Bereits seit 1883 gibt es die Ochsenbraterei in München: und gehört zu einer der traditionsreichsten Locations auf dem jährlichen Oktoberfest. Doch 2020 musste auch die Festhalle geschlossen bleiben, nachdem alle Großveranstaltungen infolge der Coronakrise abgesagt wurden. Als die Gastronomie eine Entschädigung von ihrer Ausfallversicherung verlangte, wollte diese nicht zahlen, obwohl mit einem Mal alle Einnahmen wegbrachen. Eine Klage der Wiesenwirtin Antje Schneider vor dem Landgericht München I war die Folge: Immerhin 60.000 Euro habe sie jährlich für die Ausfallversicherung an Prämie bezahlt.

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Richter findet Argumente des Versicherers wenig überzeugend

Vor dem Landgericht konnte das Gastrohaus nun einen Teilerfolg erzielen, wie aktuell die TZ München berichtet: Demnach wurde die XL Insurance Company, eine Tochter der AXA, zur Zahlung von 513.000 Euro verpflichtet. Laut dem Lokalblatt konnte der Versicherer eine Regulierung des Schadens nicht pauschal ablehnen. Zumal deren Anwalt wenig überzeugende Argumente vorgebracht habe:

Unter anderem argumentierte er laut dem Bericht, dass es gar nicht sicher gewesen sei, ob die Ochsenbraterei 2020 tatsächlich am Oktoberfest teilnehmen wollte: Auf der Wiesn aber war die Festhalle seit dem Jahr 1898 ausnahmslos jedes Jahr vertreten, wie die Webseite stolz informiert. „Ich kenne kein Oktoberfest, wo die Ochsenbraterei nicht dabei war“, zitiert die TZ folglich Richter Martin Scholz vom Landgericht. Das Gastrohaus habe ein umfangreiches Schadensgutachten vorgelegt, das nicht pauschal abgelehnt werden dürfe.

Rechtskräftig ist das Urteil bisher nicht: Der Versicherer kann noch in Berufung gehen. Auch führe die Ochsenbraterei weitere Rechtsstreite, insgesamt gehe es um mehr zwei Millionen Euro. Und auch andere Gastroeinrichtungen streiten im Zusammenhang mit den ausgefallenen Oktoberfesten 2020 und 2021 mit ihren Versicherern.

Wurde das Oktoberfest 2020 gar nicht abgesagt?

In den Rechtsstreiten bekleckern sich die Assekuranzen oft nicht mit Ruhm. Für Aufsehen sorgte im letzten Jahr ein Artikel der Süddeutschen Zeitung: Demnach würde ein Versichertenkonsortium argumentieren, dass das Oktoberfest 2020 gar nicht pandemiebedingt abgesagt worden sei, de facto also stattgefunden habe. Folglich greife keine Ausfallversicherung. Auch in diesen Rechtsstreiten geht es darum, die Betroffenen nicht entschädigen zu müssen: beteiligt sind insgesamt sieben Wiesnwirte, unter anderem Michael F. Schottenhamel, Mit-Betreiber des ältesten Wiesnzeltes.

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Grund sei, so soll zumindest das Konsortium argumentieren, dass es überhaupt keine offizielle Absage des Oktoberfestes gegeben habe. Zwar hätten Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eine gemeinsame Pressekonferenz abgehalten, auf der auch zur Sprache gekommen sei, dass das Oktoberfest in diesem Jahr nicht stattfinden könne. Offiziell abgesagt, im Sinne eines Verwaltungsaktes, habe das Volksfest aber niemand. Also müsse man laut Versicherungsbedingungen auch nicht dafür eintreten.

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