Es ist ein Vorgang, der Versicherungsmaklern Rechtssicherheit verschafft - und klarstellt, dass sie auch zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung beraten dürfen. Auch gegen ein erfolgsabhängiges Honorar, wenn der Kunde in einen anderen Tarif des eigenen Krankenversicherers wechseln will. Hierfür ist es nicht notwendig, dass der Makler den Ausgangsvertrag selbst vermittelt hat.

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Ein entsprechendes Urteil durch das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) ist nun rechtskräftig geworden: Der Bund der Versicherten (BdV) hat demnach eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision zurückgezogen. Sowohl in erster als auch zweiter Instanz hatte der Verbraucherverband erfolglos gegen den Finanzdienstleister MLP geklagt (der Versicherungsbote berichtete).

Wichtige Frage: Dürfen Makler Honorar für Tarifwechsel-Beratung verlangen?

In einem heutigen Pressetext berichtet der BdV, dass ein weiteres BGH-Urteil Ursache für den Rückzug ist. „Da der Bundesgerichtshof in der Frage in einem anderen Verfahren den strittigen Sachverhalt abschließend entschieden hat, halten wir es nicht für sinnvoll, das Verfahren fortzuführen“, erläutert BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein, weshalb man sich nun geschlagen gibt. Kleinlein bedauert die Entscheidung, „die es Maklern in der Konsequenz erlaubt, sowohl gegen Honorar, als auch gegen Provision zu arbeiten“.

Konkret geht es um die Frage, ob Versicherungsmakler zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung nach Paragraph 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) beraten dürfen: gegen Honorar, ohne den ursprünglichen Tarif vermittelt zu haben. Laut Gesetz können privat Krankenversicherte ohne neue Gesundheitsprüfung in einen preiswerteren Tarif ihres eigenen Krankenversicherers wechseln, wenn dieser mit vergleichbaren Leistungen aufwartet. Eine Regel, die Privatversicherte vor hohen Beitragssprüngen im Alter schützen soll: Oft bieten die Krankenversicherer preiswertere Neukunden-Tarife, um gesunde Gutverdiener zu gewinnen.

Der Finanzvertrieb MLP ist als Versicherungsmakler registriert und bietet eine solche Tarifwechsel-Beratung seit 2015 gegen ein erfolgsabhängiges Honorar an. 420 Euro müssen interessierte Kunden als Servicepauschale berappen, damit die MLP-Berater einen preisgünstigeren Tarif recherchieren. Fällig wird das Honorar nur, wenn tatsächlich ein Wechsel zustande kommt. Um das Angebot zu nutzen, mussten die Interessierten zuvor keine Kunden von MLP sein: auch zu „fremden“ Versicherungsverträgen wurde beraten.

Diesen Service aber sah der BdV als rechtswidrig an und klagte auf Unterlassung. Nach Ansicht des BdV dürfen Versicherungsmakler eine Tarifwechselberatung nur als Nebenleistung zur Versicherungsvermittlung anbieten: also stark vereinfacht, wenn sie selbst den Vertrag vermittelt haben. Auch vertritt der Verband die Ansicht, Makler dürfen kein gesondertes erfolgsabhängiges Honorar mit dem Kunden vereinbaren: schließlich würden sie ja gerade dafür vergütet, langfristig die Verträge des Kunden zu verwalten.

Urteil stärkt Position des Maklers

Hier macht nun besagtes zweites Urteil dem BdV einen Strich durch die Rechnung. Quasi als Abfallprodukt legitimieren die Karlsruher Richter des Bundesgerichtshofes das Geschäftsmodell von MLP sowie anderer Makler. In dem Rechtsstreit wurde eine Kundin zur Zahlung eines vierstelligen Honorars an ihre Maklerin verpflichtet, nachdem sie sich zu einem PKV-Tarifwechsel beraten lassen hatte. Die Kundin hatte mit der Maklerin eine sogenannte Dienstleistungsvereinbarung getroffen, wollte aber das Honorar nicht zahlen (Urteil vom 28. Juni 2018, Az.: I ZR 77/17).

