Versicherungsbote: Frau May, zunächst die Frage: Wie ist es One Insurance bisher in der Corona-Krise ergangen? Welche Auswirkungen auf das Geschäft haben Sie beobachtet?

Anzeige

Lydia May: Als Digitalversicherer ist uns die Anpassung an die derzeitige Situation sehr gut gelungen. Bei ONE besteht generell die Möglichkeit des mobilen Arbeitens. Wir haben damit ausschließlich positive Erfahrungen gemacht. In den letzten Wochen und Monaten stand die Sicherheit unserer Mitarbeiter definitiv im Vordergrund. Aber auch Kunden sind verunsichert. Deshalb erhalten unsere Kunden natürlich weiterhin jegliche Unterstützung im Schadenfall. Keiner sollte zusätzliche Einschränkungen in dieser ohnehin schon schweren Zeit erleben. Für unsere Kunden stehen wir im regelmäßigen Austausch mit Maklern und Servicepartnern.

Sie befürworten mehr Nachhaltigkeit in der Schadensregulierung. Ich nehme an, ein Baustein hierfür ist schlicht weniger Papier durch digitale Prozesse. Wie kann noch mehr Nachhaltigkeit bewirkt werden? Haben Sie Beispiele?

Wir arbeiten von Beginn an digital und vermeiden unnötigen Papierkram. Der Postprozess ist bei uns auf ein Minimum reduziert. Das legt den Grundstein. Ich bin besonders stolz, wie gut die Kunden auf unsere digitalen Kontaktmöglichkeiten reagieren und beispielsweise gerne mit uns chatten. Damit verkürzen wir den Prozess der Schadenregulierung enorm. Natürlich ist das aber nur ein Teil des Nachhaltigkeitsaspektes. Wir bieten unter anderem in der Hausratversicherung Mehrleistungen für den Austausch betroffener Geräte, wenn sie durch energiesparende oder ökologische Alternativen ersetzt werden. Auch nachhaltige Reparaturarbeiten werden bezuschusst, wie beispielsweise das Streichen mit biologisch abbaubarer Farbe. Für den Start unserer Wohngebäudeversicherung arbeiten wir aktuell an einer nachhaltigen Schadensanierung.

Wer überwacht bzw. evaluiert denn, ob die Schadenbearbeitung wirklich auf nachhaltige Lösungen setzt? Arbeiten Sie hier mit externen Partnern zusammen?

Für die Versicherungsprodukte selbst, haben wir uns “Grün Versichert” als Partner an die Seite geholt. Von ihrer jahrelangen Erfahrung konnten wir uns einiges an Wissen aneignen und davon profitieren. “Grün Versichert” prüft uns regelmäßig, um im Namen der Kunden zu sehen, ob wir uns an die gegebenen Zusagen halten.

Uns ist besonders wichtig, aktiv mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten, um ihnen ein noch besseres Erlebnis zu bieten, wenn es zu einem Schaden kommen sollte. Welche nachhaltigen Lösungen kommen an? Wie können wir gezielt auf die Kundenbedürfnisse eingehen? Das können Kleinigkeiten, wie der Bedarf an entsprechenden Händlern oder Sanierungsfirmen sein.

Der enge Austausch mit Servicepartnern hat uns rückblickend viel geholfen. Überraschend ist auch die Bereitschaft von vielen Unternehmen, Nachhaltigkeit aktiv in die Tat umzusetzen und mitzuwirken. Es zeigt immer mehr, wie das Thema Einzug in Alltag und Wirtschaft gefunden hat.

… sehen Sie mit Blick auf die Schadenregulierung auch Versäumnisse der Versicherungsbranche, wenn es um ökologischere Lösungen geht?

Anzeige

Ja, definitiv. Hier hätten Versicherer viel früher mit der Produktfindung und Kundenbindung starten müssen. Wir sind in der Pflicht, unseren Beitrag zu leisten und unter anderem unsere Kapitalanlagen für den Kunden transparent offenzulegen. Bei ökologisch nachhaltigen Lösungen geht es nämlich nicht nur um die Produkte selbst, sondern auch darum, keine Versicherungsprämien oder Kapitalanlagen in Rüstungsindustrien oder ähnliches zu investieren.

Kfz-Versicherung: Wenigfahrer mehr belohnen

Versicherungsbote: Einer Ihrer Partner ist „grün versichert“. Was verbirgt sich hinter diesem Dienstleister? Und was an diesen Versicherungslösungen ist „grün“?

Lydia May: “Grün Versichert” ist der erste Makler, der vom Deutschen Institut für Nachhaltigkeit und Ökonomie zertifiziert wurde und unabhängig arbeitet. ONE ist ein digitaler Maklerversicherer. Damit war die Zusammenarbeit sehr naheliegend. Durch unsere Vertriebsstruktur machen wir nachhaltige Versicherung für jeden zugänglich. Wir bieten unseren Kunden sowohl klassische Versicherungsprodukte, als auch nachhaltige Versicherungslösungen an. Die grünen Tarife zeichnen sich insbesondere durch Mehrleistungen im Schadenfall und die Sicherstellung von nachhaltigen Kapitalanlagen aus.

