Nur 45 Prozent aller Hausbesitzer in Deutschland haben ihr Hab und Gut gegen Hochwasserschäden und weitere Elementargefahren abgesichert. Eine Tatsache, die auch nach der Hochwasserkatastrophe durch Unwettertief 'Bernd' schmerzlich bewusst wurde: viele Hausbesitzer haben ihr Gebäude zwar gegen Risiken wie Brand, Leitungswasser, Sturm und Hagel abgesichert, allerdings fehlt ihnen der wichtige Elementarschaden-Schutz, der auch bei Hochwasserschäden greift. Versicherer wie die Axa richteten inzwischen Hilfsfonds für Kunden ohne Elementarschadenversicherung ein (Versicherungsbote berichtete).

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Soforthilfen dürften oft nicht reichen

Auch brachten aufgrund der verheerenden Schäden sowohl die Bundesregierung als auch die betroffenen Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern Soforthilfen auf den Weg. Schon hier aber zeigt sich ein wesentliches Problem: Während Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die Soforthilfen ohne Bedarfsprüfung an Betroffene zahlen wollen, macht das (freilich weniger betroffene) Bayern die Höhe der Zahlung von einer Bedingung abhängig.

Denn zwar soll betroffenen Privathaushalten eine Soforthilfe i.H.v. bis zu 5.000 Euro gewährt werden und bei Schäden an Öltanks sogar bis zu 10.000 Euro. Hätte sich der Haushalt aber gegen Elementarschäden versichern können, wird die Soforthilfe halbiert (Versicherungsbote berichtete). Aber auch bei den Soforthilfen ohne Bedarfsprüfung wie in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfahlen kann noch Ungemach entstehen. So deckelt Rheinland-Pfalz die Soforthilfen zum Beispiel bei 3.500 Euro pro Haushalt (Versicherungsbote berichtete). Für viele Menschen, die Haus und Hab und Gut komplett verloren, wird dieser Betrag nur ein Bruchteil der wirklichen Schadensumme sein.

Kundensachwalter müssen Deckungsrisiken erkennen

Und hier entsteht ein Problem für die Maklerschaft, die zur Absicherung der Häuser beriet. Jedem in der Branche dürfte bekannt sein: Der Makler steht bei der Vermittlung der Versicherungen im Lager der Kundschaft. Nichts zeigt dies so deutlich wie das vielzitierte „Sachwalterurteil“ des Bundesgerichtshofs vom 22.05.1985 (Az. IVa ZR 190/83). Weil der Makler im Interesse des Kunden handelt (und handeln muss), schreibt Paragraf 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) weitreichende Dokumentations- und Beratungspflichten vor. Verstößt der Makler dagegen, muss er gemäß Paragraf 63 VVG Schadensersatz leisten.

Zwei Dinge könnten einem Makler nun rechtlich zum Verhängnis werden: Eine ungenügende Beratung und eine ungenügende Dokumentation. Am Anfang der Beratung steht eine grundsätzliche und gründliche Bedarfsanalyse – der Makler muss den Versicherungsnehmer auf mögliche Risiken im Kontext seines Beratungswunsches und dadurch bestehende Deckungslücken hinweisen. Auch muss er entsprechende Produkte und Versicherungsbausteine für erkannte Deckungslücken empfehlen. Lehnt ein Kunde trotz dieser Hinweise einen umfänglicheren Versicherungsschutz ab, muss der Makler dies dokumentieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er vor Gericht zum Schadenersatz verurteilt wird.

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Verkennen von Deckungslücken kann teuer werden

Die Rechtssprechung zeigt das Haftungsrisiko fehlender Risikoanalyse immer wieder. Beispielhaft verdeutlicht dies ein Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts mit Datum vom 15.11.2018 (Az. 16 U 26/18) – eine Maklerin, die zu einer gewerblichen Kfz-Haftpflicht beriet, konnte aufgrund fehlender Dokumentation nicht mehr beweisen, den Kunden auch über das Diebstahlrisiko bei solchen Fahrzeugen aufgeklärt zu haben. Nachdem dem Kunden ein Radlader gestohlen wurde, muss sie ihm den Radlader ersetzen (Versicherungsbote berichtete).

