Ob Prokon, S&K oder Infinus: An Anlegerskandalen herrschte zuletzt kein Mangel. So mancher Sparer, der sein Geld diesen Firmen anvertraut hatte, wird hohe Einbußen erleiden. Doch tut der Gesetzgeber genug, um die Anleger zu schützen? Nach Ansicht von Georg Fahrenschon, Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), sind weitere Schritte notwendig.

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BaFin soll Anleger besser vor grauem Kapitalmarkt schützen

Anlässlich des 8. Bayrischen Finanzgipfels in München hat sich Fahrenschon für eine einheitliche Aufsicht aller Finanzvermittler durch die BaFin ausgesprochen. „In diesem Bereich müssen die Anleger besser geschützt werden. Es muss sicher gestellt werden, dass der Vertrieb fachkundig kontrolliert wird“, sagte der Sparkassen-Chef laut Pressemeldung. „Den Blendern der Branche, die die Kunden mit nicht haltbaren Renditeversprechen locken, muss das Handwerk gelegt werden.“

Speziell den grauen Kapitalmarkt hat Fahrenschon im Blick. Die Schadenshöhe durch Investitionen beträgt in diesem Bereich jährlich 30 Milliarden Euro, wie Schätzungen der Stiftung Warentest zeigen. Bei den jüngsten Skandalen waren überproportional Kleinanleger betroffen, die sich wenig mit Finanzprodukten auskannten und den Hochglanzprospekten der Vermittler vertrauten. Allein im Fall Prokon habe die durchschnittliche Investitionshöhe bei 19.200 Euro gelegen. „Sehr viel Geld, das bei einer fachkundigen Analyse des Geschäftsmodells vielleicht nicht verloren gegangen wäre“, so der Volkswirtschaftler.

Polemik gegen Finanzanlagenvermittler und Honorarberatung

Mit seiner Kritik spricht Fahrenschon einen wunden Punkt der deutschen Gesetzgebung an, der auch in der EU für Verärgerung sorgt. Während Bankberater mittelbar der Aufsicht durch die BaFin unterstellt sind, unterliegen Finanzanlagenvermittler der Kontrolle durch die Gewerbeaufsichtsämter bzw. die Industrie- und Handelskammern (IHK). Oft wird moniert, dass damit eine weniger strenge Aufsicht verbunden sei. Ist die Kritik berechtigt? Bereits zum jetzigen Zeitpunkt müssen die Finanzanlagenvermittler umfangreiche Qualifikations- und Dokumentationspflichten erfüllen.

Fahrenschons Einwurf entpuppt sich bei genauem Blick als Polemik gegen ungebundene Finanzvermittlung, um die Bankberatung aufzuwerten. So spricht er sich auch gegen die Honorarberatung aus, deren „zwangsweise Einführung (…) einen Großteil der Bevölkerung von der Beratung ausschließen“ würde. In Umfragen würden 82 Prozent der Bevölkerung aussagen, „dass sie nicht für die Beratung zahlen wollen“, so Fahrenschon. Das jetzige System reiche völlig aus.

Hingegen preist der Sparkassen-Chef die Beratung in den eigenen Filialen: ein durchschaubares Manöver. „80 Prozent der Beratungsgespräche dauern in Sparkassen mehr als 45 Minuten. Und rund 40 Prozent aller Beratungen finden ohne Produktabschluss statt“, erklärt Fahrenschon. Dass jüngste Studien enorme Defizite bei der Bankberatung feststellten, spricht der Sparkassen-Chef nicht an.

So zeigte eine Untersuchung des Verbraucherministerium, dass nur bei jeder vierten Beratung dem Kunden überhaupt ein Protokoll ausgehändigt werde. „Wesentliche Inhalte des Gesprächs, zum Beispiel Empfehlung eines Produkts und deren Begründung, haben Berater in vielen Fällen gar nicht dokumentiert. Andere Gesprächsinhalte wurden unvollständig wiedergegeben“, heißt es in der Studie. Bereits 2012 hatte die BaFin kritisiert, dass jedes zweite Beratungsprotokoll von Banken Fehler aufweise. Auch die Sparkassen sind aktuell wieder wegen mutmaßlicher Falschberatung in den Schlagzeilen.

BaFin muss sich wegen lascher Aufsicht rechtfertigen

Ob die BaFin einen besseren Schutz der Anleger garantieren würde als die Gewerbeämter, ist zudem diskutabel. Bei den jüngsten Finanzskandalen zeigte sich die Finanzaufsicht als zahnloser Tiger. Im Fall des insolventen Finanzdienstleisters S&K wurde die Behörde schon im Mai 2010 darauf aufmerksam, dass die Tochterunternehmen möglicherweise ein Schneeballsystem unterhalten. Obwohl sich die Hinweise in der Folgezeit verdichteten, schaute die Finanzaufsicht drei Jahre lang untätig zu, wie neue Kunden geworben worden – selbst nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (Versicherungsbote berichtete). Begründung der BaFin für ihre Untätigkeit: man habe laufende Ermittlungsverfahren nicht gefährden wollen.

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Zudem betont BaFin-Chefin Elke König, dass der Verbraucherschutz nicht in die Zuständigkeit der BaFin falle. Zwar prüfe die Behörde die Verkaufsprospekte der Finanzunternehmen. Aber dabei werden vor allem die „formalen Vorgaben“ beleuchtet – zum Beispiel, ob das Prospekt die richtige Schriftgröße aufweist. Ob jedoch die Versprechungen der Geldeinsammler seriös sind, ist nicht Gegenstand der Beurteilung. Und dies zu bewerten, auch nicht Aufgabe der BaFin. Hier diskutiert das Verbraucherschutzministerium von Heiko Maas (SPD) derzeit, ob die Befugnisse der BaFin ausgeweitet werden.

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