Matthias Jansen: Die Exportkreditgarantien des Bundes sichern sowohl politische als auch wirtschaftliche Risiken ab. Politische Risiken sind beispielsweise Forderungsausfälle durch gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen, Krieg, Aufruhr oder Revolution, Kapitalverkehrskontrollen oder der Verluste von Waren, weil diese beschlagnahmt wurden. Das größte wirtschaftliche Risiko besteht darin, dass ein Besteller in Konkurs geht und deshalb seine offenen Rechnungen nicht mehr bezahlen kann. Aber auch die bloße Nichtzahlung durch den Auslandskunden ist gedeckt (sog. Protracted Default).

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Neben den Exportkreditgarantien gibt es noch die Investitionsgarantien des Bundes. Mit ihrer Hilfe können deutsche Unternehmen ihre Direktinvestitionen im Ausland wirksam gegen politische Risiken absichern.

Können auch kleine und mittlere Unternehmen von der Hermes-Deckung Gebrauch machen?


 Geschäfte von kleinen und mittleren Unternehmen gelten sogar als besonders förderungswürdig. Und diese nutzen Hermes-Deckungen traditionell sehr stark. Aktuell liegt der KMU-Anteil bei den Exportkreditgarantien bei 79 Prozent.


Besonders für schwierige und risikoreiche Märkte sind Hermes-Deckungen für die exportierenden Unternehmen attraktiv. Aber warum übernimmt der Bund finanzielle Risiken für private Exportgeschäfte? Gibt es hierfür wirtschaftliche Gründe?

Die Außenwirtschaftsförderung ist seit Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik. Entsprechend ihrer Bedeutung für Wohlstand und Wachstum unterstützt die Bundesregierung die deutsche Exportwirtschaft seit Jahrzehnten auf vielfältige Art und Weise. Für die Exportkreditgarantien des Bundes gilt dabei der Grundsatz: „Privat vor Staat“. Das bedeutet, dass Hermes-Deckungen dort zum Zuge kommen, wo die private Wirtschaft kein entsprechendes oder ausreichendes Absicherungsangebot zur Verfügung stellt. Folglich konzentriert sich das Geschäft des Bundes auf Exportkreditgarantien für Entwicklungs- und Schwellenländer. In vielen Fällen ermöglichen sie erst ein Ausfuhrgeschäft bzw. dessen Finanzierung.


Gibt es auch politische Gründe, um einheimischen Unternehmen Exportgeschäfte auf schwierigen und risikoreichen Märkten zu ermöglichen? Versteht man Hermes-Deckungen auch als Instrument der Außenpolitik? Und wenn ja: Was verspricht man sich davon?

Der Interministerielle Ausschuss (IMA) für Exportkreditgarantien ist das zentrale Entscheidungsgremium für die Übernahme einer Exportkreditgarantie des Bundes. Ihm gehören Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, des Bundesministeriums der Finanzen, des Auswärtigen Amtes sowie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. Die Zusammensetzung des Entscheidungsgremiums zeigt bereits, dass auch andere Politikbereiche für die Wirtschaftsförderung in den Entscheidungsprozess mit einfließen. Die Entscheidung über die Absicherung eines Geschäfts treffen die vier IMA-Ressorts im Konsens, sodass die Kohärenz der Außen-, Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie der Entwicklungszusammenarbeit gewährleistet ist.

Fakt ist aber auch, dass die Exportkreditgarantien des Bundes am Ende ein Wirtschaftsförderinstrument zur Stärkung des deutschen Exports sind. Deshalb liegt die Federführung auch beim Bundeswirtschaftsministerium.

Gibt es Staaten, für die Sie keine Bürgschaft übernehmen, weil dort das Risiko zu hoch ist? Etwa Kriegsgebiete?

