Die Aufsichtsbehörde BaFin hat die Versicherer aufgefordert, sich auf eine längerfristig höhere Inflation einzustellen und die Versicherungsprämien entsprechend anzupassen. Mit anderen Worten: Die Beiträge sollen angehoben werden. „Die Bundesbank erwartet auch im kommenden Jahr eher eine Sieben vorm Komma als eine Sechs. Und das heißt ganz klar: Versicherer müssen sich auf längerfristig höhere Inflationsraten einstellen. Daran führt kein Weg vorbei“, schreibt Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht bei der BaFin, in einem Kommentar anlässlich der aktuellen Jahreskonferenz Versicherungsaufsicht.

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Der Blick auf verschiedene Versicherungszweige zeige deutlich, dass die Versicherer einen hohen Kostendruck verspüren, argumentiert Grund. Als Ursache nennt der Jurist die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und die pandemiebedingt immer noch gestörten Lieferketten.

Nicht nur gestiegene Reparaturkosten - auch höhere Rückstellungen vonnöten

In der Schaden- und Unfallversicherung werde man „deutliche Auswirkungen“ der Inflation schon bei den Jahresabschlüssen 2022 sehen, schreibt Grund auf Basis von BaFin-Zahlen. Die Schadenaufwendungen steigen signifikant, „insbesondere dort, wo Reparaturleistungen anfallen oder Neuwertersatz vereinbart ist“. Das erfordere auch höhere versicherungstechnische Rückstellungen in den betroffenen Zweigen. Der Chefaufseher mahnt: „Bei der Reservierung der Schäden nach den Vorgaben des Handelsgesetzbuchs gilt ein klarer Grundsatz: Die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen ist sicherzustellen“.

Hier sei auf die Funktion der BaFin hingewiesen, auch über die Finanzstabilität der einzelnen Anbieter zu wachen. Bereits in diesem Jahr müssten die Rückstellungen eventuell erhöht werden, fordert der BaFin-Aufseher. „Aus Sicht der Aufsicht wäre es nicht akzeptabel, darauf zu wetten, dass sich die hohen Inflationsraten normalisieren, und in der Zwischenzeit bestehende Puffer in den Reserven restlos aufzubrauchen“, schreibt Grund. Auch die Schadenrückstellungen nach Solvency II müssten angepasst werden, falls Versicherer die Auswirkungen der Inflation zu niedrig geschätzt haben. "In der Regel wird das der Fall sein", schätzt der Chefaufseher den Status Quo bei den deutschen Anbietern.

"Höhere Beiträge unvermeidlich"

Für Kundinnen und Kunden von Versicherungen bedeuten die mahnenden Worte nichts Gutes: Das Plädoyer der BaFin erhöht den Druck, auch die Prämien für den Versicherungsschutz anzuheben. "Natürlich müssen die Versicherer die Schadenentwicklung auch im Hinblick auf künftige Schadenerwartungen bei ihrer Tarifierung berücksichtigen. Es ist daher im Grunde unvermeidlich, dass die gestiegene Inflation im Jahr 2023 höhere Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung nach sich zieht", schreibt Grund. Das gelte sowohl für das Neugeschäft als auch für den Bestand.

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Immerhin hat der BaFin-Aufseher auch eine positive Nachricht: in der privaten Krankenversicherung sei aktuell noch kein Trend zu unverhältnismäßigen Teuerungen zu erkennen. „Bei den Krankenversicherern sieht die Lage etwas anders aus. Hier sehen wir zurzeit noch keine besondere medizinische Inflation. Das kann sich aber schnell ändern, nämlich dann, wenn die steigenden Kosten der Leistungserbringer und die höheren Produktionskosten für Sachmittel, Medikamente etc. zu höheren Aufwendungen führen“, heißt es in dem Kommentar. Entsprechende Beitragsanpassungen seien mit Zeitverzögerungen wahrscheinlich. Diesbezüglich hatte bereits der PKV-Verband verkündet, dass die Prämien zum Jahreswechsel moderat steigen werden: Erwartet wird im Krankenvollgeschäft ein durchschnittliches Plus von drei Prozent.

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