Notwendigkeit einer Elementarschadenversicherung muss Maklern bewusst sein

Gerade bei Gebäuden in Flussnähe müsste das Hochwasser-Risiko den Maklern mittlerweile mehr als bewusst sein. Diskutiert doch die Politik schon seit vielen Jahren eine Versicherungspflicht (Versicherungsbote berichtete). Jeder Makler sollte demnach einem Kunden, sobald er ein Objekt in der Nähe von fließendem Wasser absichern will, eine Elementarschadenversicherung dringend nahe legen.

Fehlende Dokumentation kehrt Beweislast um

Lehnt der Kunde diese ab, sollte dies im Beratungsprotokoll für den Kunden schriftlich dokumentiert werden. Denn zwar: Die Beweispflicht einer Pflichtverletzung im Sinne von Paragraf 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) liegt zunächst beim Kunden. Hat allerdings der Makler nicht dokumentiert, dass er über Deckungslücken aufklärte, kehrt sich die Beweislast um.

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Dies zeigt auch ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden vom 29.01.2019 (Az.: 4 U 942/17) – ein Makler haftete aufgrund fehlender Dokumentation für einen Verkauf von Leben-Policen an eine nicht solvente Gesellschaft (Versicherungsbote berichtete). Es gilt also wie eh und je: Neben einer guten Beratung ist auch eine gute Dokumentation grundlegend, um sich gegen Haftungsrisiken zu wehren.

Elementarschadenversicherung: Das „Muss“ für jedes Beratungsgespräch

Durch die Hochwasserkatastrophen gilt nun zudem mehr denn je: Wer Haftungsrisiken ausschließen möchte, sollte bei keiner Beratung zum Immobilienschutz die Elementarschadenversicherung vergessen. Was aber ist zu tun, sollte ein Makler wirklich nach Unwettertief Bernd von einem Kunden auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden? Wichtig ist zunächst, zu prüfen, ob in der Vergangenheit für ein versichertes Objekt überhaupt eine Elementarschadenversicherung zu haben war (zu Preisen, die dem Versicherungsnehmer zugemutet werden konnten).

Glaubt man aber einer Darstellung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dann sind 99 Prozent der Gebäude in Deutschland problemlos gegen Überschwemmungen und Starkregen versicherbar – zum Teil zu einem Preis von unter 100 Euro im Jahr (Versicherungsbote berichtete). Somit ist auf der sicheren Seite, wer Ablehnungen auf Anfragen von mehreren Versicherern vorzeigen kann.

Beistand eines Anwalts kann helfen

Anwalt Jens Reichow empfiehlt nun beim Branchendienst Pfefferminzia, sich anwaltlichen Beistand zu suchen (freilich nicht gänzlich frei von Eigeninteresse). Dies wäre zum einen hilfreich, um den Schadensfall ordnungsgemäß gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung anzuzeigen oder weiterführende Frist zu wahren. Zu diskutieren wäre zu diesem Rat natürlich, ob ein Makler diese Unterstützung tatsächlich braucht – immerhin verfügen Makler über die notwendige Expertise, um selber Schadensfälle zu bearbeiten.

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Helfen kann ein Anwalt hingegen bei der „haftungsminimierenden Gestaltung“ von Maklerverträgen, wie Reichow ebenfalls herausstellt. Auch sollten Makler durch die Auswahl der geeigneten Rechtsform dringend darauf achten, die Maklerhaftung auf das Gesellschaftsvermögen zu begrenzen. So wird das Privatvermögen vor dem möglichen Zugriff im Haftungsfall bewahrt.

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