Dies haben auch eine Reihe von Gerichten bekräftigt - darunter auch das Hessische Landessozialgericht (Az.: L 3 U 170/07). In einem dem Urteil zugrunde liegenden Fall war ein Mitarbeiter wegen seiner Sprachkenntnisse von einer gemeinnützigen Organisation für einen Hilfseinsatz in Russland engagiert worden – ohne dafür einen Lohn zu erhalten. Während dieser Zeit erlitt er einen Unfall, für dessen Folgen er Leistungen bei der zuständigen Berufsgenossenschaft einfordern wollte. Allerdings war er erfolglos. Die Berufsgenossenschaft wies den Leistungsanspruch des Betroffenen mit der Begründung zurück, dass zum Zeitpunkt des Unfalls kein inländisches Beschäftigungsverhältnis und somit auch kein Versicherungsschutz bestanden habe.

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Beschäftigung im Inland muss weiterhin vorliegen

Die Hilfsorganisation hatte den Betroffenen allerdings ausschließlich für das Auslandsprojekt eingestellt. Weil er zu diesem Zeitpunkt weder bei der karikativen Einrichtung beschäftigt noch eine Weiterbeschäftigung nach der Rückkehr vorgesehen war, stand sein Auslandseinsatz nicht unter der Obhut der gesetzlichen Unfallversicherung. Entscheidend für die so genannte Ausstrahlung der gesetzlichen Unfallversicherung ist also, dass das inländische Beschäftigungsverhältnis fortbesteht.

Die Tatsache, dass das Engagement des Klägers ehrenamtlich war, habe laut Gericht nichts damit zu tun, dass kein Versicherungsschutz bestand. Denn auch karikative Arbeit ist grundsätzlich unfallversichert – aber eben nur dann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat dies später in einem weiteren Urteil bekräftigt (Az.: L 3 U 167/11).Bei diesem Fall ging es um einen Tierpfleger, der vom Leipziger Zoo nach Vietnam entsandt wurde, um dort ein Jahr lang in einem Nationalpark zu arbeiten. Dort erlitt er einen solch schweren Unfall, dass Teile seines Beines amputiert werden mussten. Den Vorfall reichte der 32-Jährige bei der Unfallkasse in Deutschland als Arbeitsunfall ein. Diese verweigerte jedoch die Zahlung. Begründung: Der Tierpfleger war in Vietnam beschäftigt und hätte demzufolge keinen gesetzlichen Versicherungsschutz in Deutschland. Die zuständige Kasse in Vietnam müsse für den Unfall aufkommen. Gegen diese Entscheidung klagte das Unfallopfer.

Das LSG in Hessen, bei dem der 32-jährige Tierpfleger geklagt hatte, gab diesem und nicht der Kasse Recht. Begründung: Liegt eine Entsendung vor, gilt grundsätzlich die deutsche Sozialversicherungspflicht. Bei der Entsendung des Tierpflegers nach Vietnam hatten sämtliche Voraussetzungen für die Ausstrahlung des deutschen Sozialversicherungsrechtes bestanden.

Weisungsbefugnis und Gehaltszahlungen aus Deutschland

Auch wenn der Tierpfleger vom Zoo Leipzig für das Projekt in Vietnam freigestellt worden war und auch aus Vietnam sein Gehalt bezogen hat, steht er weiter unter dem Schutz des deutschen Absicherungssystems, so das Gericht. Denn: Der Arbeitgeber hätte den Tierpfleger selbst für den Posten ausgewählt, damit dieser die heimischen Tierpfleger in Vietnam schule. Außerdem seien die Geldzahlungen ausschließlich zum Zweck der Finanzierung der entsprechenden Stelle nach Vietnam transferiert worden. Zudem hätte der Leipziger Zoo den Tierpfleger aufgrund der Freistellungsvereinbarung den jederzeitig zurückrufen und damit stets seine Weisungsbefugnis ausüben können. Dass der im Ausland ansässige Betrieb das Entgelt ausgezahlt habe, sei aufgrund der zweckgebundenen Finanzierung der Stelle durch den Leipziger Zoo unbeachtlich. Auch die Tatsache, dass der Arbeitgeber den Hin- und Rückflug gezahlt hat und sich zur Zahlung weiterer Heimatflüge verpflichtete, seien klare Indizien für ein fortbestehendes Beschäftigungsverhältnis.

Arbeitsschutz gilt ebenfalls im Ausland

Sind Mitarbeiter im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne im Rahmen einer Dienstreise oder eines Projektes für ihren Arbeitgeber im Ausland aktiv, so ist dieser gegenüber seinen Beschäftigten grundsätzlich während des gesamten Auslandseinsatzes arbeitsschutzrechtlich in der Verantwortung und Haftung. Das bedeutet: Auslandsentsandte und Geschäftsreisende haben auch dort Anspruch auf ein Arbeitsschutzniveau, wie es in Deutschland rechtlich vorgegeben ist. Grundlage hierfür sind die staatlichen Vorschriften und die Regelwerke der gesetzlichen Unfallversicherung. Daneben sind allerdings ergänzend Arbeitsschutzvorschriften des jeweiligen Gastlandes zu beachten.

Die Europäische Union (EU) hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Richtlinien zum Arbeitsschutz erlassen. Bekannte Beispiele hierfür sind die Richtlinien zu Vibrationen, Lärm, optischer Strahlung und die Arbeitszeitrichtlinie. Die Mitgliedsstaaten haben diese in nationales Recht umgesetzt, so dass das Arbeitsschutzrecht in allen EU-Staaten vergleichbar ist. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) weist allerdings darauf hin, dass die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung auch über die Anforderungen der jeweiligen EU-Richtlinie hinausgehen können – denn diese legt nur ein Mindestniveau für die nationale Gesetzgebung fest. So kann es beispielsweise sein, dass eine Gefährdungsbeurteilung, die ein Unternehmen nach deutschen Standards erstellt hat, in einem anderen Land so nicht anerkannt wird. Unternehmen sollten sich bei Ihrem Unfallversicherungsträger oder einer staatlichen Stelle Ihres Gastlandes, dem so genannten Focal Point, beraten lassen.

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Wichtig: Sofern ein Mitarbeiter nicht im sozialversicherungsrechtlichen Sinne entsandt worden ist oder jemand aus privatem Anlass im Ausland ist, strahlt die deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) nicht auf das Aufenthaltsland aus. Somit besteht keinerlei Versicherungsschutz im Falle eines Unfalls während der Arbeitszeit. Grundsätzlich gilt ohnehin: Die gesetzliche Unfallversicherung kommt nicht für Unfälle auf, die außerhalb der Arbeitszeit passieren. Für diese beiden Fälle ist es unerlässlich, einen privaten Unfallversicherungsschutz für das Ausland abzuschließen.

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