Ein Marktumfeld, das durch Unsicherheiten geprägt ist, verlangt häufigere Anpassungen bei der Bewertung von Risiken, so Thierry Léger, Group Chief Underwriting Officer von Swiss Re, mit Blick auf das Rückversicherer-Treffen in Monte Carlo (Versicherungsbote berichtete).

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Um diesem Anspruch gerecht zu werden, setzt der Versicherer auf Kooperationen mit Universitäten wie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), der ETH Zürich, Berkeley und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL). Das Ziel: neueste Erkenntnisse aus dem Bereich des maschinellen Lernens sollen in die Prognose-Modelle des Versicherers einfließen und so sicherstellen, dass versichertes Risiko und Prämie zueinander passen.

Der klare Fokus von Swiss Re auf KI im Underwriting hat neben der hohen Anpassungsfähigkeit einen weiteren Vorteil für den Versicherer: Effizienzgewinn. „Immerhin verbringen Underwriter fast die Hälfte ihrer Zeit mit administrativen Tätigkeiten, manuellen Prozessen und redundanten Dateneingaben“, so Markus Heyen, Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Versicherungen bei Accenture für die DACH-Region.

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In der Studie „Why AI in Insurance Claims and Underwriting?“ kommt Accenture u.a. zu dem Ergebnis, dass Versicherer durch den Einsatz von KI-Technologien ihre Betriebskosten im Underwriting senken und bis 2027 Effizienzgewinne von weltweit bis zu 160 Milliarden US-Dollar erwirtschaften könnten. Veraltete Systeme und ineffiziente Prozesse würden dafür sorgen, dass Underwriter bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit für nicht zum Kerngeschäft gehörende und administrative Tätigkeiten aufwenden.
Das würde einem jährlichen Effizienzverlust zwischen 17 und 32 Milliarden US-Dollar entsprechen, so das Beratungsunternehmen. Für den deutschen Markt wird das Einsparpotenzial auf 1,1 Milliarden Euro beziffert - über fünf Jahre gesehen, sogar 5,7 Milliarden Euro.
Mehr als die Hälfte der befragten Underwriter (60 %) sind der Meinung, dass die Qualität der Prozesse und Tools in ihren Unternehmen verbessert werden sollte.

KI auch bei der Schadenregulierung

Dass der Einsatz von KI-Technologien auch den Prozess der Schadenregulierung positiv beeinflusst, scheint Konsens in der Branche zu sein. So gaben vier von fünf der befragten Führungskräfte in der Schadenregulierung (79 %) an, dass Automatisierung, KI und Datenanalyse auf der Grundlage von maschinellem Lernen in der gesamten Wertschöpfungskette der Schadenregulierung von Nutzen sein können. Dies umfasse das Erkennen von Betrugsversuchen bei Schadenfällen über die KI-gestützte Schadensbewertung und -abschätzung, Rückstellung und Regulierung sowie die Optimierung der Bearbeitung und Regressnahme.

Dennoch gibt nur etwa ein Drittel der Führungskräfte in der Schadenregulierung (35 %) an, dass ihr Arbeitgeber solche Technologien bereits einsetzt. Ein Umstand, der sich ändern dürfte: Denn fast zwei Drittel der Versicherungsunternehmen (65 %) planen, in den nächsten drei Jahren 10 Millionen Dollar oder mehr in neue Technologien zu investieren, wobei KI-basierten Anwendungen und Automatisierungstechnologien Priorität eingeräumt wird, so die befragten Schadenmanager.

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Und Markus Heyen nennt noch einen Grund, der die Assekuranzen zur technischen Erneuerung treibt: „Auch mit Blick auf die neuen ORSA-Guidelines für Sustainability ist die Integration von KI im Underwriting für Versicherer im Grunde alternativlos.“

Über die Studie:
Die Studie basiert auf vier Umfragen in den Bereichen Schadenregulierung und Underwriting, die die Erfahrungen von Kunden und Mitarbeitenden sowie die Reaktionen der Versicherer untersucht haben:

  • 6.754 Versicherungsnehmer aus 25 Ländern wurden über ihre aktuellen Erfahrungen bei der Anmeldung von Auto- und Sachversicherungsansprüchen befragt,
  • 128 leitende Angestellte aus zwölf Ländern gaben Auskunft zu ihren Strategien in der Schadensabwicklung,
  • eine Umfrage unter 434 US-amerikanischen Sach- und Unfallversicherern, die in Kooperation mit "The Institutes", einem Anbieter von Schulungen im Versicherungswesen, geführt wurde sowie
  • eine Befragung unter 500 US-amerikanischen Lebensversicherern über die Anwendung von Technologien in ihren Unternehmen.

Bei der Berechnung der Effizienzgewinne im Underwriting in Höhe von 160 Mrd. USD berücksichtigte Accenture das jährliche Prämienvolumen für Privat-, Geschäfts- und Lebensversicherungen sowie die Kosten für die Mitarbeiter im Underwriting, um eine Kostenkennzahl für das Underwriting zu ermitteln. Die Effizienzgewinne wurden mit 0,5-1 Prozentpunkten des Kostensatzes berechnet, was weltweit zwischen 9 und 15 Mrd. USD pro Jahr entspricht.

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