Karl-Heinz Land von der digitalen Unternehmensberatung neuland, der sich selbst als „Digital Darwinist“ bezeichnet, formuliert es so: „70 Prozent der aktuellen „Fortune 1000“-Unternehmen werden in fünf bis zehn Jahren durch neue Player ersetzt werden, wenn Sie nicht vorher eine klare Digitalstrategie entwickeln.“ Rainer Janßen, CIO der Munich Re, vergleicht das Verhältnis der Versicherungsbranche zur Digitalisierung mit einem Mann, der aus dem 60. Stock eines Hochhauses springt und beim 30. Stock angekommen denkt: „Ist doch eigentlich alles ganz in Ordnung.“ Und der Leiter des Geschäftsbereichs Versicherungswirtschaft bei IBM Deutschland, Stefan Riedel, sagt: „Die Technik ist da, der Kunde ist da und alle warten darauf, dass die Versicherungswirtschaft das Thema aufgreift und ihren Beitrag dazu leistet.“

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Kundenorientierung ein Muss in jeder Digitalstrategie

Ganz klar im Fokus stehe vor dem Hintergrund der Digitalisierung die Kundenorientierung der Versicherer. Das macht Michael Mayr unmissverständlich klar. Die Kundenorientierung ist ein Thema, dem lange wenig Beachtung zugekommen sei und das jetzt durch die Digitalisierung nicht mehr länger ausgeklammert werden könne: „Sich neue Produkte im stillen Kämmerlein auszudenken und auf den Markt zu bringen, wird nicht mehr funktionieren“, so Mayr.


Für alle, die glauben, ihr Geschäftsmodell nicht ändern zu müssen, sei die Digitalisierung eine Bedrohung. Google sei zum Beispiel in der Lage durch seine Masse an gesammelten Kundeninformationen eine enorme Marktmacht zu entfalten. Mit seinen Vergleichsdienstleistungen scheint der Internet-Riese schon auf dem Weg in eine bestimmte Richtung. Der Eintritt in den Versicherungsmarkt könne eine mögliche Konsequenz sein. Auch Aggregatoren wie das Vergleichsportal Check24 sind vor allem auf dem Commodity-Markt eine starke Konkurrenz für den Standardvertriebsweg.

Hybride Kunden als große Chance

Für alle veränderungswilligen Unternehmen birge die Digitalisierung jedoch große Chancen in sich. Der Endkunde sei viel besser informiert als früher. 40 bis 50 Prozent seien hybride Kunden: „Diese nutzen die verschiedenen Onlinekanäle und wollen dann vom Vertriebsmitarbeiter die richtigen Antworten haben“, sagt Mayr. „Das ist auch eine Chance: Denn die hybriden Kunden sind die am stärksten wachsende Kundengruppe. Sie gehen zum Berater, um einen Extra-Service-Leistung in Anspruch zu nehmen, die sie so im Internet nicht bekommen.“

Insgesamt seien die Versicherer momentan in einer schwierigen Situation: „Sie sind mit dem operativen Geschäft stark belastet, haben mit Regulierungsauflagen wie Solvency 2 und hohem Kostendruck zu kämpfen - und dann kommt dazu noch die Digitalisierung“, sagt Mayr.

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Trotzdem sollten zumindest die elementaren Hausaufgaben schon erledigt worden sein: Kundenorientierung, ein Omni-Kanal-Management, um mit dem Kunden jederzeit konsistent kommunizieren zu können und ein funktionierendes Back-End. Die Zukunft sei jedoch, sich in den neuen Themenfeldern wie Connected Car, Smart Home oder E-Health mit innovativen Produkten zu positionieren.

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