Wie ich oben bereits beschrieben habe, muss man kontrollieren, dass die versicherten Staaten die Versicherung nicht manipulieren. In etwa so: Der Lockdown wird so lange wie möglich nicht erklärt, um die wirtschaftlichen Schäden zu minimieren – Geld aus der Versicherung kommt netterweise dazu. Die Bevölkerung bleibt dabei aber auf der Strecke.

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Gibt es Erfahrungen aus der Praxis, wie Rechtssicherheit für Rückversicherer gewährleistet werden kann gegenüber Staaten als „Kunden“? Und welche Möglichkeiten haben die Staaten, bei unklarer Rechtslage ihre Interessen einzufordern (zum Beispiel bei verweigerter Leistung)?

Wir haben das Design nicht genau von der rechtlichen Seite studiert. Die verwendeten Methoden sollen alle vertraglich fixiert werden. Die Kontrolle über Tests könnte zum Beispiel seitens der Vereinigten Nationen erfolgen. Bei Nichteinhalten der Bedingungen gibt es auch kein Geld. Für die Versicherer ist es „business as usual“ und keine „Wohltätigkeit“. Das ist einer der Vorteile, da die Staaten ganz klar mit Unternehmen und nicht mit Wohltätigkeitsfonds zu tun haben werden.

Über die Erfahrungen in der Praxis weiß ich leider nichts. Die Hoffnung ist, dass die Praktiker auf die Publikation von unserem Modell reagieren. Eine Diskussion hier ist mehr als erwünscht. 


Wäre demnach aus ihrer Sicht ein Produkt wie die parametrische Epidemie-Versicherung auch für private Endkunden geeignet – als Angebot durch Erstversicherer? Oder ist es nur als Rückversicherungsprodukt für Staaten denkbar?

Man könnte sich natürlich vorstellen, dass auch Privatkunden interessiert wären. Die Versicherung müsste genauso funktionieren wie für die Staaten. Die Epidemie-Stärke könnte in diesem Fall z.B. durch die täglichen Todesraten, durch Ausrufen des Notstandes oder wieder durch Infektionsraten gemessen werden. Bei einer privaten Versicherung wäre aber das Verhalten des Staates nicht von Bedeutung. Die Leute, die sich eine derartige Versicherung leisten können, sind aber nicht die primär betroffenen. Deshalb sprechen wir auch von der sozialen Rückversicherung, um die am meisten gefährdeten Bevölkerungsschichten zu schützen. 


Vielleicht ein Ausblick: Was denken Sie, wie wird die Krise die Versicherungs- und Produktlandschaft verändern? Könnten zum Beispiel neue Kalkulationsmodelle wie das Versichern von Parametern vermehrt die „klassische“ Schadenkalkulation ersetzen?

Die Tendenz geht ein bisschen in diese Richtung. Allerdings kann man sich bei der Berechnung des erwarteten Schadens, welcher als Parameter-Auszahlung vertraglich fixiert wird, stark verrechnen und auf den Kosten sitzen bleiben. Außerdem spielen natürlich auch die Extremschäden eine Rolle. Diese sind extrem selten, doch wenn sie passieren, kann eine Versicherung auch pleite gehen. Denken Sie etwa an den 11. September. Also werden die klassischen Versicherungen nicht verschwinden.

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Die Fragen stellte Sven Wenig

Hinweis: Der Text erschien zuerst im Versicherungsbote Fachmagazin

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