Ausdrücklich stellte der Bundesgerichtshof hierbei fest, dass die Maklerin ein erfolgsabhängiges Honorar verlangen dürfe. So verweigerte die Kundin das Honorar mit der Begründung, sie müsse nicht zahlen, weil ja im Grunde gar keiner neuer Versicherungsvertrag zustande gekommen sei. Das sahen die Richter anders: demnach kann eine Versicherungsvermittlung im Sinne eines Maklervertrages auch dann erfolgreich sein, wenn es nicht zu einem Neuabschluss kommt (der Versicherungsbote berichtete).

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"Die hier beworbene Tarifwechselvermittlung stellt eine dem Berufs- und Tätigkeitsbild des Versicherungsvermittlers entsprechende Leistung dar. Bei ihr steht der Versicherungsmakler im Kern vor denselben, berufstypischen Aufgaben, die auch seine Haupttätigkeit bei der Vermittlung eines Neuabschlusses kennzeichnen", heißt es zur Urteilsbegründung. Folglich ist es eine Aufgabe, die der Tätigkeit des Versicherungmaklers zugerechnet werden kann - was ein Honorar als extra Dienstleistung rechtfertige. Die Leistung sei im Sinne eines Versicherungsmaklervertrags zu vergüten.

erfolgsabhängige Tarifwechsel-Beratung keine verbotene Rechtsdienstleistung

Ein wohl wichtiger Punkt, warum der BdV nun das Handtuch wirft: Die gewitzte Kundin und ihre Anwälte hatten auch versucht, einen Verstoß der Maklerin gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nach § 134 BGB geltend zu machen. Also stark vereinfacht, dass die Vermittlerin eine Rechtsberatung vornimmt, die sie gar nicht vornehmen darf. Ähnlich hatte der BdV argumentiert, wenn er darauf beharrte, dass zu Tarifwechseln nur als Nebenleistung beraten werden dürfe. Diesen Grundsatz sahen der Verbraucherverband als verletzt an, da sie die Beratung nach § 204 VVG als hauptsächliche Rechtsberatung werteten, die den Makler verboten ist.

Anders aber entschieden die Karlsruher Richter. Auch bei der Tarifwechsel-Beratung stehe die Versicherungsvermittlung im Zentrum der Tätigkeit, so betonten sie. Und Solange die Maklerleistung die Hauptleistung ist und es sich bei der Rechtsdienstleistung, dem Inhalt und Umfang nach, um eine Nebenleistung handelt, sei die Rechtsberatung eine zulässige Annextätigkeit der Versicherungsvermittlung. Das gelte auch für eine isolierte Dienstleistung - also, wenn der Kunde den Vertrag ursprünglich auf anderem Wege abgeschlossen hat und nicht beim beratenden Makler.

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BdV fordert Honorarordnung für Makler

Der Bund der Versicherten zieht aufgrund dieses zweiten Urteils also nun sein Revisions-Begehren zurück. Und muss die Niederlage offen eingestehen. „Die Makler sind die uneingeschränkten Gewinner der neuen Regelungen“, bedauert Axel Kleinlein im Pressetext. Verlierer seien die Versicherungsberater: Das Urteil des Bundesgerichtshofs mache diesen Berufsstand so gut wie überflüssig.

„Das Urteil des Bundesgerichtshofs macht deutlich, dass die Gesetze und Regeln zur Versicherungsvermittlung unausgegoren und tendenziös sind“, so Kleinlein weiter. „Um klare Leitplanken bei Honoraren zu setzen, brauchen wir eine Honorarordnung auch im Bereich der Versicherungsvermittlung. Sonst drohen nach den Provisionsexzessen bald Honorarexzesse bei Versicherungsmaklern." Eine Honorarordnung für den Versicherungsvertrieb hatten aber auch schon Maklerpools ins Spiel gebracht - unter anderem hatte sich Michael Buth, Geschäftsführer des Leipziger Maklerpools Invers GmbH, in einem Gastbeitrag für den Versicherungsboten derart positioniert.

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