Eine umstrittene Änderung des Melderechtsrahmengesetzes sieht vor, dass die Meldeämter zukünftig noch leichter Daten von Bundesbürgern an Adresshändler und Werbetreibende weitergeben dürfen (der Versicherungsbote berichtete). Zum „Zwecke der Werbung oder des Adresshandels“ können Firmen nahezu uneingeschränkt Melderegisterauskünfte erhalten, Datenschützer schlugen Alarm. Letztendlich distanzierte sich sogar die Bundesregierung von ihrem eigenen Gesetzentwurf und mahnte weitere parlamentarische Verfahren an. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bezeichnete das Gesetz gar als "Geschenk an die Werbewirtschaft".

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Nur kleine Nachbesserungen

Am Freitag soll das Meldegesetz im Vermittlungsausschuss des Bundesrates verhandelt werden. Doch die vorgeschlagenen Änderungen stoßen bei Datenschützern erneut auf Kritik. Zwar ist im aktuellen Gesetzentwurf vorgesehen, dass die Bürger einer Weitergabe ihrer Daten widersprechen können. Wenn es nach dem federführenden Innen- sowie dem Rechtsausschuss geht, sollen aber nicht die Meldeämter die Einwilligung in die Datenweitergabe einholen, sondern die Unternehmen. "Auf Verlangen sind der Meldebehörde entsprechende Nachweise vorzulegen", heißt es in dem Positionspapier des Bundesrates. Diese Regelung lädt zu einem Missbrauch förmlich ein: Entsprechende Einwilligungen verstecken die Adresshändler oft im Kleingedruckten, zum Beispiel wenn jemand im Internet eine Ware bestellt oder ein Abo abschließt. Die Verbraucher hätten kaum eine Chance, die Weitergabe ihrer Daten zu überwachen.

Das Bündnis "Meine Daten sind keine Ware" fordert die Ministerpräsidenten deshalb auf, im Bundesrat für eine Schärfung des Melderechts zu sorgen. Die Länder müssten sich dafür einsetzen, dass Einwilligungen in die Datenweitergabe von betroffenen Bürgern nur gegenüber der Meldebehörde erteilt und widerrufen werden können, erklärt das Bündnis am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die von den zuständigen Ausschüssen des Bundesrates vorgeschlagenen Änderungen könnten einen wirksamen Schutz von Meldedaten dagegen nicht gewährleisten. Sie sehen vor, dass die Einwilligungen in die Datenpreisgabe durch die anfragenden Unternehmen eingeholt werden sollen und der Meldebehörde lediglich "auf Verlangen" vorgelegt werden müssen. Das Bündnis wird getragen vom Kampagnennetzwerk Campact, dem Verbraucherzentrale Bundesverband, dem Datenschutz- und Bürgerrechtsverein FoeBuD und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz.

Keine wirksame Überwachung des Datenschutzes möglich

"Grundsätzlich muss gelten, dass jegliche Melderegisterauskünfte ohne rechtliches Interesse nur mit Einwilligung des Betroffenen erteilt werden dürfen", fordert Gerd Billen vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Eine wirksame Durchsetzung dieses Prinzips ist nur möglich, wenn Einwilligungen direkt beim Meldeamt erklärt werden müssen."

"Unternehmen zu erlauben, die Einwilligung für die Meldedatenabfrage bei den Betroffenen einzuholen, würde den Datenschutz bei den Meldeämtern ins Chaos stürzen", kritisiert auch Sönke Hilbrans von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz. "Die Meldeämter wären nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit der Einwilligungserklärungen wirksam zu prüfen."

"Adressen, die zu rechtlichen Zwecken beim Meldeamt abgefragt wurden, dürfen danach keinesfalls in einen kommerziellen Adressenpool kopiert werden. Wir fordern eine strenge Zweckbindung, die dieser Vorratsdatenspeicherung von Adressen endlich einen Riegel vorschiebt", sagt Rena Tangens vom FoeBuD.

"Beim Datenschutz darf es keine Kompromisse geben. Deshalb brauchen wir ein strenges Meldegesetz, das den Schutz der Meldedaten tatsächlich gewährleistet", fordert Susanne Jacoby von Campact. Eine Liste der Forderungen mit Begründungen können Interessierte hier herunterladen.

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Den Online-Appell der Kampagne haben inzwischen mehr als 196.000 Menschen unterzeichnet. Die Organisationen haben die Ministerpräsidenten eingeladen, die Unterschriften vor Beginn der Bundesratssitzung am 21.9.2012 entgegen zu nehmen. Mehr Informationen zur Kampagne: www.campact.de/melderecht

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