Freilich wird auch ONE von der deutschen BaFin beaufsichtigt, die das Versicherungsgeschäft gestattet hat. Es gelte deutsches Recht, heißt es im Vertrag: "Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag gegen uns ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk Sie zur Zeit der Klageerhebung Ihren Wohnsitz oder, in Ermangelung eines solchen, Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben".

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lückenhafte Mail-Signatur

Dass die Frage nach dem Sitz des Versicherers nicht ganz so banal ist, zeigt ein weiterer Vorgang, von dem die Studie berichtet. ONE würde beim Kontakt mit den Kunden per Mail auf Pflichtangaben in der Mailsignatur verzichten, berichtet Hawranke. Stattdessen werde lediglich der Mitarbeiter mit Vorname genannt sowie darunter mit „ONE Team“ geantwortet, zum Beispiel bei Fragen zu einer Vertragskündigung. Ein möglicher Verstoß gegen das Handelsgesetzbuch.

Der Hintergrund: Unter anderem müssen bei geschäftlichen Mails der vollständige Name laut Handelsregister und Rechtsform, der Sitz der Gesellschaft und die Handelsregisternummer genannt werden. Von Nachteil für den Kunden können fehlende Infos zum Beispiel sein, wenn er Forderungen gegenüber dem Versicherer geltend machen will oder Ansprechpartner sucht. Sie sollen auch erlauben, die rechtliche Stellung des Absenders zu überprüfen: zum Beispiel, wenn der Kunde den Verdacht hat, es könnte sich um eine betrügerische Spam-Mail handeln.

Mit dem lückenhaften Impressum konfrontiert, habe ONE auf Ihren Sitz in Lichtenstein hingewiesen, und dass somit diese Verpflichtung für die One Versicherung nicht gelten würde, so heißt es in der Studie. Diese Aussage stünde im Widerspruch zu den Vertragsbedingungen. Dort heißt es in Paragraph B 6.4: „Für diesen Versicherungsvertrag gilt deutsches Recht“.

Versprechen auf Webseite und Bedingungswerk teils im Widerspruch

Darüber hinaus hätten ONE und Coya "neue innovative Formulierungen gefunden, bei denen sogar die genutzten Wörter überraschen“, positioniert sich Hawranke. Für den Kunden müsse das nicht von Vorteil sein. Im Gegenteil: manche Formulierungen seien widersprüchlich und missverständlich. “Die Abweichungen von den Webseiten- und Werbeversprechen zum Bedingungswerk und deren tatsächliche Umsetzungen sind gravierend. Diese Werbeaussagen können Kunden zu einem Abschluss unter falschen Vorstellungen verleiten“, kritisiert er. Hier muss man jedoch relativieren, dass die Werbebotschaften auf den Webseiten der etablierten Versicherer auch nicht immer im Einklang mit den tatsächlichen Leistungen stehen: positive Merkmale der Tarife werden in der Regel besonders hervorgehoben.

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Dass dieser Widerspruch auch für das Vertragswerk von ONE gilt, konnte der Versicherungsbote am Bedingungswerk der Haftpflichtversicherung überprüfen, das der Redaktion vorliegt. ONE verspricht auf seiner Webseite, besonders einfach und smart zu sein. Die Versicherungsbedingungen aber sind es bestimmt nicht. Sie sind unübersichtlich, schwer verständlich, voller Klauseln und Fachsprech, Ausschlüsse und Querverweise: wie die Vertragswerke vieler anderer Versicherer auch. Es gibt sogar Anbieter, die mittlerweile eine einfachere Sprache in ihren Verträgen verwenden. Dass der Kunde auf der Webseite geduzt wird und in den Vertragsbedingungen gesiezt, ist da noch das kleinere Problem. Auch die Verträge von ONE sind vor allem eines: hochkomplex und für Laien schwer verständlich.

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