten die Studienmacher. Aber gewertet wird auch, ob die Menüführung transparent und übersichtlich ist, ob der abschlusswillige Kunde alle notwendigen Infos erhält, Schaubilder und Tabellen die Produkte veranschaulichen und die Sprache einfach und verständlich ist.
  • Beratungsleistung (20 Prozent): Auch die Beratungsleistung wurde mit stolzen 20 Prozent gewertet. Punkte gab es unter anderem für eine effiziente Nutzerführung, interaktive Tools, ob der Abschlussprozeß von Bedarfsermittlung bis Antrag in einem Guss erfolgt etc. Auch, ob Kunden die Möglichkeit haben den Versicherer oder Leistungen zu bewerten und ob Kundenbewertungen offengelegt wurden, floss in die Analyse ein.
  • Vertrieb (15 Prozent): Hier wurde der Prozeß der Angebotsanfrage, Online-Abschluss und Antragsstellung sowie die Außendienstanbindung untersucht. Bei Direktversicherern entfiel der letzte Punkt. Allerdings sollte auch hier transparent aufgezeigt werden, welchen Prozess der Nutzer gerade durchläuft und was ihn am Ende erwartet.
  • Service (zehn Prozent): Kann der Versicherungsnehmer Verträge und Schäden online managen und melden? Gibt es spezielle Service-Hotline für die Schadenabwicklung oder andere Kanäle? Werden diese Prozesse mit Apps und Tools unterstützt?
  • User Experience (15 Prozent): Hier wurde eingerechnet, was ein Nutzer bei seinem Besuch auf einer Website der Versicherer „erlebt“. Design, Navigation, Benutzerfreundlichkeit, Datenschutz usw. wurden hier gewertet.

Kein Ranking mehr

Zu beachten ist, dass es seit der 19. Auflage kein Ranking mehr gibt, wie der AMC berichtet. Dies sei nicht sinnvoll, da es in der Vergangenheit zwischen den einzelnen Anbietern nur marginale Abweichungen gegeben habe. Daraus eine Rangliste abzuleiten, würde folglich ebenfalls wenig Sinn machen. Entsprechend werden die Versicherer mit 90 Prozent und mehr möglichen Punkten in alphabetischer Reihenfolge präsentiert:

  • Allianz Versicherung
  • ARAG Versicherungen
  • AXA Versicherungen
  • Barmenia Versicherungen
  • CosmosDirekt
  • ERGO Versicherung
  • Hannoversche
  • HUK-Coburg Versicherungen
  • Sparkassenversicherung
  • Versicherungskammer Bayern
  • Zurich Versicherung

DEVK Versicherungen Studienleiterin Desiree Schubert konstatiert, dass die Webseiten sich gegenüber dem Vorjahr weiter verbessert haben. „Viele Besuche auf den Websites der Versicherer sind uns in lebendiger Erinnerung geblieben. Spürbar wurde an einer klaren Nutzerfokussierung gearbeitet: Tarifberechnung und -übersichten wurden verbessert und der Online-Kontakt wird dank Chats, Chatbots und Videoberatung immer ausgefeilter“, so Schubert.

Die Versicherer würden auch vom "frischen Wind" profitieren, die die "jungen Wilden", also Digitalversicherer wie ONE, Ottonova und Lemonade in die Branche gebracht haben, heißt es im AMC-Pressetext. "Ausgeklügelte Apps machen das Versichern übers Smartphone praktikabel und smart. Hehre Ambitionen, viel Herzblut und digitale Kompromisslosigkeit zeichnen diese jungen Versicherer aus", schreibt AMC. Die Studie kann auf der Webseite des Netzwerkes kostenpflichtig bestellt werden.

Nur sporadisch Kritik im Pressetext

Kritik an der Branche wird ebenfalls formuliert: wenn auch sehr zurückhaltend. So würden die besten Websites zu ihren klassischen Produkt- und Serviceansätzen auch Apps, Videoberatung und einige wenige Chatbots als virtuelle Versicherungsexperten anbieten. Mit anderen Worten: etabliert sind derartige Tools noch nicht und kommen eher sporadisch zum Einsatz.

Zudem bieten die besten etablierten Versicherer "nutzerzentrierte Inhalte, sind auf allen Geräten perfekt aufgestellt und präsentieren sich bisweilen leicht und lebendig", heißt es im Pressetext. Klingt nach einem Lob, doch zugleich wird eingeschränkt: "Doch über zarte Ansätze geht es in Sachen Leichtigkeit kaum hinaus". Unter anderem würden Ansätze wie das Gamification bisher kaum genutzt: Momente, die den Nutzer der Webseite spielerisch einbeziehen, so Aktivität und Aufmerksamkeit fördern.

Zu den Digitalversicherern heißt es zudem im Pressetext, diese würden persönlichen Support einstreuen: "Wenn es passt". Und wenn es nicht passt: Stehen die Kundinnen und Kunden dann ohne Beratung da? Speziell bei hochkomplexen Policen wie privaten Krankenversicherungen und biometrischen Produkten kann eine gute Beratung (inklusive Haftung des Beraters) wichtig sein. Schon kleine Fehler im Antrag können dazu führen, dass der Versicherer wegen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht die Leistung verweigert und vom Vertrag zurücktritt. Deshalb haben wiederholt Experten vom Online-Abschluss derartiger Tarife abgeraten: Dieser biete sich nur für Interessenten mit ausreichend Vorwissen an.

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Weitere potentielle Nachteile der "jungen Wilden" zeigte eine Studie von Peter Hawranke, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Hawranke GmbH. Er wies Online-Versicherern zum Beispiel Wartezeiten in Haftpflicht-Tarifen nach: Klauseln, die nicht marktüblich sind und den Kunden benachteiligen können. Die Werbeversprechen auf den Webseiten der Anbieter würden zudem mitunter im krassen Widerspruch zum tatsächlichen Vertragstext der Tarife stehen. Erschwerend kommt hinzu, dass mehrere Anbieter ihren Sitz im Ausland haben und nicht von der BaFin beaufsichtigt werden, was es bei Rechtsstreiten erschweren kann, Ansprüche geltend zu machen (der Versicherungsbote berichtete).

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