Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat die Generali Lebensversicherung AG wegen Irreführung abgemahnt. Das berichtet die Organisation am Mittwoch auf ihrer Webseite. Grund sei, dass ein Verbraucher seine Rentenversicherungs-Police aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung rückabwickeln wollte, aber der Versicherer dies verweigerte. Und zwar widerrechtlich, wie die VZHH argumentiert.

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Konkret geht es erneut um eine Police, die zwischen 1994 und 2007 nach dem Policenmodell abgeschlossen wurde. Bei diesen Verträgen wurde der Verbraucher erst über seine Rechte und Pflichten aufgeklärt, nachdem er den Vertrag bereits unterschrieben hatte: zu spät nach Ansicht des Gesetzgebers. Seit 2008 ist diese Vertriebspraxis in Deutschland verboten.

Streit um Widerrufsbelehrung

Verbraucher haben die Möglichkeit, ein Vertrag nach dem Policenmodell rückabwickeln zu lassen, wenn sie dem Versicherer nachweisen, unzureichend über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt worden zu sein. Das hat gegenüber einer einfachen Kündigung den Vorteil, dass sie weit mehr Geld bekommen. Nicht nur die gezahlten Beiträge erhalten sie nebst Zinsen zurück, sondern auch die gezahlten Vertriebs- und Verwaltungskosten. Das geht aus mehreren Urteilen des Bundesgerichtshofes hervor (u.a. Az: IV ZR 76/11, IV ZR 384/14, IV ZR 448/14).

Genau auf diese Urteile habe sich auch der Kunde im vorliegenden Fall berufen, berichtet die Verbraucherzentrale, und wollte den Vertrag widerrufen. Dies aber habe die Generali Leben abgelehnt. Die Hansestädter zitieren die Begründung des Versicherers: „Der Bundesgerichtshof war in den verhandelten Fällen von einer unzureichenden Belehrung über das Widerspruchsrecht ausgegangen. Das trifft nach unserer Auffassung für den hier vorliegenden Vertrag nicht zu. Ein Widerspruch ist nach unserer Ansicht nicht mehr möglich. Wir lehnen es daher ab, die Versicherung von Beginn an aufzuheben.“

Das aber sehen die Hamburger anders. Experten hätten die Vertragsunterlagen geprüft — und sehr wohl eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erkannt. „Zum einen sollte der Verbraucher laut Belehrung seinen Widerspruch nur per Brief erklären können, doch auch eine E-Mail ist zulässig. Zum anderen fehlte in der Belehrung ein zwingender Hinweis darauf, dass zur Wahrung der Widerspruchsfrist die rechtzeitige Absendung des Widerspruches genügt“, schreibt der Verbraucherverband zu den Gründen, weshalb die Generali ungenügend aufklärte. Auch der Bundesgerichtshof habe beide Punkte schon in Urteilen beanstandet.

Ein Einzelfall ist die Generali nicht. Die Verbraucherzentrale hat bereits andere Versicherer abgemahnt: darunter die Allianz Leben, Zurich Deutscher Herold sowie die Neue Leben. „Die Urteile des Bundesgerichtshofs zum Widerspruch sind der Versicherungsbranche selbstverständlich bekannt. Dennoch werden Verbraucher einfach abgewimmelt“, kritisiert Christian Biernoth von der Verbraucherzentrale Hamburg. Er fordert die Versicherer auf, die Grundsatzentscheidungen des BGH anzuerkennen — schließlich seien schon fünf Jahre seitdem vergangen.

Verantwortlich für Generali Leben: Viridium

Die Generali Deutschland hat ihre Konzerntochter Generali Leben mittlerweile an den Bestandsverwalter Viridium verkauft und besitzt nur noch eine Minderheitenbeteiligung von 10,1 Prozent am Unternehmen. Folglich ist sie juristisch nicht mehr zuständig, wie eine Presseanfrage des Versicherungsboten ergab.

Bei Viridium wiederum hat man sich noch kein genaues Bild gemacht. „Die Abmahnung liegt der Generali Lebensversicherung inzwischen vor. Wir prüfen den Sachverhalt derzeit mit der gebotenen Sorgfalt, können uns aktuell aber noch nicht zur Sache äußern“, teilte Konzernsprecher Heiner Reiners mit. Und weiter: „Die Viridium Gruppe ist seit Ende April 2019 Eigentümer der Generali Lebensversicherung. An den Ansprechpartnern der Kunden für alle ihre Vertragsbelange hat sich nichts geändert.“

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Im Oktober wird die Generali Leben in Proxalto umbenannt - die Verträge werden nur noch abgewickelt. Neugeschäft zeichnet das Unternehmen nicht mehr (der Versicherungsbote berichtete).

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