Verzichtvereinbarung tilgt Ansprüche

Ein wichtiger Einwand ist jedoch zu beachten: Der Anspruch regelt sich über Bedingungen des einstigen Consultantvertrags zwischen Vertreter und Unternehmen. Und diese Bedingungen dürfen keine alternativen Regelungen festschreiben. Denn nur ohne ausschließende Klauseln besteht tatsächlich Anspruch auf Dynamikprovisionen auch nach Ende des Vertragsverhältnisses. So darf zum Beispiel der Consultantvertrag keine explizite Verzichtvereinbarung enthalten. Liegen hingegen Verzichtsklauseln vor, würde auch kein Anspruch auf Dynamikprovisionen nach Vertragsende bestehen.

Anzeige

Anspruch nur ohne Widerspruch des Kunden

Wichtig für Ansprüche auf Dynamikprovisionen ist zudem: Erhöhungen der dynamischen Lebensversicherung müssen wirksam werden. Das ist dann der Fall, wenn der Kunde nicht von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht. Aus diesem Grund versuchte das beklagte Unternehmen einen Trick: Es wollte darauf beharren, dass die Beweislast für dynamische Erhöhungen bei dem Versicherungsvertreter liegt. Darauf aber ließ sich der BGH nicht ein.

Beweislast liegt nicht beim Versicherungsvertreter

Entgegen der Auffassung des beklagten Unternehmens trifft den Versicherungsvertreter nicht die Beweislast dafür, dass es nach Beendigung des Consultantvertrags tatsächlich zu Erhöhungen der Versicherungssumme in den jeweiligen Lebensversicherungsverträgen gekommen ist. Vielmehr muss das Unternehmen beweisen, wenn das Gegenteil eintrat. Würde nämlich ein Kunde tatsächlich von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, würde ein günstiger Umstand für das Unternehmen eintreten. Nach allgemeinen beweisrechtlichen Grundsätzen ist damit aber auch das Unternehmen in der Beweispflicht.

Ausgleichsanspruch berührt nicht Anspruch auf Dynamikprovisionen

Wichtig ist auch: Für Dynamikprovisionen trifft nicht der Ausgleichsanspruch nach Paragraph 89b Absatz 5 HGB zu, sofern nicht ein Verzicht auf diese Provisionen im Voraus vereinbart wurde. Das beklagte Unternehmen versuchte jedoch, unter Berufung auf diesen Ausgleichsanspruch den Schaden zu begrenzen – ein solcher Anspruch hätte zwar einen Ausgleich für den Versicherungsvertreter bedeutet, jedoch dessen Ansprüche zugleich auf höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen begrenzt. Bestehen aber aufgrund der Vermittlung dynamischer Lebensversicherungen auch nach Ende des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provisionen, können diese Ansprüche nicht durch den Ausgleichsanspruch ausgehebelt werden.

Ein großes "Aber" des Urteils als Pferdefuß

All diese Bedingungen sprechen nun also dafür: Dem klagenden Versicherungsvertreter stehen Provisionsansprüche für nach Beendigung des Vertrags eintretende Erhöhungen der Versicherungssumme zu. Erfolg also auf ganzer Linie für den Versicherungsvertreter sowie für seine Zunft? Nicht ganz, denn das Urteil enthält ein großes „Aber“, dass sich leicht zur Tücke für Provisionsforderungen ausweiten kann. Und zwar aus folgendem Grund:

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat einen Vortrag des beklagten Unternehmens nicht für sein Urteil in Erwägung gezogen, wonach dem beklagten Versicherungsvertreter eine Praxis des Unternehmens vertraut war. Demnach wären die Bestände ausgeschiedener Vertreter auf die unter Vertrag stehenden Consultants des Unternehmens übergegangen – und mit den Verträgen wären auch die Dynamikprovisionen an die weiterhin für das Unternehmen tätigen Vertreter übergeben worden. Der klagende Versicherungsvertreter hätte diese Praxis nicht nur gekannt, sondern auch mitgetragen. Ist dies aber der Fall und sind beide Parteien davon ausgegangen, dass bei Vertragsende kein Anspruch mehr auf Dynamikprovisionen besteht, dann würden dem Versicherungsvertreter auch keine Dynamikprovisionen nach Vertragsende zustehen.

Anzeige

Ob es sich tatsächlich so verhält, muss nun erneut das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entscheiden. Denn die Nichtberücksichtigung dieses Einwands führte zum Erfolg der Revision vor dem BGH und damit zur Zurückweisung des Urteils an das Oberlandesgericht. Der Pferdefuß dieses zunächst erfreulich erscheinenden Urteils für Versicherungsvertreter könnte nun darin bestehen, dass bei aller Deutlichkeit zu Dynamikprovisionen doch ein Tatbestand als Hintertürchen für die provisionspflichtigen Unternehmen bleibt. Denn sobald ein Unternehmen glaubhaft machen kann, in Kenntnis gängiger Praxis hätte ein ausscheidender Versicherungsvertreter dem Übergang der Provisionen an andere Vertreter zugestimmt, wird es schwer, Ansprüche auf Dynamikprovisionen einzufordern.

vorherige Seite
Seite 1/2/

Anzeige