David Ebert: Für den Behandlungserfolg ist es immanent vorab zu klären: Ist die jeweilige Maßnahme ausreichend für den Patienten? Digitale Angebote haben den Vorteil, dass eine automatisierte, standardisierte Erfolgskontrolle mit psychologischen Messinstrumenten möglich ist. So wird zum Beispiel eine Verschlechterung beim Patient*innen direkt sichtbar und man kann sie in für sie passende Angebote vermitteln, zum Beispiel in eine telepsychotherapeutische oder stationäre Behandlung.

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Sie bieten auch einen Lehrgang für „Depression“ (Stimmung) an. Auf der Webseite heißt es: „Innerhalb von 6 Wochen lernst du alles, was du wissen musst, um depressiven Gefühlen vorzubeugen oder ersten Beschwerden entgegenzuwirken“. Eine Depression ist eine ernste Erkrankung, die eine intensive und sensible Begleitung braucht. Wen sprechen Sie mit diesem Kurs an? Können Sie den Interessenten auch signalisieren, wenn er weitergehende Hilfe braucht?

Untersuchungen belegen, dass das Angebot von HelloBetter dieselben Effekte erzielen kann, wie klassische Face-to-Face-Therapie. Das lässt sich allerdings nicht für alle Nutzer*innen verallgemeinern. Mit unserem Angebot versuchen wir Menschen, die unter psychischen Beschwerden leiden, frühzeitig zu erreichen. Wenn wir jedoch merken, dass unsere Lösung nicht ausreicht, um Nutzer*innen zu helfen, vermitteln wir sie weiter an Ärzte, Psychotherapeuten oder Kliniken.

Die Coronakrise mit all den daraus resultierenden existentiellen Ängsten und Kontaktbeschränkungen bedeutete für viele Menschen auch psychischen Druck und den Wegfall des sozialen Netzes. Haben Sie bei HelloBetter mehr Zulauf in diesen Zeiten gehabt? Wird Corona die Akzeptanz von Telemedizin erhöhen?

Weltweit hat die Corona-Pandemie die Art und Weise, wie Menschen leben und arbeiten, grundlegend verändert. Der Großteil der Unternehmen musste innerhalb nur weniger Tage auf Home-Office umstellen und viele Menschen arbeiten nun schon seit Monaten von zu Hause. Diese Veränderung hat nicht nur große Auswirkungen auf unseren Tagesablauf, sondern beeinflusst auch die mentale Gesundheit der Menschen enorm.
 Auch wenn die Ausgangsperren mittlerweile gelockert wurden, bringt der neue Alltag eine hohe psychische Belastung mit sich. Viele Aspekte des Lebens haben sich nun mal grundlegend verändert und diese Veränderungen werden uns noch eine ganze Weile begleiten. Viele Menschen sind erschöpft, denn Homeoffice und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen verlangt viel ab. Andere plagen finanzielle Sorgen und Zukunftsängste oder die Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus. Andere wiederum leiden darunter, dass niemand sicher sagen kann, wie lange der aktuelle Zustand noch anhält und wie lange die Krise uns begleiten wird.

Dass Corona sich auf die psychische Gesundheit der Menschen auswirkt, haben wir auch gemerkt, weil sich die Zahl der Nutzer unserer Online-Trainings in den ersten Wochen der Corona-Pandemie mehr als verdoppelt hat. Darauf haben wir reagiert und gemeinsam mit der Allianz die Initiative “Stark durch die Krise” gestartet. Sie bietet Nutzern einen schnellen und kostenfreien Zugang zu Hilfsangeboten bei psychischen Beschwerden aufgrund von Isolation, Infektionsangst, wirtschaftlichen Sorgen oder dem Fehlen gewohnter sozialer Kontakte. Das Besondere an der Initiative ist, Nutzer über unterschiedliche Kanäle darauf zugreifen können: Das Angebot umfasst Beratung per Telefon, Online-Trainings, eine Online-Community und Live Q&A-Sessions mit Psychotherapeut*innen.

“Stark durch die Krise” ist seit Mitte April live und stößt seitdem auf großes Interesse: Tausende von Nutzern haben sich bereits für einen kostenlosen Online-Kurs angemeldet, die Hotline angerufen und sich einer Facebook-Support-Community angeschlossen.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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