Im April sorgte ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) für Aufsehen: Demnach können Vertragsänderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einfach einseitig angepasst werden. Gerade viele Banken hatten von der sogenannten Erklärungsfiktion Gebrauch gemacht: und das Stillschweigen des Kunden als Zustimmung gewertet, wenn sie etwa Gebühren anhoben. Oft wurden die Vertragsänderungen einfach per Aushang bekannt gegeben.

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So geht es nicht, monierte Deutschlands oberstes Zivilgericht: Es gelte der Grundsatz „Schweigen ist keine Zustimmung“. Die Banken müssen das aktive Einverständnis ihrer Kundschaft einholen, wenn sie weitreichende Eingriffe in den Vertrag vornehmen. Das ruft nun auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf den Plan. Die Behörde ermahnt die Banken, das Urteil schnell umzusetzen und die Kunden darüber zu informieren. Sollten die Institute dem nicht nachkommen, droht die Behörde mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen.

Urteil betreffe „Grundlage aller Vertragsbeziehungen“

Am 26.10. hat die BaFin eine Aufsichtsmitteilung veröffentlicht, adressiert an die Kreditwirtschaft. Darin hebt die Behörde noch einmal die Bedeutung des BGH-Urteils hervor. Die Unwirksamkeit erstrecke sich nicht allein auf Änderungen, die das Entgelt betreffen: sondern auch „auf andere, auf dieser Grundlage vorgenommenen Vertragsänderungen“. Damit sei auch die Grundlage aller Vertragsbeziehungen betroffen.

Die BaFin fordert nun die Geldhäuser auf, das BGH-Urteil schnell und fair umzusetzen. Kunden seien „umfassend, klar und verständlich zu informieren“, schreibt die Behörde. Auch sollen zu Unrecht erhobene Gebühren erstattet werden - und dafür entsprechende Rücklagen gebildet.

Der Vorstoß der BaFin kommt nicht von ungefähr: Die Behörde berichtet von einer „beträchtlichen Anzahl von Beschwerden“, die sich auf den Sachverhalt beziehen. Und beobachtet eine große Unsicherheit unter den Verbrauchern. Zwar hätten einige Institute bereits persönliche Anschreiben an ihre Kunden versandt und mit angemessener Frist um Zustimmung zu den neuen Vertragsgrundlagen gebeten. Das sei zu begrüßen. Aber weil eine Vielzahl an Vertragsänderungen betroffen sei, müssten die Betroffenen ausreichend Zeit eingeräumt bekommen, um ihre Ansprüche zu prüfen.

Kündigungs-Drohungen der Banken

Zudem berichtet die BaFin indirekt, dass die Banken ihre Kunden unter Druck setzen, die aktuellen Gebühren-Bedingungen zu akzeptieren oder gar auf frühere Ansprüche zu verzichten. "Wenn den Änderungen nicht zugestimmt wird, dann wird mehr oder minder deutlich fast immer mit der Kündigung gedroht“, berichtete im Sommer bereits die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegenüber dem SWR „Marktcheck“. Auch bei den Verbraucherzentralen gehen demnach viele Beschwerden ein. Ärgerlich auch deshalb, weil die Banken tatsächlich ohne Angaben von Gründen Zahldienste-Verträge kündigen dürfen, wie Marktcheck berichtet.

Ein weiteres Ärgernis: Laut SWR versuchen einige Banken, Rückzahlungs-Forderungen von Kunden auszugleichen, indem sie fortan deutlich höhere Gebühren für Kontoführung und andere Dienste verlangen. Zu diesen Vorwürfen appelliert die BaFin recht sperrig: „Insbesondere sind Kontosperrungen oder eine Sperrung des Zugangs zum Online-Banking zur Erlangung der Zustimmung bzw. Freischaltung des Zugangs nur bei Zustimmung zu den Vertragsänderungen nicht Ausdruck eines fairen Umgangs.“ Die Zustimmung sollte nicht unter Druck erreicht werden.

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“Erstattungsverlangen der Kundinnen und Kunden sollten zeitnah umfassend geprüft und zu Unrecht erhobene Gebühren und Entgelte umgehend erstattet werden“, schreibt nun die Finanzaufsicht. Auch seien den Kunden „auf Anforderung alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, aus denen sich umfassend die in der Vergangenheit vorgenommenen sie betreffenden Änderungen ergeben. Dies betrifft insbesondere die Einführung bzw. Erhöhung von Gebühren und Entgelten mit den jeweiligen konkreten Stichtagen“, fordert die BaFin.

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