Die Corona-Krise hat der Branche gezeigt, wie schnell und entwicklungsfähig sie sein kann. 4.000 Mitarbeiter von einer Woche auf die nächste in Home-Office zu schicken und trotzdem den Kunden guten Service liefern zu können, ist nicht einfach umzusetzen. Diese Flexibilität im eigenen Unternehmen hat auch Horst Nussbaumer unterschätzt. Der COO der Zurich in Deutschland sieht eine noch fehlende Unternehmenskultur, die solche Entwicklungen in Zukunft auch von selbst entstehen lassen kann. Entsprechende Veränderungen dürften aber nicht beim einzelnen Mitarbeiter Halt machen, sondern müssten sich bis in die oberste Führungsetage durchziehen.

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Auf die Begriffe Hype und Substanz angesprochen, erklärt Nussbaumer, dass der Hype die traditionelle Sichtweise stets außen vor lasse. Doch gerade das Vertrauen vom Kunden zum Versicherer sei die wichtigste Währung jeder Versicherung. Auch die Digitalisierung habe nichts Grundsätzliches am Geschäftsmodell verändert. Allerdings befinde sich aktuell auch die Zurich, wie die gesamte Branche, in einem Spannungsfeld von technologischer Entwicklung und Tradition.

So ist die Idee einer außerhalb der Kernorganisation gelagerten Einheit - einem “Lab” - entstanden. Diese Einheit sei gespickt mit Kollegen aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie Marketing oder KFZ, um neue Lösungen zu entwickeln und alte Muster abzulösen. Wie beim Design-Thinking-Ansatz üblich, stehe dabei stets der Blickwinkel des Kunden im Mittelpunkt. Welche Versicherungen sind wichtig? Was erwarten Kunden von einer Versicherung? Fragen wie diese würden aus Kundensicht angegangen werden.

Es dürfe innerhalb des Unternehmens jedoch nicht der Eindruck entstehen, diese Kreativabteilungen seien besser, als die traditionell ausgerichtete Kernorganisation, sagt Nussbaumer. Eine Polarisierung unter den Mitarbeitern gelte es zu vermeiden, denn das wichtigste Asset eines Versicherers stellen nach wie vor die eigenen Mitarbeiter dar. Wenn ein Großteil der Belegschaft nicht in den Prozess eingebunden sei, bliebe Potenzial liegen. Stattdessen sollen sich die beiden Einheiten ergänzen und addieren.

Dennoch würde er ein solches “Lab” heute anders aufstellen, erklärt Nussbaumer: Man würde klar die Botschaft an die Mitarbeiter senden, dass diese externe Einheit nur temporär existiert und sie nicht über Jahre als Parallelbetrieb laufen lassen. Zudem müssten die zwei Weltbilder, die im Unternehmen unweigerlich aufeinander stoßen - Tradition und Innovation - moderiert werden. Trotz dieser Probleme seien entsprechende Weiterentwicklungen aber unausweichlich für einen zeitgemäßen Versicherer und mithilfe dieser in “Labs” entstehenden Produkte auch von konkretem Mehrwert. Auch, wenn es nur wenige Ideen in die Praxis schaffen, sei der Prozess der Ideen-Integration bereits von großem Wert für das Unternehmen.

Über den Podcast:

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Seit April 2020 veröffentlicht Jonas Piela regelmäßig Gespräche zur digitalen Transformation mit Vorständen und Managern der Versicherungswirtschaft. Sein Ziel ist, dass seine Zuhörer einem lockeren Gespräch unter Gleichgesinnten lauschen und so Ideen und Anregungen für die eigene Arbeit mitnehmen. Zu finden ist der Podcast unter anderem bei Google, Apple und Spotify sowie unter https://pielaco.com/podcast.

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