Selbständig, unabhängig – gutverdienend? Ein Garant für Wohlstand ist das eigene Unternehmertum schon lange nicht mehr. Im Jahr 2011 mussten 147.000 Selbständige mit Hartz IV aufstocken, berichtet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nürnberg (IAB). Fast die Hälfte davon arbeitete in Vollzeit.

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Da mag es kaum verwundern, dass viele Selbständige auch für das Alter schlecht abgesichert sind. Bisher ist es ihnen freigestellt, ob und wie sie für das Alter vorsorgen – sie können sich freiwillig gesetzlich versichern oder die zahlreichen Möglichkeiten der Privatvorsorge nutzen. Doch viele Unternehmer haben gar keine Absicherung für das Alter. Selbst wenn sie keinen Cent angespart haben, erhalten sie vom Staat eine Grundsicherung ausgezahlt.

Öffentliches Basisprodukt soll kapitalgedeckte Altersvorsorge ermöglichen

Die schlechte Absicherung der Selbständigen ist Grund genug für Bündnis 90/Die Grünen, wieder eine verpflichtende Altersvorsorge für Unternehmer ins Gespräch zu bringen. Die Oppositionspartei will künftig nicht pflichtversicherte Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Das geht aus einer Antwort der Partei auf Anfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) hervor.

In ihrer Stellungnahme beklagen die Grünen, dass viele Menschen durch die „Finanzkrise und Falschberatungen von Banken“ das Vertrauen in die private Altersvorsorge verloren hätten. Deshalb biete sich zukünftig die Schaffung eines öffentlichen Basisproduktes an. „Menschen, die sich im Wirrwarr der Fördermöglichkeiten nicht zurechtfinden, können so über eine öffentliche Stelle kapitalgedeckte Altersvorsorge betreiben“, argumentiert die Partei. Auch solle die Transparenz der jetzigen Altersvorsorgeprodukte erhöht werden.

Aktuell gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 4,5 Millionen Selbständige in Deutschland. Die meisten besitzen zwar zur Absicherung existenzieller Risiken eine Berufsunfähigkeits- und eine private Krankenversicherung, aber betreiben nicht genügend Vorsorge fürs Alter. Da nur rund ein Viertel in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert oder durch ein berufsständisches Versorgungswerk abgesichert sind, muss die Mehrheit der Selbständigen eigenverantwortlich für das Alter vorsorgen.

Reform der betrieblichen Altersvorsorge gefordert

Neben einer Rentenpflicht für Selbständige streben die Grünen auch eine Weiterentwicklung der betrieblichen Altersversorgung an. Wer in die bAV einzahle, müsse sicher sein, dass die Gelder „gut und sicher angelegt“ seien, heißt es in der Stellungnahme. Deshalb sei eine ausreichende Hinterlegung mit Eigenkapital sehr wichtig. Dabei dürften aber kleinere Anbieter nicht überfordert werden.

Zudem soll die Mitnahme und Übertragbarkeit der Betriebsrenten auch über die Ländergrenzen der EU hinweg verbessert werden. Hintergrund der Forderung ist der Umstand, dass immer mehr Bundesbürger ihren Lebensabend im Nichteuropäischen Ausland verbringen. Laut einer Statistik der Deutschen Rentenversicherung leben 200.000 Ruheständler dauerhaft im Ausland. Beliebt sind u.a. Länder wie Thailand, die USA oder Philippinen.

Kritik an Mindestzuführungsverordnung für Lebensversicherungen

Scharfe Kritik übten die Grünen an der Mindestzuführungsverordnung für Lebensversicherungen (MindZV). In dieser Verordnung ist seit 2008 geregelt, in welchem Umfang die Kunden an den erwirtschafteten Überschüssen der Unternehmen zu beteiligen sind. Die Grünen fordern: Hier müsse im Interesse der Sparer nachgebessert werden.

Die Grünen bemängeln, dass den Kunden lediglich 50 Prozent der Erträge aus Kostenüberschüssen und 70 Prozent aus Risikoüberschüssen versprochen werden. „Wenn man bedenke, dass bei Lebensversicherungen mehr als 97 Prozent eindeutig im Eigentum des Kunden sei, halte man die derzeitige Verteilung der Überschüsse für nicht gerecht“, zitiert das IAB die Stellungnahme der Partei.

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Außerdem würden durch die unverhältnismäßige Aufteilung der Überschüsse Anreize für Fehlkalkulationen gesetzt, die zu unverhältnismäßig hohen Kosten- und Risikoüberschüssen führten. Eine Erhöhung der Überschussanteile der Kunden sei daher angemessen.

Deutsches Institut für Altersvorsorge (DIA)

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