Jörg Koschate: Bausparen hat nicht nur eine Daseinsberechtigung, sondern weiter hohen Stellenwert und damit durchaus auch eine hervorragende Perspektive. Das deutsche Baufianzierungssystem baut darauf, Sicherheit zu gewährleisten. Dabei spielt der Bausparvertrag eine zentrale Rolle: als flexibles Finanzierungselement für konkrete Immobilienvorhaben, zur Absicherung der niedrigen Zinsen für zukünftige Bau- oder Modernisierungsprojekte und zum staatlich geförderten Aufbau von Eigenkapital. Dieses System hat sich millionenfach bewährt. Wohneigentum diszipliniert zum Sparen, stabilisiert die Altersvorsorge und entlastet über Sickereffekte die Mietmärkte.

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Warum sollten Vermittler auf Bauspar-Produkte setzen?

Bausparen ist und bleibt das ideale Produkt zur vielfachen Kundenansprache. Wer in den Beruf einsteigt oder noch in der Ausbildung ist, kann von einem Bausparvertrag besonders profitieren. Hier wirkt die staatliche Förderung und Form von Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmersparzulage oder Wohn-Riester besonders stark und macht einen Bausparvertrag auch unter Rendite Gesichtspunkten attraktiv. Wer in späteren Jahren über eigene vier Wände nachdenkt, kann auf das angesparte Vermögen zurückgreifen und weiß die Vorzüge eines Bauspardarlehens zu schätzen. Wer bereits vor einigen Jahren finanziert hat, möchte sich die niedrigen Zinsen langfristig sichern und wer sein Haus bereits weitgehend abbezahlt hat, möchte vielleicht in den Werterhalt oder einen barrierefreien Umbau seiner Immobilie investieren. Es sind also meist positive Anlässe, die mit einem Bausparvertrag verbunden sind. Eine gute Beraterin oder ein guter Berater weiß diese Anlässe zu nutzen und baut eine solide Kundenbeziehung auf.

Viele Vermittler stehen dem Bausparvertrag nicht unbedingt positiv gegenüber. Welche Hintergründe hat das?

Das entspricht nicht meinen Erfahrungen. Natürlich hat es in den letzten Jahren Kunden gegeben, die einen Bausparvertrag als reine Geldanlage nutzen wollten. Dies entspricht aber nicht dem eigentlichen Ziel des Bausparens. Wir haben unsere Tarife angepasst und unsere Bestände stabilisiert. Das ist nicht ohne Konflikte abgelaufen. Auch unsere Partner – ebenso wie unsere Kunden – mussten lernen, dass in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen andere Prioritäten gesetzt werden müssen und die Beratung aufwändiger wird. Hier liegen aber auch Chancen, die wir mit unseren Produkten und schlanken Prozessen gemeinsam mit den Vermittlern nutzen möchten.

Wie hat sich das Geschäft mit Bausparverträgen in den letzten fünf Jahren geändert?

Wie bereits an anderer Stelle erläutert, wird die Zinssicherung immer wichtiger und so werden Bausparverträge noch häufiger als früher direkt in eine Finanzierungslösung eingebaut. Die geschieht, um nach der ersten Zinsbindungsphase ein heute abgeschlossenes Darlehen zu den heutigen Konditionen abzulösen. Darum ist die durchschnittliche Bausparsumme auch in den letzten fünf Jahren kontinuierlich und spürbar angestiegen. Aber auch die Bildung von Eigenkapital wird zunehmend wichtiger. Die Nebenkosten bei Bau oder Erwerb einer Immobilie liegen heute bereits bei 15 bis 20 Prozent der Gesamtkosten. Ein frühzeitig abgeschlossener Bausparvertrag kann hier einen soliden Grundstock liefern, die Zinsen für das Guthaben sind dabei nicht entscheidend, wichtiger ist die Option auf dauerhaft niedrige Zinsen in der Darlehensphase.

An welchen Schrauben müsste die Branche oder sogar die Politik drehen, um Bausparen attraktiver zu machen?

Bausparen wird dann noch attraktiver, wenn die Bildung von Wohneigentum erleichtert wird. Dazu müssen Haushalte mit durchschnittlichen Einkommen beim Aufbau von Eigenkapital unterstützt werden. Denkbar ist eine Erhöhung der Fördersätze und der Einkommensgrenzen bei Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage, die Einführung direkter Zuschüsse beim Eigentumserwerb und Entlastungen bei der nachgelagerten Besteuerung der Wohnriester-Förderung. Um Familien den Weg in die eigenen vier Wände zu ebnen, haben Union und SPD sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen ja aktuell auf eine neue Bauförderung geeinigt. Das ist auf jeden Fall ein wichtiges und gutes Signal der Politik. Beschlossen ist das Baukindergeld zwar noch nicht – aber dass die Förderung kommt, scheint sicher zu sein.

Allerdings berücksichtigt das geplante Fördermodell die Dynamik des Immobilienmarktes zu wenig. Sollten Familien nämlich, dank Förderung, verstärkt ins eigene Haus drängen, würde das zwangsläufig steigende Preise nach sich ziehen. Diese Steigerung würden die positiven Effekte des Baukindergeldes möglicherweise wieder relativieren. Wir brauchen insgesamt mehr kluge staatliche Impulse für bezahlbaren Wohnraum, für wirksamen Klimaschutz im Gebäudebestand und für die solide Altersvorsorge der Bevölkerung. Die extrem niedrige Wohneigentumsquote ist ein gravierender Nachteil Deutschlands im europäischen Vergleich. Die Politik sollte das strategische Ziel verfolgen, diesen Wert auf 60 Prozent anzuheben.

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Die Fragen stellte Jenny Müller

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