Die EU-Kommission prüft aktuell ein Provisionsverbot für bestimmte Altersvorsorge-Produkte, ähnlich wie dies bereits in Großbritannien oder den Niederlanden existiert. Das hat EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness in einem Brief an den CSU-Abgeordneten Markus Ferber bestätigt. Die seit 2018 geltende Finanzmarkt-Richtlinie MiFID II habe entgegen der verfolgten Absichten „nicht zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis geführt“, begründete die Irin den Vorstoß. Bereits in der ursprünglichen MiFID-Novelle von 2011 war ein solches Verbot angedacht.

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Nun positionieren sich Gegner und Befürworter eines Provisionsverbotes auch in Deutschland. Die Verbraucherzentralen drängen ebenfalls bereits seit mehreren Jahren darauf, ein solches durchzusetzen. Nicht ganz ohne Eigeninteresse: Sie selbst bieten eine kostenpflichtige Finanzberatung an. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung schaltet sich nun die einflussreiche Verbraucherschützerin Dorothea Mohn in die Debatte ein. Und was sie zu Protokoll gibt, wird vielen Vermittlerinnen und Vermittlern nicht gefallen.

“Überangebot von Finanzvermittlern und Bankberatern“

Konkret geht es um die Frage, ob speziell einkommensschwache Bevölkerungs-Gruppen durch ein Provisionsverbot von der Finanzberatung ausgeschlossen werden. So haben etwa Studien der britischen Finanzaufsicht gezeigt, dass Menschen mit niedrigen Einkommen nach dem Verbot sich tendenziell seltener zu Finanzen beraten lassen. Der Grund: eine Finanzberatung ist teuer und kann schnell -je nach Aufwand- mehrere tausend Euro kosten. Im Provisionssystem werden diese Kosten über die Vertragslaufzeit auf die Beiträge aufgeschlagen: auch wenn die Anbieter einen Großteil zu Beginn der Vertragslaufzeit berechnen. So werden speziell die hohen Abschlusskosten immer wieder beklagt.

Vor dieser Beratungslücke hatte auch CSU-Finanzexperte Ferber in seinem Brief an die EU-Kommissarin gewarnt. Viele Kleinanleger würden im Falle eines Provisionsverbotes darauf verzichten, einen externen Berater zu beauftragen. Laut FAZ antwortete McGuiness, es gebe andere preiswerte Möglichkeiten, etwa über Roboter. „Privatanleger zu automatisierter Beratung im Internet zu treiben ist für mich kein Beitrag zu mehr Verbraucherschutz“, sagte Ferber der Zeitung.

Ähnlich wie McGuinness äußert sich nun auch Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Die Leute bekommen oft nicht die Beratung, die sie brauchen, denn es geht den Banken und Finanzvermittlern zumeist darum, Produkte zu verkaufen, ob die nun passen oder nicht - und häufig sind diese schlicht zu teuer“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Das hätten Studien auf Basis von Testkäufen wiederholt gezeigt. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern würde damit auch die Chance genommen, Vermögen für das Alter aufzubauen.

Doch damit nicht genug. Die These eines möglichen Beratungs-Engpasses zweifelt Mohn grundsätzlich an. Sie sieht sogar ein Überangebot. „Deutschland hat tendenziell zu viele Finanzvermittler und Bankberater. Es ist nicht Aufgabe von Kleinsparern, dieses Überangebot zu subventionieren“, wird sie von der SZ zitiert. Also eine notwendige Marktbereinigung? Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), ein Interessenverband der Vermittlerbranche, warnte, rund 200.000 Versicherungsvermittler könnten infolge eines Provisionsverbotes vom Markt verschwinden.

Branche mit Nachwuchs-Problemen

Im Oktober 2022 waren in Deutschland genau 192.457 Versicherungsvermittler registriert sowie 39.344 Finanzanlagenvermittler nach §34f, wobei viele 34f-Vermittler zugleich als Versicherungsmakler agieren. Bankberater in den Filialen der Kreditinstitute sind hierbei noch gar nicht mit eingerechnet. Hierbei muss aber bedacht werden, dass viele Vermittler ihre Kundinnen und Kunden in Versicherungs- und Vermögensfragen dauerhaft betreuen und auch zahlreiche Service-Leistungen erbringen, sodass ihre Funktion nicht allein auf den Neuabschluss von Verträgen beschränkt werden kann. Darüber hinaus plagen die Branche Nachwuchs-Sorgen: viele Vermittler werden zeitnah in den Ruhestand wechseln. Die Zahl der Vermittler sinkt seit Jahren.

Zudem stellt sich die Frage, ob nicht auch für die Honorarberatung strengere Regeln gelten müssten, um eine hohe Qualität zu sichern. Wiederholt hatten Vermittlerverbände beklagt, dass für die „reine“ Honorarberatung -im Gegensatz zu Abschluss gegen Provision- keine Stornohaftung gilt. Der Kunde bzw. die Kundin hat folglich auch dann schlechte Chancen, sich das Beratungshonorar zurückzuholen, wenn der Berater einen schlechten und unpassenden Vertrag empfiehlt - und dieser kurz nach Vertragsabschluss wieder abgestoßen wird. Altersvorsorge-Vertrag und Honorar-Vertrag sind zwei unabhängige Verträge.

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Die Beratung durch die Verbraucherzentralen kritisierte wiederum das Ratinghaus KPMG anlässlich einer Studie scharf. Die mit öffentlichen Mitteln geförderten Einrichtungen müssten gegenüber keiner Erlaubnisbehörde ihre Eignung nachweisen, keine Berufshaftpflichtversicherung abschließen und auch nicht die im Wesentlichen in § 61 VVG geregelten Beratungs- und Dokumentationspflichten erfüllen. Diese Pflichten gelten aber für Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler: auch, um die Qualität der Beratung zu sichern.

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