Der Sommer 2020 brachte auch neue Grundfähigkeits-Tarife auf den Markt. Mit R+V, Württembergische und Basler starteten gleich drei Anbieter innerhalb von drei Monaten mit neuen Produkten. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sich die vergleichsweise junge Produktklasse am Markt etabliert hat.

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Diese Beobachtung teilt auch Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg: „Wenn es um Sicherung der Arbeitskraft geht, sind Grundfähigkeitsversicherungen zu einem wichtigen Baustein geworden.“ Doch an einem grundlegenden Problem hat sich wenig geändert: Leistungsauslöser und deren Definitionen unterscheiden sich bisweilen extrem.

Den verschiedenen Leistungsauslösern stellt das Anlaysehaus deshalb einen eigens entwickelten einheitlichen Katalog der relevanten Grundfähigkeiten gegenüber. Dort werden alle Leistungsdefinitionen der Versicherer fachlich eingeordnet – unabhängig davon, wie der jeweilige Versicherer die Fähigkeit bezeichnet, so Franke und Bornberg. Dieser Katalog wurde nun für das neue Grundfähigkeiten-Rating 2021 erweitert. Wichtigste Neuerung ist eine weitere Differenzierung der Fähigkeit „Hände gebrauchen“. Statt zwei Varianten sind es nun drei. Bei der Grundfähigkeit „Heben und Tragen" unterscheidet Franke und Bornberg jetzt, ob dafür ein Arm oder beide Arme benutzt werden müssen. Und für die Grundfähigkeit „Knien und Bücken" spielt eine Rolle, ob zur Beurteilung der Fähigkeit ein Knie oder beide Knie den Boden berühren müssen. „Auf den ersten Blick wirken unsere Änderungen vielleicht detailverliebt. Für Versicherte aber kann eine Nuance im Wortlaut über alles oder nichts entscheiden“, erläutert Michael Franke.

Der neue Grundfähigkeiten-Katalog von Franke und Bornberg umfasst nun folgende 14 Grundfähigkeiten:

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  • „Gehen“
  • „Stehen“
  • „Knien oder Bücken“
  • „Autofahren“
  • „Sprechen“
  • „Hören“
  • „Heben und Tragen“
  • „Arme bewegen“
  • „Hände gebrauchen (Feinmotorik)“
  • „Hände gebrauchen (greifen / Kraft aufwenden)"
  • „Hände gebrauchen (Beweglichkeit)“
  • „Sehen“
  • „Geistige Leistungsfähigkeit“
  • „Sitzen“
  • „Treppen steigen“

„Durch den von uns geschaffenen neuen Standard konnten Vermittler und Verbraucher sicher sein, dass Produkte mit Top-Rating die 14 wesentlichen Grundfähigkeiten enthalten“, so Franke. Auch zukünftig unterteilt Franke und Bornberg das Rating in die Kategorien „Grundfähigkeit“ und „Grundfähigkeit Plus“, da sich die Tarife durch Zusatzbausteine erheblich verändern können und im Ergebnis mit den Grundtarifen dann nicht mehr vergleichbar sind. Tarife werden der Kategorie Grundfähigkeit Plus zugeordnet, wenn zusätzliche Leistungsauslöser, wie schwere Krankheiten, enthalten sind.

Erleichterter Zielgruppenverkauf und Kritik an Produktentwicklern

Eine weitere Tendenz, die die Analysten von Franke und Bornberg im Markt beobachten konnten, ist, dass versicherte Grundfähigkeiten berufsspezifischer werden. Beispiele liefern versicherte Fähigkeiten wie:

  • LKW-/ Busfahren (z. B. Transportwesen)
  • Benutzung von Atemschutzgerät (z. B. Handwerk und Feuerwehr)
  • Riechen und Schmecken (z. B. Gastronomie und Lebensmittelhandel) oder
  • Ziehen und Schieben (z. B. pflegende Berufe)

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Damit würde der Zielgruppenverkauf erleichtert, so das Analysehaus. Doch Franke und Bornberg übte teilweise auch Kritik an den Produktentwicklungen der Anbieter. So schreiben die Hannoveraner, dass vertrieblich motivierte ‚Marketing-Grundfähigkeiten‘ außen vor bleiben würden, wenn sie keinen Mehrwert bieten. Marketingfachleute und Produktentwickler von Grundfähigkeitsversicherungen würden auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen Produkte gestalten, die Geschichten erzählen und Bilder auslösen. Im Editorial zum neuen Grundfähigkeiten-Rating wird bei den situationsbezogenen Fähigkeiten, die zunehmend in die Bedingungswerke Einzug halten, beispielsweise auf die Fähigkeit zur „Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs“ abgestellt. Oder darauf, dass ein Versicherer auch die Fähigkeit, ein Mobiltelefon zu bedienen, zur Grundfähigkeit erhoben hat.

Nun könnte man einwenden, dass eine Person, die nicht mehr in Bus oder Straßenbahn fahren kann, wohl bereits bei Leistungsauslösern wie Sitzen oder Gehen eingeschränkt ist und deshalb der zusätzliche Auslöser ‚ÖPNV-Nutzung‘ überflüssig sei. Doch diese Auffassung greift möglicherweise zu kurz. So gibt Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer des Instituts für Finanz-Markt-Analyse (infinma), in seinem aktuellen Newsletter zu bedenken, dass dieser Leistungspunkt gerade für Menschen, die an Angststörungen wie Agoraphobie leiden, wichtig sein kann. Sein Fazit lautet deshalb: „Für den Kunden ist ein Mehr an versicherten Leistungsauslösern ebenso positiv zu sehen wie viele konkrete Beispiele.“ Die Frage sei letztendlich: Wie teuer bezahlt der Kunde vermeintlich zusätzlich versicherte Grundfähigkeiten.

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