Es hat seine gute Tradition: Jedes Jahr veröffentlicht das Analysehaus Morgen & Morgen ein großes Rating Berufsunfähigkeit, so geschehen dieses Jahr im April (der Versicherungsbote berichtete). 519 Tarife wurden in 2019 für dieses Gesamtrating begutachtet. Da solche Ratings aber oft nur die Branche erreichen (oder sie den Versicherern bei guten Tarifen zu werbewirksamen Testsiegeln verhelfen), kooperieren die Experten für kleinere Ratings auch mit auflagenstarken Zeitschriften. So profitieren beide Seiten: Die Rating-Experten erreichen größere Aufmerksamkeit, die Zeitschriften hingegen profitieren von der Expertise und bieten eigene Testsiegel zum Verkauf. Ein aktuelles BU-Rating im Auftrag der "Wirtschaftswoche" wurde nun veröffentlicht.

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Der Clou: Nur Tarife, die im Gesamtrating der Experten vom April mindestens fünf Sterne erhielten, wurden für dieses Rating bedacht und mit neuen Musterkunden für eine BU-Police versehen. Es zeigt sich: Nicht alle Tarife mit Bestnoten überzeugen bei jedem Kunden.

Der kleine Bruder des großen Ratings: Alte Kriterien für neue Musterkunden

Was wurde gemacht? Grundlegend für die Bewertung sind bekannte Kriterien des großen Morgen & Morgen- Gesamtratings. So nennt der Artikel die BU-Kompetenz des Versicherers, zum Beispiel bei Leistungsfall- und Antragsprüfung. Auch die Qualität der Antragsfragen für die BU-Anträge fließt erneut ins Rating ein, ebenso die Beitragsstabilität. Sind diese Kriterien bereits bekannt, so werden für die Musterfälle nun aber neue Vorgaben gemacht.

So sollen nun zwei Musterkunden abgesichert werden – ein 22-jähriger Student der Wirtschaftswissenschaften sowie ein 45-jähriger Mittelständler (Jurist/ Manager). Dies soll unter folgenden Maßgaben geschehen:

  • Der Student verdient 12.000 Euro Brutto im Jahr (durch Eltern, Jobs und Bafög) und möchte sich im Leistungsfall eine BU-Rente von 1.000 Euro monatlich garantieren lassen. Der Student ist Single, lebt in einer WG, ist Nichtraucher. Das Tätigkeitsprofil ist mit „100 Prozent Bürotätigkeit“ beschrieben.
  • Der Mittelständler (verheiratet und mit zwei Kindern) verdient 250.000 Euro Brutto im Jahr und möchte sich eine monatliche BU-Rente in Höhe von 5.000 Euro garantieren lassen. Er hat Personalverantwortung für 100 Personen, sein Tätigkeitsprofil wird mit 50 Prozent Büro- und 50 Prozent Reisetätigkeit beschrieben. Auch der Mittelständler ist Nichtraucher.

Zu den weiteren Vorgaben zählt, wie bereits erwähnt, ein Abschneiden mit mindestens fünf Sternen im Morgen & Morgen- Gesamtrating. Da jedoch viele Kriterien der Tarife bereits bekannt sind, rückt nun das Preis-Leistungs-Verhältnis für die Musterkunden neu in den Fokus der Bewertung.

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Tarife: Einmal mit, einmal ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel (AU)

Auch werden die Tarife für beide Musterkunden in zwei Leistungsvarianten getestet: Einmal mit und einmal ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel. Die Arbeitsunfähigkeitsklausel sichert den Versicherungsnehmer für die ersten sechs Monate der Krankschreibung ab, da durch die Klausel sofort eine Rente geleistet wird – und zwar selbst dann, wenn der erforderliche 50-prozentige Grad der Berufsunfähigkeit noch nicht nachgewiesen ist. Weil die Beträge für die Arbeitsunfähigkeit statt für die Berufsunfähigkeit erbracht werden, werden sie auch nicht zurückgefordert, falls letztendlich keine Berufsunfähigkeit eintritt (der Versicherungsbote berichtete). Die Klausel sichert folglich ein zusätzliches Risiko für den Versicherungsnehmer ab und stellt eine zusätzliche Leistung der Tarife dar.

Das Rating zeigt überraschend durchwachsene Ergebnisse

Bei den Mittelständler-Tarifen erhielten acht der aufgelisteten 29 Tarife mit Arbeitsunfähigkeitsklausel ein „sehr gut“. Jedoch erhielten auch neun Tarife nur ein „befriedigend“, drei Tarife sogar nur ein „ausreichend“.

