Rund 2,5 Millionen Menschen gehörten deutschlandweit in 2020 zur Altersgruppe 85 plus. Bis 2055 wird diese Gruppe auf bis zu 6,5 Millionen Menschen anwachsen. Immer mehr Menschen werden demnach zugleich auf Pflege angewiesen sein. Ein nicht zu unterschätzendes Armutsrisiko – bei Unterbringung im Heim zahlen Betroffene schon jetzt durchschnittlich 2.179 Euro Euro als Eigenleistung (Versicherungsbote berichtete).

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Pflegetagegeldversicherung: Erfolgreichstes Produkt im Segment

Wer sich gegen dieses Risiko pflegebedingter Armut absichern will, dem bleibt nur der Abschluss einer privaten Pflegeversicherung. Erfolgreichstes Produkt dieser Art ist derzeit – mit einem Bestand von rund 2,64 Millionen Policen gemäß Statistik des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV) – die Pflegetagegeldversicherung.

Der Erfolg dieser durch private Krankenversicherer angebotenen Produkte erklärt sich durch den günstigen Einstiegstarif. Anders als die Pflegerenten der Lebensversicherung handelt es sich bei der Pflegetagegeldversicherung um eine reine Risikoversicherung. So gibt es keine Leistung an Hinterbliebene beim Todesfall, ebenso können Beiträge nicht anteilig zurückerstattet werden. Zudem ist – anders als bei den Pflegerenten – die Beitragshöhe nicht garantiert, sondern kann ähnlich der privaten Krankenversicherung angepasst werden. Andererseits ist der Neuabschluss einer solchen Versicherung günstig. Das zeigte ein letztjähriger Prämienvergleich der Experten von Morgen und Morgen: Der Einsteiger-Tarif ins Pflegetagegeld war im Schnitt 54,31 Euro im Monat günstiger als die Pflegerente (Versicherungsbote berichtete).

Aufgrund des Erfolgs der Produkte geraten sie auch immer mehr ins Interesse der Rating-Häuser. Morgen und Morgen analysiert schon seit längerem die Produkte – und hat nun parallel zu einem Pflegerenten-Rating auch ein neues Produktrating zur Pflegetagegeldversicherung veröffentlicht. Es zeigt sich: Das Tarifangebot ist groß, die Qualität der Tarife hält aber noch nicht das hohe Niveau der Pflegerenten. Denn während Pflegerenten aus Sicht der Experten durch die Bank überzeugten, müssen insgesamt 41 Pflegetagegeld-Tarife nur zwei Sterne für ein „schwaches“ Abschneiden hinnehmen.

Was wurde gemacht?

Wie auch bei Pflegerenten sollten Tarife der Pflegetagegeldversicherung auf ihre Vertragsbedingungen, nicht aber auf den Preis geprüft werden. 233 Tarife und Tarifvarianten wurden analysiert. Hierfür entwarfen die Experten aus dem Taunus insgesamt 37 Fragen.

Die Fragen haben das Ziel, die Leistungsfähigkeit der Tarife zu erforschen – kann eine Frage mit „ja“ beantwortet werden, erhält der Tarif Leistungspunkte. Allerdings wurden Fragen nach ihrer Bedeutung für die Tarifqualität unterschiedlich gewichtet:

  • Zwölf „weniger wichtige Fragen“ bringen jeweils einen Punkt. Als Beispiel: Bietet der Versicherer Nachversicherungsgarantien in Form einer Erhöhung des versicherten Pflegetagegeldes bei Heirat und Geburt/Adoption an? Oder bietet der Versicherer Überbrückungsmöglichkeiten bei Zahlungsschwierigkeiten an?
  • Zwanzig „wichtige“ Fragen bringen je drei Punkte. Hierzu gehört zum Beispiel die Frage: Verzichtet der Versicherer auf sein Recht auf Beitragserhöhung oder Kündigung bei unverschuldeter Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers nach Paragraf 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)? Oder beschränkt der Versicherer die Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers auf zumutbare ärztliche Anweisungen?
  • Jedoch gibt es auch fünf "sehr wichtige" Fragen, die je fünf Punkte einbringen. Hierzu gehört unter anderem die Frage, ob die Versicherung bei Eintritt eines Pflegegrades beitragsfrei gestellt wird. Nicht alle Produkte der Pflegetagegeldversicherung ermöglichen nämlich diese Option.

