Wer zuletzt kommt, dem ist viel Aufmerksamkeit gewiss. Dieser Satz gilt zumindest für den Entwurf zum Wahlprogramm der Unions-Parteien. Doch Moment! Ein ‚richtiger Programmentwurf‘ für die Bundestagswahl sei nicht in den Papieren zu sehen, beeilte sich die CDU mitzuteilen. Seit Montag sickern immer wieder Informationströpfchen aus den Parteizentralen von CDU und CSU an die Öffentlichkeit. Doch die offizielle Vorstellung des Programms, mit dem die Union in die Zeit nach Kanzlerin Merkel ziehen will, ist erst für kommenden Montag vorgesehen. Dann werden CDU und CSU als letzte der im Bundestag vertretenen Parteien ein Wahlprogramm vorstellen. Bis dahin will man bei der Union lieber von ‚Ideensammlung‘ reden. Welche der Ideen und Vorschläge es dann letztlich in das offizielle Programm schaffen, wird sich erst kommende Woche zeigen.

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Eines der drängendsten Themen dürfte eine umfassende Rentenreform sein. Geht es so weiter wie bisher, verschlingt der Zuschuss zur Rentenkasse bald die Hälfte des Bundesetats und legt damit - welcher Regierung auch immer - schwere Fußfesseln an. Das weiß man auch bei CDU/CSU. Eine umfassende Rentenreform kündigte Armin Laschet bereits an. Auch, dass er eine längere Lebensarbeitszeit für notwendig hält, ließ der Spitzenkandidat der Union durchblicken. Davon ist im ‚Ideen-Papier‘ keine Rede mehr. Den Unions-Plänen (ausführliche Zusammenfassung auf procontra-online.de) zufolge, soll auf mehr Flexibilität beim Renteneintritt gesetzt werden. Wer eher in Rente geht, soll höhere Abschläge hinnehmen. Geht ein Arbeitnehmer hingegen länger arbeiten als er müsste, würde es einen Zuschlag geben.

Die Rentenversicherungspflicht soll den Plänen zufolge auch für Minijobber gelten, deren Verdienstgrenzen aber ansteigen soll. Ausnahmeregelungen, die die Rentenversicherungspflicht einschränken, sollen dann nur noch für Rentner und Schüler gelten.

Selbstständige, die keine eigene Altersvorsorge vorweisen können, sollen ebenfalls pflichtversichert werden. Welche Vorsorgeformen in Frage kommen, damit Selbstständige nicht in die Rentenkasse einzahlen müssen, lässt das Papier allerdings offen.

Fokus auf betrieblicher Vorsorge

Einen besonderen Fokus scheint die Union auf die Stärkung der betrieblichen Vorsorge setzen zu wollen. So sieht der Entwurf laut procontra vor, den Maximalbetrag für vermögenswirksame Leistungen von heute 40,- Euro schrittweise auf 100,- Euro zu erhöhen.
Arbeitgeber, die Geringverdiener beschäftigen, sollen zudem verpflichtet werden, eine bAV abzuschließen.

Potenzial, ein richtiger ‚Aufreger‘ zu werden, bietet allerdings das vorgesehene ‚Standardvorsorgeprodukt mit und ohne Garantien‘. Denn das soll auch ohne Abschluss- und Verwaltungskosten daher kommen.
Das erinnert sehr an eine Forderung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der einflussreiche Verband sprach sich für eine Neuausrichtung der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge aus und schrieb: „Im Zuge einer Reform lässt sich auch über ein einfaches, digital vertriebenes und kostengünstiges Standardprodukt reden. Die Rahmenbedingungen müssen so ein Produkt aber auch ermöglichen“, schrieb der Verband anlässlich des 20. Geburtstags der Riester-Rente. Beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sorgte das für harsche Kritik. Der GDV stelle die Beratungsleistung der Vermittler zur Disposition. Zudem könne ein digitales Standardprodukt „die individuelle Kundenlage nur sehr grob und schemenhaft erfassen“, so BVK-Präsident Michael Heinz. Auch der Votum-Verband bezog in der Vergangenheit deutlich Stellung gegen ein Standardprodukt (Versicherungsbote berichtete).

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Votum-Chef Martin Klein und sein Kollege Filip Schlosser zählten, wie auch Dr. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) und Makler Claus Marcus Götte (Hamburger Assekuranzclub), zu einer Runde, die das Ideen-Papier aus Unionskreisen diskutierte. Der Alsterspree-Verlag lud dazu nach Hamburg. Was die Experten von den Vorschlägen halten, zeigt das Video:

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