Die finanziellen Einnahmen und Ausgaben von Bund, Ländern oder Gemeinden verändern sich in Abhängigkeit von der Bevölkerungsstruktur. So fokussieren die Ausgaben der Bundesländer beispielsweise für Bildung oder Soziales auf jüngere und ältere Bevölkerungsgruppen. Steuern auf das Einkommen von Erwerbstätigen zählen hingegen zu den altersabhängigen Einnahmen.

Anzeige

Wie sich die finanzielle Situation in den Bundesländern Deutschlands unter dem Einfluß des demografischen Wandels bis 2040 entwickeln wird, untersuchte Fanny A. Kluge (Population Europe/ Bezirksamt Pankow). Ihr wissenschaftlicher Beitrag „Die demografische Lage der Bundesländer – eine Herausforderung für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ ist einer von fünf Beiträgen, die das Grünbuch „Alternde Gesellschaft II“ (PDF) versammelt.

Die Studie zeigt, dass der demografische Wandel bis 2040 in vielen Bundesländern zusätzliche finanzielle Belastungen mit sich bringen wird. Einzig in Berlin und Hamburg übersteigen dann noch die altersabhängigen Einnahmen die entsprechenden Ausgaben, bei der Mehrheit reißt die Alterung der Bevölkerung hingegen Lücken in den Etat. „Die Stadtstaaten profitieren von ihrer relativ jungen Bevölkerung. Auch in den Ländern, die bereits heute tendenziell überaltert sind, halten sich die budgetären Auswirkungen in Grenzen“, sagt Studien-Autorin Fanny Kluge. So halten sich auch in Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland die altersabhängigen Einnahmen und Ausgaben 2040 noch die Waage. Dagegen werden die heute wirtschaftsstarken Länder Bayern und Baden-Württemberg von der demografischen Entwicklung eingeholt. „Die Ausgaben für Ältere steigen besonders in Süddeutschland gravierend. In den nächsten Jahrzehnten vollzieht sich dort die gesellschaftliche Alterung, die anderswo bereits weiter vorangeschritten ist“, betont Kluge.

„Die demografische und wirtschaftliche Entwicklung bedingen sich teilweise“, sagt Andreas Edel, Leiter des Demografie-Netzwerks Population Europe und Herausgeber des Grünbuchs. Strukturschwache Gegenden werden durch Abwanderung weiter geschwächt und verlieren an Attraktivität. „Wir müssen uns deshalb mit der Frage auseinandersetzen, wie wir den Teufelskreis aus alternder Bevölkerung und schrumpfenden finanziellen Ressourcen durchbrechen können“, so Edel.

Altersvorsorge: Reformstau droht

„Deutschland steht an einem demografischen Wendepunkt“, sagt GDV-Geschäftsführer Peter Schwark. Das Ausscheiden der Baby-Boomer aus dem Erwerbsleben werde die Probleme verschärfen. „Trotz der aktuellen Krisen muss die Politik ihren Fokus stärker auf die Gestaltung des demografischen Wandels legen“, betont Schwark. Das gelte für die Entwicklung der Regionen genauso wie für die Gewinnung von Fachkräften oder die Zukunft der Alterssicherungssysteme. „Sowohl bei der gesetzlichen Rente als auch der privaten Altersvorsorge baut sich ein Reformstau auf“, so Schwark.

Anzeige

Für die Länderfinanzen schlägt Studienautorin Kluge beispielsweise ein neues Förderinstrument für überalterte und strukturschwache Regionen in Ost und West vor. „Denkbar ist die Einführung eines demografischen Faktors in den Länderfinanzausgleich nach Auslaufen des Solidarparkts II.“ Zusätzlich könnten stark altersabhängige Ausgaben auf den Bund verlagert werden. Zudem könnten Kommunen oder Länder, die junge Menschen ausgebildet haben, einen Ausgleich erhalten von den Regionen, in die die Menschen nach Ende ihrer Ausbildung ziehen – ähnlich wie im Fußball. „Ausbildungsvereine erhalten eine Entschädigung, wenn junge Spieler zu einem anderen Klub wechseln, und werden auch an künftigen Transfereinnahmen beteiligt“, so Kluge.

Anzeige