Versicherungsbote: Gerade ältere Kunden verbinden mit dem Klischee des Versicherungsvermittlers noch Herrn Kaiser aus der Hamburg-Mannheimer-Werbung. Stellen Sie sich vor, Sie müssten einen Werbeclip mit einem „modernen“ Versicherungsvermittler in der Hauptrolle drehen. Was würden wir sehen?

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Robert Peukert: Wir würden in einen intellektuellen Menschen-Versteher sehen, welcher vom Kleidungsstil Casual schick oder Casual modern trägt. Er hat immer seine Technik dabei. Sprich: sein Laptop, sein Mikrofon und seine Kamera. Er empfängt seine Kunden in seinem eigenen Büro oder online oder je nach Situation. Das Büro ist kein klassisches Büro mit weißen Tischen, weißen Wänden, Versicherungs-Werbung, sondern eher ein Cafe. Es ist sehr warm und modern. Dazu kommuniziert er auf sämtlichen Kanälen mit seinen Kunden: per Telefon, E-Mail, WhatsApp, Social Media… Doch sein Arbeitsalltag besteht nicht nur aus Beratungen, sondern er produziert täglich ein Video und Content, um an seinen Sichtbarkeit zu arbeiten.

„Wir sind super - nur keiner weiß es, nicht einmal wir“ ist Ihr meistgelesener Text in diesem Jahr. Das klingt ja so, als müsste die Vermittlerbranche selbst auf die Psycho-Couch. Was würden Sie ihr als Therapeut denn sagen, um ihr zu mehr Selbstbewusstsein zu verhelfen?

Wir müssen uns unserer selbst einfach mehr bewusst werden! Das steckt schon in dem Wort ‚Selbstbewusstsein‘. Die Frage ist, wie geht das? Eine Methode ist: Wir schreiben einfach täglich unsere drei Erfolge auf. Wo haben wir heute einen Erfolg gefeiert und welche Fähigkeiten haben wir eingesetzt, um diesen Erfolg zu generieren? Mit dieser Methode machen wir uns unsere guten Ergebnisse erst bewusst. Und ich mache das ganz genauso. Das zweite ist: Wir müssen uns unseren Stärken und Schwächen bewusst sein. Eine Stärke ist dort, wo wir tolle Ergebnisse mit ganz geringen Energieeinsatz produzieren. Schwächen sind dort, wo wir viel Energie brauchen und nur geringe Ergebnisse produzieren. Das heißt, wenn wir uns auf unsere Stärken konzentrieren, unsere Stärken stärken und und das in der Gruppe bewusst wird, uns einzeln, aber auch der Branche, dann werden wir als Gruppe ein größeres Selbstbewusstsein erreichen.

Wenn wir unsere Stärken und Schwächen erkannt haben, dann müssen wir sie uns auch anerkennen. Also emotional akzeptieren, das ist wichtig, um einfach auch zu erkennen: Wer sind wir selbst, wo wollen wir hin? Auch als Branche müssen wir erkennen, was läuft gut, was läuft nicht gut? Als dritten Punkt möchte ich ein Steffen Ritter-Zitat anfügen: ‚Wir müssen uns unserem Berufsbild, unserer volkswirtschaftlichen Bedeutung vielmehr bewusst werden und das auch herausstellen.‘

Das kann zum Beispiel sein, indem wir einfach wöchentlich oder monatlich einen Erfolgs-Post absetzen, in dem wir erklären, was wir Gutes gemacht haben. Das kann ein erledigter Schadensfall oder eine aufgedeckte Versorgungslücke sein. Oder jedes andere tolle Kunden-Erlebnis in der Beratung. Wenn wir das sichtbar werden lassen, werden wir robuster und nicht mehr so zerbrechlich sein. Mit ‚robuster‘ meine ich, dass wir uns auf das konzentrieren, was gut läuft und nicht auf das Wenige, was schlecht läuft.

