Erstmals sei mit dem „Pflege-Bahr“ eine fakultative privatrechtliche Versicherung entstanden, die praktisch der gesamten Bevölkerung, unabhängig vom Gesundheitszustand des Einzelnen, eine Absicherung ermöglicht. Die als Teilabsicherung konzipierte Pflegepflichtversicherung könne so bedarfsgerecht ergänzt werden.

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Die geförderte ergänzende Pflegeversicherung folgt dem gleichen Kalkulationsprinzip wie die private Pflegepflichtversicherung. Neben dem Anteil am Beitrag, der das Risiko abdeckt, ein Pflegefall zu werden, enthält der Beitrag einen verzinslich angelegten Sparanteil, um für das Alter vorzusorgen, in dem typischerweise das Pflegerisiko deutlich ansteigt. In der Pflegeversicherung ist der Sparanteil am Beitrag im Vergleich zum Risikoanteil in jungen Jahren wesentlich höher als in der privaten Krankenversicherung, weil bei jungen Menschen das Risiko einer Pflegebedürftigkeit relativ gering ist. Deswegen ist ähnlich wie in der Altersvorsorge eine lange Ansparphase von großer Bedeutung.

Bei der Kalkulation der Tarife konnten die Krankenversicherungs-Aktuare auf eine 25-jährige Erfahrung bei Pflegezusatzversicherungen und fast 20 Jahre bei der Pflegepflichtversicherung zurückgreifen. Da über die soziale und private Pflegepflichtversicherung die gesamte Bevölkerung erfasst ist, war eine stabile Kalkulation der Pflegefallwahrscheinlichkeiten und der Verteilung auf die einzelnen Pflegestufen möglich.

Kontrahierungszwang und Pflegestufe 0 sind Herausforderungen für Aktuare

Aktuarielle Herausforderungen stellten allerdings zwei Elemente der geförderten ergänzenden Pflegeversicherung (GEPV oder „Pflege-Bahr“) dar: Die neu eingeführte Pflegestufe 0 für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz und der Kontrahierungszwang. Für die Kalkulation der Leistungen der Pflegestufe 0 konnten die Aktuare die aktuellsten bundesweiten Studien über Prävalenz und Inzidenz von Demenz sowie über den Zusammenhang zwischen Demenz und den verschiedenen Pflegestufen heranziehen.

Um mögliche negative Auswirkungen des Kontrahierungszwanges auf die Beitragsentwicklung auszuschließen, konnten die Aktuare verschiedene Maßnahmen treffen. Zusätzlich zu dem klassischen Sicherheitszuschlag, der bei den meisten Tarifen zwischen 5 und 10 Prozent liegt, wirkt z.B. die gesetzliche Regelung einer fünfjährigen Wartezeit nochmals als 5-prozentiger Sicherheitsaufschlag. Die Kalkulation mit einem Rechnungszins von nur 2,75 Prozent bewirkt, dass auch in der aktuellen Niedrigzinsphase in den ersten Jahren erhebliche Überzinsen erzielt werden (die Nettoverzinsung der PKV-Unternehmen lag im Jahr 2012 bei über 4 Prozent), die ausschließlich für die Versicherten der GEPV verwendet werden und beitragsstabilisierend eingesetzt werden können.

Bei manchen Unternehmen ist der Abschluss der GEPV auch Voraussetzung für die Versicherung nach einem ungeförderten Pflegezusatztarif. Damit wird erreicht, dass auch in großem Umfang Versicherte mit gutem Risiko den geförderten Tarif abschließen und dort damit eine ausgewogene Bestandsstruktur erreicht wird. Schließlich bietet auch die staatliche Förderung von 60 Euro im Jahr einen Anreiz für alle – Gesunde wie Kranke –, sich zu versichern.

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Daher geht die DAV davon aus, dass alle Vermutungen, die Beiträge in den Tarifen der GEPV würden wegen des Kontrahierungszwanges nach einigen Jahren massiv steigen, völlig haltlos sind. Unbegründet ist auch der von einigen Seiten geäußerte Vorwurf, die Förderung würde durch die einkalkulierten Kosten völlig aufgezehrt: Da maximal 10 Prozent des Beitrages als Verwaltungskosten einkalkuliert werden dürfen, sind das z.B. bei dem Standardbeitrag von 15 Euro 1,50 Euro im Monat oder 18 Euro im Jahr – gegenüber 60 Euro Förderung.

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