Punkte eines Tarifs werden sodann in eine fünfstufige Notenskala übersetzt:

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  • Bestnote sind fünf Sterne für ein „ausgezeichnetes“ Abschneiden – hierfür wird eine Mindestpunktzahl von 70 Punkten gefordert.
  • Wer vier Sterne erhält, hat „sehr gut“ abgeschlossen – dafür muss ein Tarif mindestens 57 Punkte erreichen.
  • Drei Sterne hingegen bedeuten ein „durchschnittliches“ Abschneiden für 45 bis 56 Punkte.
  • Zwei Sterne sind im Ergebnis „schwach“ – auch hierfür muss noch eine Mindestpunktzahl erreicht werden von mindestens 35 Punkten.
  • Wer nur einen Stern erhält, der schneidet hingegen „sehr schwach“ ab.

Allerdings gibt es noch eine weitere Hürde für die Tarife zu überwinden, wenn sie mit "ausgezeichnet" oder "sehr gut" abschneiden wollen. Dann nämlich müssen sie folgende Mindestkriterien ganz oder zumindest eingeschränkt erfüllen:

  • Bei einem verspätet gemeldeten Versicherungsfall wird rückwirkend geleistet.
  • Der Versicherungsschutz besteht weiter, wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer ins Ausland verzieht.
  • Die Pflegetagegeldversicherung kann weiterbestehen, wenn die Mitgliedschaft in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) oder Privaten Pflegeversicherung (PPV) endet.
  • Die Versicherung wird bei Eintritt eines Pflegegrades beitragsfrei gestellt.
  • Der Prognosezeitraum beträgt sechs Monate.
  • Der Versicherer zahlt ein Pflegetagegeld bei Vorliegen des Pflegegrades eins.
  • Der Versicherer zahlt ein Pflegetagegeld bei Vorliegen der Pflegegrade zwei, drei, vier und fünf.
  • Der Versicherer verzichtet auf unübliche Einschränkungen bzw. Klauseln, die nicht zu den ratingrelevanten Sachverhalten gehören.

Testergebnis: 41 Tarife „schwach“

Wie aber schneiden die Produkte der Tagegeldversicherung ab? Auffallend ist: Zwar gibt es durchaus viele Tarife mit fünf oder vier Sternen – in der Summe fast sechzig Prozent der Tarife. Denn 65 Tarife erhalten ein „ausgezeichnet“ und 73 Tarife ein „sehr gut“. Dennoch aber überzeugen nicht alle Tarife des Tests.

Denn zu den 54 Tarifen, denen nur ein „durchschnittliches“ Abschneiden bescheinigt wird, gesellen sich erneut insgesamt 41 Tarife mit „schwachem“ Abschneiden in 2022 – dies entspricht exakt der Zahl der Tarife, die auch im Vorjahr eine solche schlechte Bewertung hinnehmen mussten. An diese Tarife wurden also nur zwei Sterne vergeben, wie eine Grafik der Experten aus dem Taunus zeigt:

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In direkter Gegenüberstellung zu Produkten der Pflegerente kann demnach aus dem Test geschlossen werden: Es gibt bei Produkten der Pflegetagegeldversicherung noch mehr Nachholbedarf. Zumindest trifft dies auf Anbieter mit "schwachen" Tarifen zu, die den nötigen Standard noch nicht erreichen. Betroffen sind:

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  • zwanzig Tarife der SDK
  • sechs Tarife der Continentale
  • vier Tarife der Envivas
  • vier Tarife der Münchener Verein
  • drei Tarife der LKH
  • zwei Tarife der Nürnberger
  • ein Tarif der Arag
  • ein Tarif der DEVK

Eine Tabelle mit allen Testergebnissen ist auf der Webseite von Morgen und Morgen verfügbar.

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