Die Rechtsschutz-Sparte erholt sich nach schwierigen Zeiten

Mit vielen Schwierigkeiten hatten Rechtsschutzversicherer in den letzten Jahren zu kämpfen. Das 2013 verabschiedete Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) führte zu erhöhten Gebühren für Anwälte, Sachverständige und Gerichte (der Versicherungsbote berichtete). Skandale wie der Dieselgate von VW verursachten hohe Klageaufkommen durch Kunden, die sich getäuscht sahen.

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Hinzu kam das alte Problem der „Zweckabschlüsse“, wenn Versicherungsnehmer nur aufgrund aktueller Streitfälle Verträge abschließen – nur, um dann später selbst klagen zu können. Zwar schreiben viele Rechtsschutzversicherer aus diesem Grund eine Wartezeit ab Vertragsabschluss vor. Doch noch immer sei dies ein Leiden der Branche, wie der „Branchenmonitor Rechtsschutz 2015-2017“ der V.E.R.S. Leipzig GmbH in Kooperation mit YouGov Deutschland ausführt. Und das, obwohl Versicherer dazu übergingen, ihre Vertragsbedingungen so zu gestalten, dass sie bei Zweckabschlüssen nicht für Rechtsfälle einstehen müssen.

Das Rechtsschutz-Geschäft steckte in der Krise, so dass die Versicherer Antworten finden mussten. Die Gesellschaften passten ihre Beiträge mehrfach an (der Versicherungsbote berichtete, zum Beispiel hier). Und die Geschäftszahlen zeigen: Erholung ist im Gange. Ersichtlich wird dieser positive Befund unter anderem durch die Entwicklung der durchschnittlichen Schaden-Kosten-Quote der Rechtsschutzversicherer, die im „Branchenmonitor Rechtsschutz“ analysiert wurden: Für 2015 lag die Combined Ratio im Durchschnitt aller 28 Unternehmen noch bei 105,33 Prozent. Der Wert über der kritischen 100-Prozent-Marke bedeutete: Die verbuchten Prämien reichten für den Durchschnitt aller Rechtsschutzversicherer nicht aus, um die Ausgaben für Rechtsstreite sowie Betriebskosten und weitere Kosten zu decken.

2016 dann verbesserte sich die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote auf 103,49 Prozent. Dennoch war ein auskömmliches Wirtschaften zumindest für den Schnitt der Versicherer noch immer nicht möglich, die Branche schrieb weiter rote Zahlen. Erst im letzten Jahr dann die gute Nachricht: Die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote konnte auf auskömmliche 98,96 Prozent gesenkt werden.

2017: Nur noch sechs Sorgenkinder statt die halbe Branche

Die positive Tendenz zeigt sich auch an der Zahl der Versicherer, die eine auskömmliche Combined Ratio vorweisen können. Während 2016 nur die Hälfte der Versicherer die Combined Ratio unter der kritischen Marke halten konnte (14 von 28 getesteten Versicherern wirtschafteten mit Verlust), können nun für letztes Jahr 22 Versicherer schwarze Zahlen präsentieren. Nur noch sechs Versicherer haben für das Geschäftsjahr 2017 eine Combined Ratio über 100 Prozent und müssen Verluste in Kauf nehmen. Betroffen sind:

  • die Concordia mit einer Combined Ratio von 100,40 Prozent
  • die DEVK Rechtsschutz mit einer Combined Ratio von 103,86 Prozent
  • die DEURAG Rechtsschutz mit einer Combined Ratio von 104,52 Prozent
  • die Neue Rechtsschutz mit einer Combined Ratio von 113,82 Prozent
  • die HUK24 mit einer Combined Ratio von 119,62 Prozent
  • die Ideal mit einer Combined Ratio von 200,38 Prozent

Trotz der schlechten Werte zeigen auch vier dieser sechs Versicherer Verbesserungen: 2016 musste die Concordia noch eine CR von 104,46 Prozent in Kauf nehmen. Die DEVK Rechtsschutz lag 2016 bei 104,30 Prozent. Die DEURAG Rechtsschutz lag bei 108,98 Prozent und die HUK 24 bei 133,12 Prozent.

Einzig die Neue Rechtsschutz und die Ideal verschlechterten sich zwischen 2016 und 2017: 103,30 Prozent wies die CR der Neuen Rechtsschutz 2016 auf; 184,74 Prozent die CR der Ideal. Erwähnt werden muss freilich, dass diese Verschlechterung auch mit einer Erhöhung der Rückstellungsquoten für noch ungewisse Verpflichtungen und mögliche zukünftige Kosten einhergeht, dass beide Versicherer also das Polster für die Zukunft aufbesserten:

Von 126,05 Prozent der gebuchten Prämien verbesserte die Neue Rechtsschutz ihre Rückstellungsquote auf 144,37 Prozent für 2017 (und schafft es dennoch nur auf Rang 27 des „Rückstellungs-Rankings“ und damit den vorletzten Platz). Von 199,64 Prozent auf 215,59 Prozent verbesserte die Ideal ihre Rückstellungsquote.

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Mit ihren Rückstellungen liegt die Ideal übrigens über dem Durchschnitt aller Versicherer von 196,68 Prozent für 2017, was auch als Reaktion auf die schlechte Schaden-Kosten-Quote gesehen werden muss. Zumindest nach Quote in Prozent der eingenommenen Prämien verzeichnet die Ideal für zukünftige Verpflichtungen das sechstbeste Polster aller 28 Rechtsschutzversicherer.