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Kennt vielleicht jeder von sich selbst: Am Tagesende beschäftigen uns die Kleinigkeiten, die nicht so gut gelaufen sind. Alles andere ist vergessen. Wir müssen also eine differenzierte Wahrnehmung einnehmen, um alles im Blick zu haben. Wenn wir das alles beachten, geht es steil nach oben.

In zehn Jahren werden 50 Prozent der Vermittler in Rente sein

Aus Umfragen wissen wir, dass viele Kunden mit ihrem individuellen Vermittler sehr zufrieden sind - aber der Vermittlerschaft insgesamt wenig Vertrauen entgegen bringen. Fast 70 Prozent bewerten ihren eigenen Betreuer mit „sehr gut“ oder „ausgezeichnet“. Wie wirksam können denn einzelne Makler überhaupt gegen den schlechten Ruf der Branche angehen? Viele beraten ja offenbar mit hoher Qualität - und sorgen für die Zufriedenheit der Kunden. Wo erhoffen Sie sich von der Branche vielleicht auch mehr Selbstkritik beziehungsweise wo schießen sich Vermittler oder gar die komplette Versicherungswirtschaft selbst ins Knie?

Jede gute Tat hilft unserer Branche, damit sie sich verbessert. Und: nichts bleibt ungesehen. Das nächste, was wir tun können, ist, unsere Mitstreiter zu loben. Dazu gibt es auch ein Kapitel in meinem Buch. Wenn wir mehr miteinander statt gegeneinander arbeiten, würden wir uns als Gruppe viel besser darstellen.

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Die Frage ist, warum passiert es häufig, dass wir andere schlecht machen? Das machen wir dann, wenn wir uns selbst größer und damit den anderen kleiner machen wollen. Das nennt man übrigens die sogenannte Überlegenheits-Illusionen, und das macht man nur dann, wenn man selbst nicht groß genug ist. Wenn wir persönlich mehr wachsen, dann wird so etwas nicht mehr stattfinden. Weil es dann niemand mehr nötig hat, andere schlecht zu machen. Schließlich brauchen wir noch Transparenz auf allen Ebenen: in den Vertragsbedingungen, bei den Vertragskosten, auch in den Abläufen. Versicherer sollten ihre Abläufe den Kunden transparenter darstellen, damit dort wieder mehr Vertrauen reinkommt. Aber das alles ist leider kein Sprint, sondern ein Marathon.

Sie haben mit „Was ein Finanzdienstleister heute wissen muss“ eine Art Ratgeber geschrieben, mit dem Sie auch gegen das Damoklesschwert des schlechten Rufes anschreiben. Der Untertitel: „Warum die besten Jahre liegen noch vor uns liegen“. Können Sie kurz erklären, was Sie so optimistisch macht? Die Abgesänge auf die Branche sind ja zahlreich.

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Prinzipiell bin ich ein Lebens-Optimist. Das zuerst. Zweitens: Die Produkte werden besser, sie werden transparent, sie werden günstiger. Das heißt, auch da sehe ich sehr positiv in die Zukunft. Das dritte ist: die neue Art der Vermittler sind in meiner Welt lernwilliger, qualifizierter und werte-orientierter. Der dritte Punkt, der mich optimistisch stimmt: In zehn Jahren werden 50 Prozent der Vermittler in Rente sein, das heißt, es bleiben nur noch 50 Prozent übrig. Wir haben also keinen Verdrängungsmarkt mehr, der uns in dazu bringt, gegeneinander zu arbeiten, sondern einen Wachstumsmarkt. Frei werdende Marktanteile müssen wieder besetzt werden.
Und viertens die Technik: Sie wird uns unterstützen, sie wird uns schneller, effizienter, effektiver arbeiten lassen. Natürlich nur dann, wenn wir die Technik als Freund, als Unterstützer empfangen, und nicht als Gegner. Und wenn ich jetzt alles zusammen zähle, denke ich, haben wir eine ganz tolle Zukunft vor uns.

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