In der Finanzkrise verloren viele Privatanleger ihr Erspartes, weil sie von der Bank riskante und ungeeignete Geldanlagen vermittelt bekamen: Totalverlust nicht ausgeschlossen. Deshalb müssen Banken seit 2010 ihren Kunden ein Protokoll aushändigen, das über den Verlauf der Anlageberatung Aufschluss gibt. Die Bundesregierung versprach sich von der Protokollpflicht, die Qualität der Finanzberatung deutlich zu verbessern.

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Doch offenbar verstoßen viele Banken gegen die Dokumentationspflichten. Das zeigt der Süddeutschen Zeitung zufolge eine Studie im Auftrag des Verbraucherministeriums, die in der kommenden Woche vorgestellt werden soll. Das Urteil ist vernichtend. „Keine einzige Dokumentation gibt den Ablauf des Testgesprächs vollständig, richtig, verständlich und übersichtlich wieder“, zitiert das Blatt aus der Studie. Insgesamt haben Wissenschaftler 1.003 Verbraucher befragt und 119mal Testkäufer zu Banken, Versicherungen und Vermittlern geschickt, um die Qualität der Beratung zu testen.

Nur jeder Vierte bekommt ein Beratungsprotokoll ausgehändigt

Ein Ergebnis gibt besonders zu denken: Demnach haben die Testkäufer nur in jedem vierten Beratungsgespräch überhaupt ein Protokoll ausgehändigt bekommen. Doch selbst wenn dies wie vorgeschrieben geschah, hätten die Dokumente häufig Mängel aufgewiesen. „Wesentliche Inhalte des Gesprächs, zum Beispiel Empfehlung eines Produkts und deren Begründung, haben Berater in vielen Fällen gar nicht dokumentiert. Andere Gesprächsinhalte wurden unvollständig wiedergegeben“, heißt es in der Studie, die der Süddeutschen vorab vorliegt.

Das wiederum ruft den Gesetzgeber auf den Plan, so dass sich die Finanzbranche schon bald auf noch strengere Regeln wird einstellen müssen. Wenn nur jeder vierte Bankkunde überhaupt ein Beratungsprotokoll erhalte, werde der Zweck der Dokumentation nicht erfüllt, klagte Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) dem Münchener Blatt. „In der Praxis gibt es bei der Beratungsdokumentation offentsichtlich große Defizite“, so Maas weiter. Der Politiker kündigte an, er werde mit Branchenvertretern, Wissenschaftlern und Verbraucherschutzverbänden über mögliche Konsequenzen beraten.

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7.443 Beschwerden bei der BaFin eingegangen

Von der mangelnden Qualität der Beratung kündet auch eine relativ hohe Zahl an Beschwerden, die von Privatkunden über Anlageberater bei der Finanzaufsicht BaFin eingereicht wurden. Immerhin 7.443 Beschwerden sind zwischen November 2012 und Juli 2013 eingegangen, wie eine kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung ergab. Das entsprechende „Mitarbeiter- und Beschwerderegister“ existiert erst seit dem November 2012. Auch wenn die Zahl der verhängten Bußgeldbescheide gering war, zeigt sich hierin doch eine hohe Zahl unzufriedener Kunden.

Süddeutsche Zeitung

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