Gestern wurde bekannt, dass sich die Allianz und der Betreiber des „Paulaner am Nockherberg“ außergerichtlich geeinigt haben und der für heute vorgesehene Verkündigungstermin abgesagt wurde.

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Das betraf allerdings nur den „Nockherberg-Fall“. Die auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Zivilkammer des Landgerichts München I verkündete heute eine weitere Entscheidung im Betriebsschließungskomplex.

Dabei wird ganz ähnlich wie im „Augustiner-Keller-Fall“ argumentiert:

  • Für die Einstandspflicht der Versicherung kommt es nicht auf Rechtsform und die Rechtmäßigkeit der behördlichen Schließungsanordnung an.
  • Dass das Virus nicht im Betrieb des Klägers aufgetreten ist, steht dem Anspruch ebenfalls nicht entgegen.
  • Der rechtlich zulässige Außerhausverkauf war dem Kläger nicht zumutbar. Der Versicherungsnehmer muss sich nicht darauf verweisen lassen, wenn es sich bei dem Außerhausverkauf nur um ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft handelt.

Wirksame Einschränkung des Versicherungsumfangs

Das Landgericht hält - ebenso wie im „Augustiner-Keller-Fall“ - die vom Versicherer verwendeten Klauseln für intransparent und daher für unwirksam. „Dem Versicherungsnehmer muss, wenn der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt wird, deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel besteht“, so die Kammer. Dass die Auflistung der Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Ziffer 2 AVB im Vergleich zum Infektionsschutzgesetz (IfSG) unvollständig ist, ist für den Versicherungsnehmer nicht naheliegend, denn eine klare und deutliche Formulierung wie zum Beispiel „nur die folgenden“, „ausschließlich die folgenden“ oder „diese Auflistung ist abschließend“ enthält die Klausel nicht.

In der Urteilsbegründung heißt es (wie im „Augustiner-Keller-Fall“): „Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsste der Versicherungsnehmer letztlich die Auflistung in § 1 Ziffer 2 AVB Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des IfSG vergleichen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar wird, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht kennt, ist jedoch intransparent.“

Höhe der Entschädigung

Wie das Gericht weiter entschied, sind weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei nicht um Schadensersatzzahlungen für Betriebsschließungen. Der Betreiber des Gasthauses in München soll nun eine Entschädigung in Höhe von 427.169,86 € aus seiner Betriebsschließungsversicherung erhalten. Wie das Münchener Landgericht auf Anfrage von Versicherungsbote bestätigte, handelt es sich bei dem Versicherer um die Haftpflichtkasse (ehemals Haftpflichtkasse Darmstadt). 
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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Update:
In einer älteren Version dieses Textes fand sich der Satz: "Damit ist auch ein wichtiger Unterschied zu den Klauseln der Helvetia klar, die in vergleichbaren Fällen vor Gericht siegte." Das ist so nicht richtig.

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