Der Interministerielle Ausschuss für Exportkreditgarantien legt für jedes Land eine risikoadäquate Deckungspolitik fest. Sie regelt, in welcher Form und zu welchen Bedingungen der Bund Hermes-Deckungen übernimmt. Diese Deckungspolitik wird kontinuierlich überprüft und wenn nötig angepasst. Weltweit gibt es aktuell nur sechs Länder, für die grundsätzlich keine Deckungsmöglichkeiten bestehen. Dies sind die DR Kongo, Nordkorea, Sierra Leone, Somalia, Sudan und Syrien.


Wie „rechnen“ sich Hermes-Bürgschaften? Wenn Exporte in Risiko-Märkte abgesichert werden: Ist das ein teures Zuschuss-Geschäft? Oder kann man sogar gute Gewinne machen?

Das Förderinstrument trägt sich durch Entgelte und Bearbeitungsgebühren mittelfristig selbst. Dies ist auch eine Vorgabe der Welthandelsorganisation. Die Deckungsnehmer zahlen für die Deckungsübernahme Bearbeitungsgebühren und eine risikoadäquate Prämie. Die Höhe der Prämie hängt dabei im Wesentlichen von vier Komponenten ab: der Länderkategorie, in die das Empfängerland von der OECD eingestuft ist, den Zahlungsbedingungen des Vertrags, der Risikokategorie des Zahlungsverpflichteten sowie der Einstufung des Bestellers.

2018 lag das Jahresergebnis bei 166 Millionen Euro. Seit Einführung 1949 haben die Hermes-Deckungen einen kumulierten Beitrag in Höhe von über 5,7 Milliarden Euro zum Bundeshaushalt beigesteuert.

Wie haben sich die Hermes-Bürgschaften in den letzten Jahren entwickelt? Konfliktherde sind ja weltweit zu beobachten, die sogenannte arabische Revolution oder der Syrienkonflikt lässt auch zunehmend Länder als unberechenbar erscheinen, die trotz Diktatur Jahre zuvor eine gewisse Stabilität für Investitionen boten. Haben Schadenssummen zugenommen, etwa durch ausgeweitete Konfliktregionen und zunehmende Instabilität?

Die Höhe des neu in Deckung genommenen Exportgeschäfts schwankt traditionell stark und wird maßgeblich davon bestimmt, ob im Betrachtungszeitraum Großprojekte gedeckt wurden oder nicht. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Nachfrage nach Exportkreditgarantien in wirtschaftlich und politisch schwierigen Zeiten tendenziell eher steigt. Beide Aspekte haben dazu beigetragen, dass das Deckungsvolumen 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 17,4 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro gestiegen ist.


Gibt es auch einen privaten Versicherungsmarkt für Exportkreditgarantien? Und wenn ja: Welche Lücke schließt eine Absicherung über eine staatliche Bürgschaft, wenn auch ein privater Markt besteht?

Absicherungsmöglichkeiten gibt es sowohl von privater als auch von staatlicher Seite. Die beiden Anbieter stehen jedoch nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich. Grundsätzlich gilt, dass marktfähige Risiken von der privaten Versicherungswirtschaft abgesichert werden sollen. Exportkreditgarantien setzen dort an, wo das Angebot der privaten Versicherungswirtschaft endet.

Arbeiten Sie auch mit Versicherungsvermittlern zusammen und gibt es eine Art Vertrieb? Oder wie erreichen Sie überhaupt Ihre potentielle Zielgruppe?

Die Exportkreditgarantien des Bundes sind ein nachfrageorientiertes Instrument. Einen klassischen Vertrieb, wie man ihn in der privaten Versicherungsbranche kennt, existiert nicht. Stattdessen gibt es einen Beratungsaußendienst. Dieser bietet umfassende Expertise und Informationen rund um die Themen Exportabsicherung und -finanzierung. Die acht Firmenberater stehen Exporteuren und Banken bundesweit als Ansprechpartner zur Verfügung. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen suchen das Gespräch. Allein im vergangenen Jahr fanden mehr als 6.500 telefonische Beratungsgespräche statt. 1.280 Firmen wurden vor Ort besucht. Die Beratung ist übrigens kostenlos.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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