HUK24 bei einigen Kennzahlen top

In den Tabellen des Monitors fällt die HUK24 bei einigen Kennzahlen positiv auf. Zu bedenken an den Ergebnissen für Töchter der HUK-Coburg ist: Tochtergesellschaften unter dem Dach eines Versicherers weist der Branchenmonitor stets nach Rechtsform getrennt aus. So werden Geschäftsergebnisse für die HUK-Coburg-Rechtsschutz sowie HUK24 einzeln gewertet. In dieser Perspektive ist die HUK24 auf Rang 25 der Marktanteile nach verbuchten Bruttoprämien und hält mit gebuchten Prämien in Höhe von 17,22 Mio. Euro nur 0,43 Prozent des Marktes. Die HUK-Coburg-Rechtsschutz erscheint als „größere Tochter“ auf Rang sieben nach Marktanteilen mit 5,85 Prozent des Marktes.

Trotz einer weit schlechteren Combined Ratio der kleineren Tochtergesellschaft für 2017 – die 119,62 Prozent der HUK24 heben sich eher negativ von den 89,00 Prozent der HUK-Coburg-Rechtsschutz ab – macht das kleinere Unternehmen der Konkurrenz bei anderen Kennzahlen einiges vor. So präsentiert man mit 7,64 Prozent die beste Betriebsquote des gesamten Marktes für 2017, der Durchschnitt aller Versicherer liegt bei 28,23 Prozent. Auch hat die HUK24 das dickste Polster für zukünftige Verpflichtungen auf der Passivseite: Mit einer Rückstellungsquote von 307,66 Prozent der verbuchten Bruttoprämien ist die HUK24 auch in diesem Ranking des Branchenmonitors nicht zu schlagen.

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Plus und Minus bei Prämieneinnahmen und Vertragszahlen

Trotz schlechter Combined Ratio freuen sich vier der sechs "Schaden-Kosten-Sorgenkinder" über steigende Prämieneinnahmen (brutto) für das Jahr 2017:

  • Die Concordia konnte ihre verbuchten Bruttoprämien von 96,99 Mio. Euro für 2016 auf 109,80 Mio. Euro für 2017 steigern, die DEVK Rechtsschutz vermehrte ihre Prämieneinnahmen von 140,67 Mio. Euro auf 151,64 Mio. Euro.
  • Von 174,53 Mio. Euro auf 175,82 Mio. Euro verbesserte die DEURAG Rechtsschutz ihre Bruttoeinkünfte aus Prämien, die HUK24 ließ den Betrag von 16,15 Mio. Euro auf 17,22 Mio. Euro klettern.
  • Einen Rückgang der Einnahmen verzeichneten hingegen die Ideal (von 5,30 Mio. Euro für 2016 auf 5,24 Mio. Euro für 2017) sowie die Neue Rechtsschutz (von 98,30 Mio. Euro auf 96,83 Mio. Euro). Besonders bitter: Zusammen mit der DEVK Rechtsschutz müssen Ideal und Neue Rechtsschutz außerdem zunehmende Schadenaufwendungen pro Versicherungsvertrag erdulden: die Schadenaufwendungen der Neuen Rechtsschutz kletterten von 137,55 Euro pro Vertrag für 2016 auf 174,75 Euro pro Vertrag für 2017, die Schadenaufwendungen für die Ideal verteuerten sich von 218,47 Euro pro Vertrag auf 249,42 Euro pro Vertrag – kein anderer Versicherer ist gezwungen, so viel Geld pro Versicherungsvertrag aufzuwenden wie die Ideal.
  • Gestiegen sind auch die durchschnittlichen Schadenaufwendungen für die DEVK Rechtsschutz: 2016 betrugen sie 125,31 Euro pro Vertrag und erhöhten sich 2017 auf 130,99 Euro. Bei den anderen drei Versicherern blieben die Aufwendungen annähernd gleich oder verbesserten sich.

Blick auf die Entwicklung der Vertragszahlen

Bei der Nachfrage müssen drei der „Versicherer in den roten Zahlen“ gleichzeitig negative Zuwachsraten in Kauf nehmen. Drei Versicherer indes steigerten die Anzahl der gehaltenen Versicherungsverträge zwischen 2016 und 2017:

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  • Mehr Verträge als im Vorjahr schaffte die Concordia (2016 hielt man 421.488 Verträge, 2017 hielt man 428.604 Verträge), die DEVK Rechtsschutz (2016 hielt man 893.999 Verträge, 2017 hielt man 921.965 Verträge) sowie die HUK24 (2016 hielt man 119.749 Verträge, 2017 erhöhte man auf 128.550 Verträge).
  • Einen Rückgang der Nachfrage zwischen 2016 und 2017 nahm andererseits die DEURAG Rechtsschutz in Kauf (von 1.218.523 Rechtsschutzverträgen auf 1.200.354 Verträge) sowie auch die Neue Rechtsschutz (von 450.660 auf 413.724 Verträge) und die Ideal (von 36.376 Verträgen auf 34.665 Verträge).

Hintergrundinformationen: der „Branchenmonitor Rechtsschutzversicherung 2015-2017“


Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Rechtsschutzversicherung 2015-2017“ BaFin-Berichte der Jahre 2015-2017 sowie das Statistische Jahrbuch 2018 des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 28 Versicherer und damit mehr als 95 Prozent des Rechtsschutzmarktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.

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