Anzeige

One Insurance bietet auch standortbasierten Schutz für City-Reisen an, auf Ihrer Webseite ist ein Jumbo-Jet zu sehen. Mit Verlaub: City-Hopping per Flugzeug, das schaut eher weniger nach Nachhaltigkeit aus. Gäbe es bei Reise-Policen nicht auch die Option, nachhaltige Reisen stärker zu unterstützen?

Sie haben vollkommen recht. Das Bild eines Jumbos ist nicht mit Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Den Hinweis, nachhaltige Reisen stärker zu unterstützen nehme ich gerne auf und bringe ihn in unseren Produktentwicklungsprozess ein.

Unsere Travelversicherung ist keine klassische Reiseversicherung. Diese Versicherung zeigt eine unserer Kernkompetenzen als Digitalversicherer: Sie basiert auf GPS-Daten und kann noch am Flughafen oder Bahnhof mit einem Wischen über den Handy Bildschirm aktiviert werden. Nach der Rückkehr deaktiviert sich die Versicherung automatisch. Somit zahlt der Versicherte ohne sein Zutun nur für die Tage, in denen er sich auf Reisen befindet und die Versicherung auch wirklich braucht.

Ein Versicherungsfall ist mir stark in Erinnerung geblieben, als einem unserer Kunden direkt bei Ankunft am Flughafen in Brasilien die Koffer beim Einladen in ein Taxi vor seiner Nase entwendet wurden. Es ist schwer vorstellbar, wie es sich anfühlen muss, in einem fremden Land ohne alles dazustehen.

Ein Steckenpferd von One Insurance sind Kfz-Versicherungen. Wie kann man denn in diesem Segment Nachhaltigkeit unterstützen? Gibt es Optionen, auch bei der Schadenbearbeitung Entscheidungen von Kundinnen und Kunden zu belohnen, die auf nachhaltigere Lösungen und weniger CO2-Ausstoß setzen wollen?

Eine sehr spannende Frage, da Autofahren bisher nicht unbedingt zum Thema Nachhaltigkeit passte. Derzeit verantwortet “Grün Versichert” für uns, dass pro abgeschlossenem Vertrag ein Festbetrag in ein Baumpflanzprojekt fließt. Wir als Unternehmen stellen zusätzlich sicher, dass unsere Kapitalanlagen nicht in negative Geschäfte, wie in die Kohle- und Rüstungsindustrie, oder in Kinderarbeit fließen.

In der Kfz-Versicherung arbeiten wir gerade an neuen, attraktiven Lösungsansätzen, um diese noch nachhaltiger zu machen, wie z.B. den CO2-Ausgleich oder die Stellung eines Elektro-Mietwagens im Schadenfall. Es wäre toll, wenn wir gerade “Wenigfahrer” oder auch Besitzer von Elektrofahrzeugen künftig mehr belohnen können.

Makler haben nachhaltige Produkte nicht rechtzeitig angeboten

Versicherungsbote: Wie können Versicherungsmakler dazu beitragen, ihr Geschäftsmodell ökologischer zu gestalten?

Lydia May: Nach meinem Empfinden ging es den Maklern in der Vergangenheit ähnlich wie den Kunden. Nachhaltige Versicherungsprodukte wurden nicht rechtzeitig angeboten, waren preislich unattraktiv oder wurden nicht ausreichend kommuniziert. Wenige Versicherer haben sich auf diesen Bereich spezialisiert, sodass es für den Makler schwierig ist, sich für nachhaltige Versicherungen stark zu machen.

Wir haben einen speziellen Wechseltarif, das heißt unser Kunde bekommt automatisch bei Abschluss dieses Tarifs einen fünfprozentigen Nachlass auf die Prämie seiner Vorversicherung. Bei dem “Grün Versichert”-Tarif entfällt dieser Nachlass. Der Kunde erhält allerdings den vollen “grünen” Versicherungsschutz, ohne dabei mehr als bei seinem alten Versicherer zahlen zu müssen. Das hilft unseren Maklern extrem.

Außerdem verzichten wir auf Reisen und pflegen auch hier den digitalen Kontakt zum Makler. Für den Vertragsabschluss verzichten wir komplett auf Papier. Alles kann problemlos mit wenigen Klicks online abgeschlossen werden.

Wird die Coronakrise die Schadenregulierung ändern? Wie?

Das Stichwort ist ganz klar: Digitalisierung. Hier hat die Branche mächtig Nachholbedarf. Unsere Kunden sind begeistert, wie viele Schäden bereits kontaktlos reguliert werden konnten - diesen Service waren sie bisher von keinem anderen Versicherer gewohnt. Natürlich spielt bei einer schnellen, digitalen Abwicklung auch Vertrauen und die enge Zusammenarbeit mit Servicepartnern eine große Rolle. Kfz-Schäden können inzwischen problemlos durch Kunden oder unsere Partner-Werkstätten ohne großen Aufwand bewertet werden. Wo früher der Sachverständige extra anreisen musste, hilft heute die Technik.

Anzeige

Die Fragen stellte Mirko Wenig

Seite 1/2/3/

Anzeige