Unerwünschte Anrufe und dabei untergeschobene Verträge stellen nach wie vor eine unzumutbare Belästigung für viele Menschen dar. Dies bestätigt eine bundesweite Befragung der Verbraucherzentralen der Länder unter Federführung Sachsen-Anhalts. Für die Untersuchung gaben 8.892 Ratsuchende detailliert Auskunft über Gesprächsinhalte und Methoden.

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Geschäftemacher geben sich als Verbraucherschützer aus

Besonders perfide: Viele unseriöse Geschäftemacher nutzen es mittlerweile bewusst aus, dass Kunden von derartigen Werbeanrufen genervt sind. „Jeweils ein Drittel der Anrufe sind neben den klassischen Gewinnspielangeboten nun Hilfeversprechen gegen Werbeanrufe, Inkassodienste oder bei Vertragskündigungen. Die Abzocker geben sich dreist als angebliche Verbraucherschützer, Datenschützer, Anwälte oder Behörden aus“, sagt Gabriele Emmrich, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. „Dabei werden Betroffenen kostenpflichtige Verträge untergejubelt oder persönliche Daten entlockt.“

Jeder achte Werbeanrufer nutzte das Vertrauen in die Verbraucherschützer aus und stellte sich als „Verbraucherzentrale“, „Verbraucherschutzverein“ oder „Verbraucherschutzstelle“ vor. Häufig schalteten sie sogar die echte Telefonnummer der jeweiligen Einrichtung im Display vor, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Die Angerufenen beschrieben die Werbeanrufe als lästig und immer aggressiver.

Rechtliche Erfolge wirken nur begrenzt

In mehreren Fällen haben der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen der Länder durch Abmahnungen oder Klagen die Verbraucherinteressen gegen unerlaubte Telefonwerbung durchgesetzt. Die Erfolge bleiben punktuell und bieten keine Garantie, dass sich Unternehmen daran halten.

So kritisiert der Dachverband der Verbraucherzentralen, dass das Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung von 2009 keinen ausreichenden Schutz gegen die Telefon-Abzocke bietet. Deshalb fordern die Verbraucherzentralen und der vzbv seit Jahren strengere Regeln. Doch obwohl tausende Verbraucher in ihrer Privatsphäre behelligt und unter Druck gesetzt werden, bleibe ein Referentenentwurf für das „Anti-Abzocke-Gesetz“ in der Schublade.

vzbv fordert strengere Gesetze gegen Telefon-Abzocke

„Die Bundesregierung muss den Gesetzentwurf schnellstmöglich ins Parlament bringen“, fordert vzbv-Vorstand Gerd Billen. „Um die Menschen endlich vor der immer aggressiveren Belästigung zu schützen, gehört eine schriftliche Bestätigung für so angebahnte Verträge ebenso ins Gesetz wie schärfere Sanktionen gegen hartnäckige Rechtsverletzer.“

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Nötig seien sogenannte Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich besonders auf solche Gesetzesverstöße konzentrieren können. Die Gewerbeordnung müsse so geschärft werden, dass auffälligen Telefonabzockern die Gewerbeerlaubnis entzogen werden kann.

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