Immer mehr Bundesbürger werden von ihrem Arbeitgeber ins Ausland gesandt – schließlich sind viele Firmen international vernetzt und der Auslands-Aufenthalt verspricht neue Kenntnisse und wertvolle Erfahrungen. Genaue statistische Erhebungen zu Expatriates gibt es zwar nicht. Die OECD hat die Gesamtzahl der Deutschen, die dauerhaft im Ausland leben und arbeiten, im Jahr 2011 auf etwa 3,4 Millionen geschätzt. Neuere Zahlen liegen hierzu nicht vor. Die meisten Deutschen leben davon in den USA (rund 1,1 Millionen), Großbritannien und der Schweiz (je 270.000).

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Berufsgenossenschaft stellte sich quer

Wie aber sieht es mit dem Unfallschutz aus, wenn man für die heimische Firma in Russland an einem Pipeline-Projekt arbeitet oder als Arzt in ein afrikanisches Land geht? Mit der Frage nach dem Auslandsschutz musste sich vor rund fünf Jahren das Hessische Landessozialgericht befassen.

Ein Tierpfleger wurde durch den Leipziger Zoo nach Vietnam gesandt, wo er in einem Nationalpark für ein Forschungsprojekt arbeiten sollte. Dabei verletzte sich der Mann derart, dass ihm ein Teil seines Fußes amputiert werden musste. Der 32jährige wollte den Unfall von seiner Berufsgenossenschaft anerkannt wissen und reichte einen entsprechenden Antrag ein.

Die Berufsgenossenschaft aber verweigerte eine Anerkennung und behauptete, die Kasse in Vietnam sei zuständig, weil der Mann im Ausland beschäftigt sei und demzufolge keinen gesetzlichen Versicherungsschutz in Deutschland habe. Erschwerend kam hinzu, dass der Mann auch seinen Lohn in Vietnam erhielt. Zudem war der Pfleger vom Leipziger Zoo vorübergehend freigestellt worden, damit er sich ganz der Ausbildung vietnamesischer Zoo-Mitarbeiter widmen konnte.

Zoo Leipzig jederzeit weisungsbefugt – Sozialversicherung bleibt erhalten

Das Landessozialgericht gab dem Geschädigten Recht. Die Begründung: Liegt eine Entsendung vor, gilt grundsätzlich die deutsche Sozialversicherungspflicht. Das galt auch in diesem Fall, obwohl der Pfleger vom Zoo vorübergehend freigestellt worden war. So hätte der Zoo Leipzig den Pfleger jederzeit zurückrufen und seine Weisungsbefugnis ausüben können. Auch hatte die Leitung des sächsischen Zoos den Pfleger extra für die Stelle ausgewählt, damit er vietnamesische Tierpfleger schulen kann. Dass der im Ausland ansässige Betrieb den Lohn ausgezahlt habe, sei aufgrund der zweckgebundenen Finanzierung der Stelle durch den Leipziger Zoo unbeachtlich gewesen (Az.: L 3 U 167/11).

Mit diesem Urteil konkretisierten die Richter, unter welchen Voraussetzungen der gesetzliche Unfallschutz auch im Ausland aufrecht erhalten bleibt. Entscheidend dafür, dass die heimische Berufsgenossenschaft einspringt, ist also das Fortbestehen des inländischen Arbeitsverhältnisses: Der Beschäftigte muss nach seiner Rückkehr wieder bei der Firma angestellt sein. In diesem Sinne genießen Mitarbeiter im arbeits- und sozialrechtlichen Sinne auch dann Schutz durch die Berufsgenossenschaft, wenn sie sich auf einer Dienstreise befinden oder im Rahmen eines Projektes für ihren Arbeitgeber ins Ausland gesendet werden. Der Arbeitgeber ist auch für den Arbeitsschutz in Haftung, wenn er Mitarbeiter ins Ausland schickt.

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Wer hingegen dauerhaft ins Ausland siedelt, muss sich um eine eigene Versicherung bemühen. Auch für Unfälle in der Freizeit springt die gesetzliche Unfallversicherung nicht ein.

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