Zwei Marktführer im juristischen Gefecht

Dürfen Vergleichsportale Tarife von Versicherern in ihren Leistungsvergleich einbeziehen, obwohl die Versicherer eine Zusammenarbeit verweigern? Zu dieser Frage wurde aktuell ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln zugunsten der HUK-Coburg gefällt (Az. 6 U 191/18).

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Der Rechtsstreit hinter dem Urteil erregt Aufsehen, denn zwei Marktführer stehen sich vor Gericht gegenüber. Klagender ist die HUK-Coburg – mit 12,0 Millionen versicherten Autos und Bruttobeitragseinnahmen von 4,1 Milliarden Euro Deutschlands größter Autoversicherer (der Versicherungsbote berichtete). Beklagt hingegen wird, mit Check24, Deutschlands Marktführer bei den Vergleichsportalen. Inhalt des Rechtsstreits: Der Onlinemakler Check24 listet Tarife der HUK-Coburg, ohne dass der Versicherer das will.

Denn Check24 hat ein Problem: Die HUK verweigert als Deutschlands größter Autoversicherer konsequent die Zusammenarbeit mit Vergleichsportalen (der Versicherungsbote berichtete). So stellt die HUK zum Beispiel nicht die nötige Technik bereit, um Tarife für den Vergleich in Echtzeit auszuweisen. Wie aussagekräftig jedoch ist der Vergleich eines Portals, das mit der „größten Marktabdeckung“ und dem „größten Sparpotential“ für sich wirbt, aber ausgerechnet Deutschlands größten Autoversicherer gar nicht listet? Ein solcher Fakt lässt die Werbeversprechen des Portals fraglich erscheinen.

Der Münchener Onlinemakler behalf sich mit einem vermeintlichen Kompromiss. So entschied sich Deutschlands größtes Vergleichsportal, zwar die Tarife der HUK-Coburg zu listen, allerdings ohne Angabe eines Preises. Eine für die HUK-Coburg wiederum nicht hinzunehmende Praxis: Deutschlands größter KFZ-Versicherer klagte gegen Deutschlands größtes Vergleichsportal.

Erfolg für die HUK erst in zweiter Instanz

Anfänglich sah es so aus, als ob sich Justitias Waage zugunsten des Portals neigte … das Landesgericht (LG) Köln schlug sich mit einem Urteil vom Oktober des zurückliegenden Jahres auf die Seiten von Check24 (der Versicherungsbote berichtete). Nun aber wendet sich das Blatt: Das Oberlandesgericht Köln untersagte in seinem jüngsten Urteil, dass Tarife der HUK in der bisherigen Form durch Check24 gelistet werden dürfen, wie aktuell das Handelsblatt berichtet.

So führte das Gericht laut dem Medienbericht aus: Zwar seien grundsätzlich Produktvergleiche möglich, die auch Anbieter mit verweigerter Zusammenarbeit einbeziehen. Unzulässig hingegen sei ein Auflisten der Anbieter für reine Preisvergleiche, wenn gar nicht alle Preise angegeben sind. Doch um einen solchen Preisvergleich würde es sich im Falle der gelisteten KFZ-Versicherungen bei Check24 handeln.

Spannend wird die Frage: Wie wird Check24 die HUK-Tarife listen?

Das Urteil macht also ein Auflisten der HUK-Tarife für das Portal nicht grundsätzlich unmöglich, sondern betrifft eher das „Wie“ und damit die momentane Praxis. Dies legt auch ein durch das Handelsblatt zitiertes Statement eines Check24-Sprechers nahe: Check24 wolle eine Lösung anstreben, bei der das Portal „weiterhin auch die HUK-Tarife anzeigen“ könne. Handle es sich laut Check24-Sprecher doch „nicht um ein pauschales Urteil gegen die Auflistung der HUK Coburg in unseren Vergleichen“.

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Reagieren will das Portal schnell: Schon „in den kommenden Tagen“ soll die Online-Darstellung im Kfz-Vergleich überarbeitet“ und damit im Sinne des Urteils geändert werden. Wie dies freilich möglich ist, wenn Preisangaben für die HUK-Tarife fehlen, wird spannend. Denn im Grunde müsste die Online-Darstellung auf eine Art geändert werden, die auf einen "Produktvergleich" statt auf einen "Preisvergleich" zielt. Die Ankündigung von Check24 weckt Spannung!

