Für die Migration der insgesamt 2,2 Millionen Proxalto-Verträge wurden rund 400 Millionen Archivdokumente und mehr als 800 Tarife betrachtet sowie mehr als 100 Dokumenttypen überführt. Das teilte der Versicherer im Sommer 2022 auf Versicherungsbote-Anfrage mit und wollte so die Dimension der technischen Herausforderung verdeutlichen. Es sei die „größte und komplexeste IT-Initiative, die in der Branche bislang durchgeführt wurde“, so Proxalto gegenüber Versicherungsbote.

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Doch das erklärt noch nicht Schilderungen von Kunden, die auch die Versicherungsbote-Redaktion erreichen. So wartet beispielsweise ein Kunde seit viereinhalb Monaten auf seine Auszahlung. Obwohl ihm immer wieder bestätigt worden sei, dass alle erforderlichen Daten vollständig vorliegen würden. Insbesondere Aussagen der Call-Center-Mitarbeiter sorgen dabei für Ärger und Unverständnis: Die Bandbreite der Aussagen reicht von „die IT wird umgestellt und es kommt daher zu Verzögerungen“ über „Schauen Sie doch nächste Woche auf ihr Konto. Dann ist die Auszahlung bestimmt eingegangen“ bis zu „…wenn ich jetzt Ihre Anfrage an den Sachbearbeiter stelle, wird das Ihre Auszahlung verzögern; Ihre Auszahlung wird dann hinten angestellt“.

Auch bei der Verbraucherzentrale Hamburg häufen sich nach einem Aufruf an Betroffene ähnliche Schilderungen. Die Verbraucherschützer veröffentlichten Ende 2022 einen besonders krassen Fall und baten darum, dass sich weitere Betroffene bei ihnen melden und ihren Fall schildern (Versicherungsbote berichtete).

Verzögern und Hinhalten: „Anscheinend ein Massenphänomen“

Nun zog Sandra Klug, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, ein erstes Zwischenfazit: „Es handelt sich nicht um einen Einzelfall, sondern anscheinend um ein Massenphänomen. Die Kundinnen und Kunden berichten nicht allein von derzeit ausbleibenden Renten- und Einmalzahlungen, sondern von chaotischen Zuständen. Proxalto wirkt überfordert.“

„Wir wollen, dass alle Kunden zufrieden sind“

Versicherungsbote fragte erneut bei Proxalto nach, wie sie den Beschwerden Herr werden wollen. Das Statement von Proxalto dazu: „Wir haben im Interesse der Proxalto-Kunden viel Geld in die dauerhafte finanzielle und operative Stabilität der Lebensversicherung investiert. Die Vorteile für die Kunden zeigen sich deutlich in Form verbesserter Überschüsse, mehr Sicherheit durch hohe Kapitalstärke und eine vollständig modernisierte IT-Plattform. Aufgrund der bereits umgesetzten Verbesserungen wurde Proxalto 2022 im unabhängigen Branchenvergleich 'Lebensversicherer im Härtetest' als 'Outperformer' ausgezeichnet. Unsere IT-Modernisierung ist jetzt praktisch abgeschlossen. Wir befinden uns nun in der Phase der Nacharbeiten und Qualitätssicherung. Leider können wir nicht ganz ausschließen, dass es im Nachlauf dieser IT-Modernisierung für einzelne Kundengruppen doch noch zu Einschränkungen kommt, mit denen wir unserem Anspruch an einen guten Kundenservice vorübergehend nicht gerecht werden. Als vorbeugende Maßnahme hat Proxalto die Zahl der Mitarbeiter im Kundenservice um ca. 200 auf fast 400 verdoppelt. Wir sichern allen unseren Kundinnen und Kunden zu, dass wir alles dafür tun, entstehende Unannehmlichkeiten schnellstmöglich zu lösen. Selbstverständlich erhalten alle Kunden ihre Zahlungen.

Wir möchten uns an dieser Stelle auch nochmals für jede von Kunden erlebte Einschränkung entschuldigen. Alle unsere Mitarbeiter im Kundenservice bemühen sich stets um gute Lösungen für die Kundinnen und Kunden.

Die Modernisierungskosten in Höhe von rund 250 Millionen Euro trägt übrigens allein Viridium. Die Kunden werden an diesen Kosten nicht beteiligt, was für die Branche unüblich ist. Üblich ist in der deutschen Lebensversicherung, die Kunden zur Hälfte an den Kosten zu beteiligen. In unserem Fall ist die IT-Modernisierung somit in mehrfacher Hinsicht ein sehr vorteilhaftes Projekt für die Kunden.

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Die Modernisierung der IT ist eine sinnvolle und notwendige Maßnahme, die vielen anderen Lebensversicherungen noch bevorsteht. Wir haben bei Viridium schon mehrere IT-Modernisierungen erfolgreich umgesetzt und lernen mit jedem IT-Projekt hinzu. Wir werden weiter daran arbeiten, temporär spürbare Auswirkungen zu minimieren und es in der Kunden-Kommunikation noch besser zu machen. Wir wollen, dass alle Kunden zufrieden sind.“

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