Sowohl Amtsgericht als auch Landgericht orientierten sich für diese Annahme an Maßgaben für die Informationspflichten bei Geschäften zur Geldanlage (der Versicherungsbote berichtete). Allerdings wies nun der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz darauf hin, dass Grundsätze für Anlagegeschäfte nicht einfach auf eine Beratung von Privatpatienten übertragen werden können. Und deswegen muss neu über die Sache entschieden werden.

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Denn die Entscheidung des Patienten zielt nicht auf die sachgerechte Investition verfügbarer Geldmittel ab, sondern bezieht sich auf die Durchführung einer medizinischen Behandlung. Und hier müssen andere Grundsätze angewandt werden als für eine Geldanlage: Zum einen ist der Arzt, anders als der Anlageberater oder Vermittler, nicht Sachwalter der wirtschaftlichen Interessen des Kunden. Die Pflicht zur wirtschaftlichen Information des Patienten betrifft einen Arzt nur als vertragliche Nebenpflicht. Zum anderen gibt es viele Faktoren jenseits wirtschaftlicher Gesichtspunkte, die beeinflussen, welche Therapie gewählt wird. Und solche Faktoren können wichtiger sein als wirtschaftliche Überlegungen.

Beweislast bei verletzter Informationspflicht durch Arzt: Trägt der Patient

Der Bundesgerichtshof nennt als Einflussfaktoren seines Urteils auf die Wahl einer medizinischen Behandlung die Dauer und die Intensität des Leidensdrucks aufgrund einer Erkrankung, die Ausschöpfung anderer Behandlungsmöglichkeiten oder verfügbare Behandlungsalternativen oder auch die mit anderen Behandlungen verbundenen Nachteile. Weil die Wahl einer medizinischen Behandlung demnach anderen Grundsätzen entspricht als die Wahl eines Produkts für die Geldanlage (mit ihrer nur-finanziellen Zielsetzung), liegt die Beweislast – statt beim Arzt – im verhandelten Fall trotz verletzter Informationspflichten beim Patienten.

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Folglich muss nun die Ehefrau vor dem Landgericht Berlin erst beweisen, dass sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Arzt von einer Therapie nach dem “VenaSeal closure System“ abgesehen hätte: Die Revision hebt das vorhergehende Urteil auf. Der Fall muss nun am Landgericht Berlin noch einmal neu verhandelt werden.

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