„Wenn es um Anlageentscheidungen geht, erhalten die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher bislang nicht das beste Angebot. Dies spielt aber eine Rolle, wenn wir private Investitionen zur Finanzierung der EU-Wirtschaft insgesamt mobilisieren möchten“, mit diesen Worten verdeutlichte Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für Wirtschaft, welche Ziele die EU-Kommission mit der Kleinanleger-Strategie verfolgt. Um diese Ziele zu erreichen, würde die „die Messlatte für sachkundige, unvoreingenommene und unkomplizierte Beratung für Anlageprodukte noch höher [gelegt]“, so Dombrovskis weiter. Anleger sollen mit ihrem Geld die beste Rendite erzielen können, so der EU-Kommissar.

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Kommissarin Mairead McGuinness, zuständig für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion sieht in dem Entwurf den „ehrgeizigsten Legislativvorschlag seit Einführung der EU-Finanzregulierung.“ Die Kommission wolle die Bürger der EU ermutigen, ihr Geld für sich arbeiten zu lassen, indem sie einen Teil ihrer Ersparnisse investieren.

Bereits im Vorfeld waren die Kommissionspläne kritisiert worden. So forderte Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dass die Unterschiede zwischen versicherungsbasierten Anlageprodukten und anderen Anlageprodukten stärker berücksichtigt werden sollten. „Die Vorschläge haben das Potenzial, die Produktauswahl und den Zugang zu qualitativ hochwertiger Beratung einzuschränken“, so der Verband nach Abschluss der Konsultationsfrist im vergangenen Jahr (Versicherungsbote berichtete).

Weitere Unsicherheiten bestehen bezüglich eines Provisionsverbots. So verstehen insbesondere die Vermittlerverbände Bundesverband für Finanzdienstleistungen AfW und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) den vorliegenden Entwurf unterschiedlich.

Das Paket im Einzelnen

Die Ziele und die Maßnahmen, die zum Erreichen beitragen sollen, fasst die Kommission so zusammen:

  • Verbesserung der Art und Weise, wie Kleinanlegern Informationen über Anlageprodukte und -dienstleistungen bereitgestellt werden, sodass sie aussagekräftigere und standardisierte Informationen erhalten, indem die Offenlegungsvorschriften an das digitale Zeitalter und die wachsende Präferenz der Anleger für nachhaltige Investitionen angepasst werden;
  • mehr Transparenz und bessere Vergleichbarkeit der Kosten, indem ein Standardformat und eine einheitliche Terminologie verwendet werden müssen. Dies wird gewährleisten, dass Anlageprodukte den Kleinanlegern ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis bieten;
  • Gewährleistung, dass alle Kleinanleger mindestens einmal jährlich einen klaren Überblick über die Anlageentwicklung ihres Portfolios erhalten;
  • Bewältigung potenzieller Interessenkonflikte beim Vertrieb von Anlageprodukten, indem Anreize für reine Verkäufe (d. h. ohne Beratung) verboten werden, und Gewährleistung, dass die Finanzberatung mit den Interessen der Kleinanleger im Einklang steht. Auch in Bereichen, in denen Anreize zulässig sind, werden strengere Schutzvorkehrungen eingeführt und die Transparenz erhöht;
  • Schutz der Kleinanleger vor irreführenden Marketingpraktiken, indem sichergestellt wird, dass Finanzintermediäre (d. h. Berater) in vollem Umfang für die Nutzung (und den Missbrauch) ihrer Marketing-Mitteilungen verantwortlich sind, auch wenn diese über soziale Medien oder über Prominente oder andere Dritte, die dafür eine Vergütung oder Anreize erhalten, verbreitet werden;
  • Wahrung hoher Standards hinsichtlich der beruflichen Qualifikation von Finanzberatern;
  • Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher, damit diese bessere finanzielle Entscheidungen treffen können, indem die Mitgliedstaaten ermutigt werden, nationale Maßnahmen umzusetzen, um die Finanzkompetenz der Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem Alter und ihrem sozialen und Bildungsstand zu fördern;
  • Abbau des Verwaltungsaufwands und Verbesserung der Zugänglichkeit von Produkten und Dienstleistungen für erfahrene Kleinanleger, indem die Kriterien für die Anerkennung als professioneller Anleger verhältnismäßiger gestaltet werden;
  • Verbesserung der aufsichtlichen Zusammenarbeit, damit die zuständigen nationalen Behörden und die Europäischen Aufsichtsbehörden leichter sicherstellen können, dass die Vorschriften in der gesamten EU ordnungsgemäß, wirksam und einheitlich angewandt werden, und um gemeinsam Betrug und Fehlverhalten zu bekämpfen.

Das vorgelegte Paket besteht aus einer Änderungsrichtlinie, mit der die bestehenden Vorschriften der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II), der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD), der Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) und der Richtlinie über die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) überarbeitet werden, sowie aus einer Änderungsverordnung, mit der die Verordnung über Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP) überarbeitet wird.

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Video: EU-Kommissare zur Kleinanleger-Strategie

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