Folgende Tarife überzeugen mit der Bestnote:

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  • Zurich: Berufsunfähigkeits-Schutzbrief (AU)
  • Allianz: Berufsunfähigkeits-Police Plus OBUU (mit AU)
  • Alte Leipziger: SecurAL BV10 mit AU
  • Swiss Life: KlinikRente.BU plus (Tarif 134) und die MetallRente.BU plus (Tarif 130) sowie die SBU plus (Tarif 120)
  • Nürnberger: SBU2911DC mit AU
  • Basler: Basler BP mit AU

Bei den Mittelständler-Tarifen ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel sieht das Ergebnis leicht besser aus: Zehn Tarife von 35 aufgelisteten Produkten erhalten ein „sehr gut“, elf ein „befriedigend“. Die Note „ausreichend“ hingegen musste hier nicht vergeben werden.

Folgende Tarife überzeugen hier mit der Bestnote:

  • Zurich: Berufsunfähigkeits-Schutzbrief
  • Alte Leipziger: SecurAL BV10
  • Swiss Life: KlinikRente.BU (Tarif 134) sowie MetallRente.BU (Tarif 130) und SBU (Tarif 120)
  • Nürnberger: SBU2910DC
  • Basler: Basler BP
  • R+V: BV
  • Aachen-Münchener: BU
  • LV 1871: Golden SBU Familie

Bei den Studenten-Tarifen erhielten zehn der 28 gelisteten Tarife mit Arbeitsunfähigkeitsklausel ein „sehr gut“, sechs jedoch nur ein „befriedigend“ und ein Tarif nur ein „ausreichend“.

Folgende Tarife stehen als Sieger an der Spitze:

  • Allianz: Berufsunfähigkeits-Police Plus OBUU (mit AU)
  • Alte Leipziger: SecurAL BV10 mit AU
  • Zurich: Berufsunfähigkeits-Schutzbrief (AU)
  • Basler: Basler BP mit AU
  • Nürnberger: SBU2911DC mit AU
  • Axa: ALVSBV mit AU
  • DBV: ALVSDV mit AU
  • Swiss Life: KlinikRente.BU 4U plus (Tarif 136) sowie MetallRente.BU 4U plus (Tarif 132) und SBU 4U plus (Tarif 122)

Bei den Tarifen für den Studenten ohne Arbeitsunfähigkeitsklausel sind 32 Tarife gelistet, dreizehn erhielten hier ein „sehr gut“, fünf jedoch nur ein „befriedigend“ und zwei Tarife gar nur ein „ausreichend“.

Als Testsieger erwiesen sich:

  • Alte Leipziger: SecurAL BV10
  • Zurich: Berufsunfähigkeits-Schutzbrief
  • Nürnberger: SBU2910DC
  • Basler: Basler BP
  • Axa: ALVSBV
  • DBV: ALVSDV
  • Swiss Life: KlinikRente.BU 4U (Tarif 136) sowie MetallRente.BU 4U (Tarif 132) und SBU 4U (Tarif 122)
  • Continentale: PremiumBU PBU
  • R+V: BV
  • Sparkassen-Versicherung: Top-SBV
  • LV 1871: Golden SBU

Rating-Bedingungen: Das milde Licht der Tester

Wie aber verhält es sich mit der oft geäußerten Kritik, Tester würden Tarife sehr mild bewerten – zum Beispiel, weil dahinter auch ein Geschäft mit Qualitätssiegeln steht (der Versicherungsbote berichtete)? Bietet doch auch die Wirtschaftswoche auf Ihrer Webseite an, dass Anbieter „nach Zahlung einer Lizenzgebühr“ mit dem Siegel werben könnten. Auffallend aber ist: Keineswegs gibt es dieses Mal nur gute Ergebnisse, obwohl die Rating-Experten zunächst einzig ihr „Best-Of“ des Gesamtratings für den Test bedachten. So gesehen relativiert sich der Vorwurf mit Blick auf das aktuelle WiWo-Rating etwas. Und dennoch: Auch dieses Mal kann eine solche Kritik nicht gänzlich unterbleiben.

Das zeigt sich bereits bei den Vorgaben für den Studenten: Ein Nichtraucher mit Bürotätigkeit ist wohl so ziemlich der dankbarste „Risiko-Fall“, den Versicherer sich wünschen können. Bedacht werden muss hierzu: Die Test-Tabellen weisen auch Brutto- und Netto- Prämien aus. Die Prämien aber wären weit ungünstiger, würde der Student einer risikoreicheren Tätigkeit nachgehen oder würde – keine Seltenheit – zu den rauchenden Studenten zählen. Somit würde die Präsentation auch einen schlechteren "Eindruck" beim Leser hinterlassen.

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Pointiert werden kann demnach: Trotz des ambivalenten Testergebnisses sind Bedingungen so gestaltet, dass sie eine vorteilhafte Präsentation für die Anbieter ermöglichen. Beinahe scheint es, als würden die Experten hier die Rolle kommerzieller Porträt-Fotografen übernehmen: Zwar wird ein realistisches Abbild der Anbieter angestrebt, aber bei der denkbar vorteilhaftesten Beleuchtung. Tabellen mit den Ergebnissen sind auf der Webseite der Wirtschaftswoche abrufbar.

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