Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Gesetzesentwurf beschlossen, der eine Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum Ziel hat. Vor allem das Vormundschaftsrecht müsse dringend modernisiert werden, berichtet die Bundesregierung per Pressetext: Stark vereinfacht betrifft dies den Fall, wenn für eine minderjährige Person ein Vormund festgelegt werden muss, weil die Eltern das Sorgerecht nicht ausüben können.

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Vormundschaft: Gesetz aus dem Jahr 1896

Die aktuell geltenden Vormundschafts-Regeln stammen überwiegend aus der Entstehungszeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Jahr 1896, berichtet die Bundesregierung. Hierin seien Regeln zur Vermögenssorge des Vormunds eines Mündels festgehalten, während die Rechte der betreuten Minderjährigen aktuell noch zu kurz kommen würden.

Deshalb sollen nun die Rechte des Mündels gestärkt und konkretisiert werden. In Anlehnung an das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) wird ihm ein „Recht auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ eingeräumt (§ 1788 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Auch ein Recht auf „persönlichen Kontakt mit dem Vormund“ und auf die „Achtung seines Willens“ werden dem Minderjährigen zugestanden.

Wie das Kompetenzzentrum Jugend-Check kommentiert, wird zukünftig verstärkt die Subjektstellung und Selbstbestimmung des Mündels hervorgehoben: dies könne zum Beispiel eine wertvolle Erfahrung sein, wenn ein Kind in eine Pflegefamilie gegeben werden muss. Ab Vollendung des 14. Lebensjahres sollen die Jugendlichen selbst einen Antrag beim Familiengericht stellen können, um Meinungsverschiedenheiten mit dem Vormund zu klären. Auch könne der Mündel selbst beim Familiengericht einen Antrag auf Übertragung einzelner oder bestimmter Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger stellen.

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Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, "in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind", heißt es weiter. Nur ehrenamtliche Vormünder seien vorrangig zu bestellen.

Betreuungsrecht: Ehepaare können sich drei Monate lang vertreten

Auch die Reform des Betreuungsrechtes hebe darauf ab, "die Selbstbestimmung der betroffenen Menschen zu stärken", schreibt die Bundesregierung auf ihrer Webseite. Diesbezüglich sei das Problem, dass es aktuell vor allem auf Regeln zur Vermögenssorge und zur gerichtlichen Aufsicht verweise, aber die Personensorge vernachlässigt werde: stark vereinfacht die Pflichten und Rechte des Betreuers gegenüber der pflegebedürftigen Person und umgekehrt. „Dies führt zur Unübersichtlichkeit und birgt für die Rechtsanwender etliche Probleme“, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Ehegatten erhalten mehr Rechte

Eine wichtige Neuerung: Ehegatten sollen sich in Angelegenheiten der Gesundheitssorge für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann. Dafür benötigen sie bisher eine Vorsorgevollmacht oder müssen zum Betreuer bestellt werden.

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Darüber hinaus solle klarer geregelt werden, "dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist", heißt es auf der Webseite der Bundesregierung.

So solle sichergestellt werden, dass eine Betreuung nur dann bestellt werde, wenn dies zum Schutz des betroffenen Menschen erforderlich sei. "Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt."

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Um die Qualität der beruflichen Betreuung zu erhöhen, will die Bundesregierung zudem ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer einführen. Auch Betreuungsvereine sollen gestärkt werden, um zu ermöglichen, dass Pflegebedürftige besser durch ehrenamtliche Betreuer unterstützt werden. Der aktuelle Referentenentwurf ist auf der Webseite der Bundesregierung als pdf einsehbar.

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