Wie bereits erwähnt, sind die Staaten zunächst die Versicherten. Die Nutznießer sind die Bürger. Diese (Rück)-Versicherung ist eher für die armen Länder gedacht – solche Länder sind oft nicht in der Lage, einen ausreichenden sozialen Schutz in Zeiten einer Epidemie zu bieten. Die Gesundheitssysteme in solchen Ländern sind für gewöhnlich sehr schwach. Also wären die Maßnahmen wie zum Beispiel ein Lockdown lebensnotwendig. Doch auf der anderen Seite würden Leute dabei verhungern. Schon jetzt warnt Oxfam (Internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation), dass bis zum Ende des Jahres 2020 mehr Menschen an Hunger in Folge von COVID-19 sterben könnten als an dem Virus selbst.

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Die Epidemie-Versicherung würde die soziale Versicherung eines Staates unterstützen. Durch sofortige Auszahlungen könnte man zum Beispiel Lebensmittel verteilen. Durch mehrere aufgeteilte Zahlungen würden die Regierungen der betroffenen Länder animiert, schneller härtere Maßnahmen zu ergreifen. In Italien zum Beispiel hat man am 31. Januar 2020 den Notstand ausgerufen – was aber nicht verhindern konnte, dass sich die Sterblichkeit im März enorm erhöht hat. Die Maßnahmen der Regierung waren nicht ganz wie erhofft.

Und welchen Gewinn hätte im Gegenzug die Versicherungswirtschaft bei Übernahme bestimmter Risiken einer Volkswirtschaft? Aus welchem Grund wäre eine solche Versicherung auch für die Rückversicherer ein „gutes Geschäft“?

Für die (Rück)-Versicherer wären es ganz normale Verträge, wo die Prämien „nach allen Regeln der Kunst“ berechnet werden. Man könnte sich Modifikationen dieser Versicherung vorstellen wie etwa: Beim Kauf jeder Versicherung (KfZ etc.) zahlt der Verbraucher einen sehr kleinen Prozentsatz in die Katastrophenkasse des Landes. Für dieses Geld wird dann eine soziale Rückversicherung abgeschlossen. Es entsteht eine neue Branche für die Rückversicherer.

Bei Ihrem Modell einer Epidemie-Versicherung versichern Rückversicherer Staaten. Wie „rechnet“ sich dies? Sie haben am Beispiel Italiens Ihr Modell durchgerechnet. Wie hoch wären Prämien, die ein Staat wie Italien für die Epidemie-Versicherung zahlen müsste? Und wie hoch wären zu zahlende Summen bei Eintritt der Parameter, die das Risiko realistisch abbilden?

Das Beispiel Italien war ein Toy-Example, also eine stark vereinfachte Rechnung. Die Pandemie ist noch nicht zu Ende. Aber wir konnten relativ leicht auf italienische Daten zugreifen: deshalb haben wir Italien gewählt. Wir haben zwei Tranchen vorgeschlagen, wobei die erste Zahlung an alle Haushalte ging (auch an wohlhabende Haushalte wie Berlusconi, was natürlich nicht viel Sinn macht). Die zweite Zahlung ging aber nur an Haushalte mit Einkommen kleiner als eine bestimmte Grenze.

Hier müssen einige Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, die das Pricing so schwer machen. Zum einen braucht man die Wahrscheinlichkeit für eine Epidemie in dem zu versichernden Land. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Erwartungswert-Kurve dieses Landes die Soll-Kurve schneidet, unumgänglich. Wenn ein derartiger Vertrag abgeschlossen wird, müssen natürlich Immunologen, Virologen etc. als Experten mitwirken. Da das Beispiel nur die technischen Details demonstriert und nicht auf die Frage antwortet, wie genau die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten auszurechnen sind, möchte ich mit konkreten Zahlen keine Verwirrung stiften.


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Für die armen Länder werden aber Kosten für einen Lebensmittelkorb oder den Minimallohn wesentlich geringer sein, wodurch sich die Prämie verringert. Trotzdem wäre eine solche Prämie sehr hoch. Deshalb könnte sie von Spenden unter Miteinbeziehung von World Bank, Vereinigten Nationen etc. bezahlt werden. Prävention rettet in diesem Fall buchstäblich Leben. Post-Desaster-Spenden könnten zu spät kommen.

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