Grund der Auseinandersetzung: HUK "will nicht den Wechselautomaten füttern"

Worin aber begründet sich das Vorgehen der HUK-Coburg gegen Check24? Ein wesentlicher Grund liegt im Einfluss der Vergleichsportale auf einen harten Preiskampf am KFZ-Markt. Und dieser Kampf zeigt sich, Jahr um Jahr, insbesondere im Herbst in der so genannten „Wechselsaison“. Können doch die meisten Verträge für die Kfz-Versicherung bis zum Stichtag des 30. November gekündigt werden – Versicherer unterbieten sich vor diesem Tag gegenseitig mit Prämien, nehmen für Neukunden sogar Verluste in Kauf. Und Vergleichsportale, insbesondere der Marktführer Check24, spielen bei diesem Kampf der Unterbieter eine immer größere Rolle.

Vergleichsportale: Einsparpotential oder Preistreiber?

Unbestritten ist hierbei der Nutzen für den Kunden – zumindest auf den ersten Blick. Erst im zurückliegenden Herbst errechnete die Technischen Hochschule Rosenheim beim Marktführer unter den Vergleichsportalen das höchste Einsparpotential (der Versicherungsbote berichtete).

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Doch jedes Mal, wenn ein Kunde über den Dienst einen neuen Kfz-Tarif sucht, kassieren Vergleichsportale wie Check24 auch eine neue Abschluss-Provision. Generieren doch Vergleichsportale mehr als 90 Prozent ihrer Umsätze aus derartigen Provisionen, wie eine Studie des Bundeskartellamtes zeigte (der Versicherungsbote berichtete). Umso aggressiver bewirbt Check24 und bewerben weitere Portale folglich die Wechselsaison. Und umso störender ist diese Geschäftspraxis aus Sicht der HUK-Coburg ... denn statt zu Einsparungen führt laut Versicherer die Praxis der Portale eher zur Verteuerung der Tarife.

HUK-Coburg: Portale machten "Versicherungsschutz teurer"

So kritisierte Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandssprecher der HUK-Coburg, in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: Das Geschäftsmodell der Vergleichsportale ziele „darauf ab, dass die Kunden jedes Jahr ihre Versicherung wechseln, weil dann die Provisionen fließen“. Auch werde, angetrieben durch immer neue Provisionen, „eine Preisspirale befeuert, die den Versicherungsschutz am Ende für alle Kunden teurer macht“. Aus diesem Grund verweigert die HUK-Coburg auch die Zusammenarbeit mit den Vergleichsportalen. Wolle man doch nicht „den Wechselautomaten mit immer neuen Provisionen füttern“.

Kampf um Marktführerschaft zeigt: Preisdumping geht auch ohne Vergleichsportale

Was Heitmann in diesem Kontext freilich nicht erwähnt: Der Kampf der Preis-Unterbieter funktioniert auch ohne Portale. Das zeigt der erbitterte Kampf um die Marktführerschaft am KFZ-Markt zwischen der HUK-Coburg und der Allianz, die aktuell rund 8,7 Millionen Fahrzeuge versichert:

Im Oktober 2017 starteten die Münchener eine Produktoffensive und haben ihre Kfz-Tarife erneuert und verschlankt. Erklärtes Ziel war auch, die Spitzenposition auf dem Autoversicherungsmarkt zu erobern. Die HUK jedoch lässt dies nicht ohne Gegenwehr geschehen und passte, in Reaktion auf die neuen Allianz-Tarife, ebenfalls die Prämien an. Gegenüber der Börsenzeitung äußerte HUK-Vorstandssprecher Heitmann zu dem Schritt: „Es könnte sein, dass wir in eine Phase stagnierender Durchschnittsbeiträge bei strukturell weiter steigenden Schadenbedarfen kommen“.

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Man könnte, was Heitmann äußerte, auch anders ausdrücken: Die neuen Prämien der HUK entsprechen keineswegs einer angemessenen Schaden-Kalkulation mit "weiter steigenden Schadenbedarfen". Stattdessen reagieren sie auf den Wettbewerber und nehmen – für den Spitzenplatz der Branche – auch rote Zahlen in Kauf.

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