Nach zweijähriger coronabedingter Pause beginnt am Wochenende das traditionsreiche Rückversicherer-Treffen in Monte Carlo. Kurz davor bringen sich mit Munich Re und Swiss Re zwei ‚Schwergewichte‘ der Branche in Position und teilten ihre Markteinschätzungen mit.

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So schreibt Swiss Re, dass die Rück-/Versicherungsbranche zusätzlich zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und den steigenden Schäden aus Naturkatastrophen nun auch mit Themen wie Inflation, Rezessionsrisiko und geopolitischen Spannungen konfrontiert ist. Energieschocks, Cyber-Bedrohungen sowie Unterbrechungen der Lieferketten seien auch für die Versicherungsbranche herausfordernd. „Da wir im aktuellen dynamischen Risikoumfeld eine Zunahme der Kostentreiber sehen, müssen die Versicherungsprämien sorgfältig kalibriert werden, um damit Schritt zu halten“, so Moses Ojeisekhoba, Chief Executive Officer Reinsurance von Swiss Re.

Ganz ähnlich äußerte sich Thomas Blunck, im Vorstand von Munich Re unter anderem für das Ressort Europa/Lateinamerika zuständig, gegenüber dem Handelsblatt: „Der allgemeine Preisanstieg führt zu höheren versicherten Werten, die sich dann in höheren Versicherungsprämien abbilden müssen.“ Andernfalls würden die Prämien nicht mehr das tatsächliche Schadenrisiko widerspiegeln.

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„Der Klimawandel ist die langfristig größte Herausforderung für die Menschheit“, schreibt Munich Re. Das hätten Wetterkatastrophen wie extreme Hitzewellen, Dürren, Waldbrände oder Überschwemmungen in vielen Teilen der Welt zuletzt deutlich gemacht. Deshalb müssten Versicherer ihr Risikomanagement auf die Folgen des Klimawandels ausrichten, so Blunck. „Wir entwickeln zum Beispiel neue hochauflösende Risikomodelle für regionale Ereignisse wie Sturzfluten. Denn schon heute ist angesichts der Schäden genaueres Wissen über diese Ereignisse notwendig, um besser Vorsorge betreiben zu können. Zudem ist eine Kombination aus mehr Prävention und einer höheren Absicherung durch Versicherung wichtig, für die risikoadäquate Preise die Voraussetzung sind“, sagte Blunck.

Erhöhte Nachfrage erwartet

Erhöhtes Risikobewusstsein und zunehmende Risikoexponierung werden zu einer höheren Nachfrage nach Versicherungsschutz in allen Branchen und Regionen führen, was sich in einem positiven Ausblick für die Prämienentwicklung widerspiegelt, erwartet Swiss Re. Eine Einschätzung, die auch in München geteilt wird. Bis 2024 werde der weltweite Schaden-Unfall-Rückversicherungsmarkt mindestens so stark wachsen wie der Erstversicherungsmarkt. Nach Einschätzung von Munich Re’s Economic Research dürfte der Rückversicherungssektor von 2022 bis 2024 weltweit inflationsbereinigt um 2-3 Prozent zulegen.

„Erhebliches Geschäftspotenzial“ sieht Munich Re in der Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und verweist auf Daten der Internationalen Energieagentur (IEA). Denen zufolge müssten sich alleine in der Stromerzeugung die globalen Investments in erneuerbare Energien ausgehend von 2022 bis 2030 auf rund 1.300 Mrd. US-Dollar jährlich verdreifachen, um dem Ziel der Net-Zero-Klimaneutralität bis 2050 zu entsprechen.

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Ähnlich sind die Einschätzungen der Schweizer: Würden „die Länder alle bisher geplanten Kapazitäten für erneuerbare Energien aufbauen“, werden die Investitionen im Energiesektor bis 2035 zusätzliche Prämien in Höhe von 237 Mrd. USD generieren.

Bis 2026 erwartet Swiss Re in den gewerblichen Sparten einen Anstieg des Prämienvolumens um 33 Mrd. USD – Hintergrund ist die Rückholung von Produktionskapazitäten ins Inland (Reshoring).

Im Bereich Naturkatastrophen erwartet das Swiss Re Institute in den nächsten vier Jahren ein Wachstum von derzeit 35 Mrd. USD auf rund 48 Mrd. USD. Der Versicherer beabsichtigt, sei Portfolio in diesem Bereich auszubauen und zu diversifizieren.

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Der Markt muss mit den zunehmenden Verlusten Schritt halten, und die Modelle für wetterbedingte Risiken wie sekundäre Naturgefahren müssen weiterentwickelt werden, so Swiss Re. Das unsichere Umfeld würde häufigere Anpassungen beim Underwriting erfordern, so der Versicherer. „Damit die Versicherungsbranche mit der steigenden Nachfrage mithalten kann, sind drei Faktoren entscheidend: die Bewertung und Modellierung der sich entwickelnden Trends, ein gemeinsames Verständnis der Vertragsbedingungen und die Erzielung verbesserter technischer Margen, die das effektive Risiko widerspiegeln“, so Thierry Léger, Group Chief Underwriting Officer von Swiss Re.

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