Autofahrer müssen sich in Deutschland auf steigende Prämien in der Kfz-Versicherung einstellen. Zu dieser Einschätzung kommen laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) die Vergleichsportale Check24 und Verivox, beide als Versicherungsmakler registriert. Dabei klaffen die Erwartungen jedoch auseinander. Während Check24 zumindest im Neugeschäft zunächst sinkende Prämien erwartet, geht Verivox davon aus, dass sich auch hier die Prämien verteuern werden.

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“Die Preisentwicklungen bei der Kfz-Versicherung sind derzeit schwer absehbar“, zitiert die Agentur Michael Roloff, Geschäftsführer für Kfz-Versicherungen bei Check24. Aktuell sei das Preisniveau im Vergleich zum Vorjahr nahezu stabil. „In den nächsten Wochen erwarten wir fallende Neukundenpreise“. Doch für Bestandskunden sollen sich die Tarife um über zehn Prozent im Schnitt verteuern.

Diese Einschätzung teilt Verivox nicht. Das Portal erwartet deutlich steigende Preise auch für Neukunden. „Große Versicherer hatten bereits einen Anstieg der Kfz-Versicherungsprämien angekündigt, unser Kfz-Versicherungsindex bestätigt diesen Trend“, sagte Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH, gegenüber dpa. Im mittleren Vollkasko-Preissegment müsse durchschnittlich fünf Prozent mehr als im Vorjahr gezahlt werden, zwei Prozent für die Teilkasko und für eine Kfz-Haftpflicht ohne Kaskoschutz immer noch ein Prozent. Zu beachten ist, dass der Marktführer HUK-Coburg bei keinem der Portale gelistet ist. Er verfolgt traditionell eine Geschäftspolitik, wonach -auch- mit dem günstigen Preis um Kunden geworben wird.

Nicht allein Rekord-Inflation Ursache

Die Gründe für höhere Preise sind vielfältig. Auch die Kfz-Versicherer leiden unter den Folgen der Inflation, wonach sich die Kosten für Reparaturen und Dienstleistungen enorm verteuern. Zudem wirken sich Störungen der Lieferketten nach wie vor auf die Preise aus, etwa infolge der strengen Lockdown-Restriktionen in China. Von dort kommen noch immer viele gefertigte Teile.

Druck kommt auch von den Aufsichtsbehörden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in der laufenden Woche die Versicherer aufgefordert, die Prämien an die Inflation anzupassen und entsprechend anzuheben, um ausreichend Finanzkraft zu haben. Die Aufsichtsbehörde rechnet mit einer länger anhaltenden Inflation. "Aus Sicht der Aufsicht wäre es nicht akzeptabel, darauf zu wetten, dass sich die hohen Inflationsraten normalisieren, und in der Zwischenzeit bestehende Puffer in den Reserven restlos aufzubrauchen“, sagte Frank Grund, Chef der deutschen Versicherungsaufsicht.

Zudem führen Großschäden und Inflation dazu, dass viele Rückversicherer ihre Prämien anheben. Auch die Kfz-Versicherer sichern sich bei Rückversicherern ab: zum Beispiel, um bei Großschäden wie der Flut im Ahrtal nicht von den Kosten überfordert zu sein. "Sowohl Erst- als auch Rückversicherer sind mit einem deutlichen Anstieg der Inflationsraten konfrontiert, der sich zusammen mit anhaltend hohen Belastungen aus Großschäden negativ auf die Profitabilität der gesamten Branche auswirkt", sagte hierzu Michael Pickel, Vorstandsvorsitzender der Hannover-Re-Konzerntochter E+S Rück, letzte Woche bei einem Branchentreffen. Entsprechend seien höhere Prämien unvermeidlich.

Preise für Autoersatzteile verteuern sich seit Jahren rasant

Doch die Preise für Autoersatzteile explodieren seit Jahren, auch unabhängig von der Inflation, so beklagt die Versicherungsbranche. „Zwischen August 2021 und August 2022 haben die Autohersteller die Preise im Schnitt um fast acht Prozent erhöht“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Dies verteuere auch die Reparaturkosten der Kfz-Versicherer nach Unfällen. „Die Kosten für Pkw-Ersatzteile steigen rasant und unabhängig von der allgemeinen Preisentwicklung: Während der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 um 22 Prozent nach oben ging, erhöhten Autohersteller ihre Ersatzteilpreise durchschnittlich um mehr als 55 Prozent. Kofferraumklappen wurden seit 2013 fast 73 Prozent, Rückleuchten sogar 79 Prozent teurer“, berichtet Asmussen.

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Ein Grund für die explodierenden Kosten bei Ersatzteilen sei, dass Autohersteller ein Quasi-Monopol für sichtbare Ersatzteile hätten: und so verhindern können, dass preiswertere Wettbewerber auf dem Markt in Konkurrenz treten. Das erlaube ihnen, die Preise für Ersatzteile eigener Modelle nahezu nach Belieben zu diktieren. Aber auch der technische Fortschritt trägt zu höheren Preisen bei. So würden besonders elektronische Assistenzsysteme die Kosten für Reparaturen treiben. Geht ein Spiegel zu Bruch, müssen zum Beispiel auch Kameras und Sensoren getauscht sowie neu eingestellt werden.

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