Dennoch gibt es auch Urteile, die zeigen, dass eine Klage gegen den Versicherer lohnen kann. Denn in anderen Tarifen sind die Klauseln weniger eindeutig formuliert. Das zeigt ein vielbeachtetes Urteil des Landgerichtes München, in dem sich der Gastwirt des Augustiner Kellers in der bayrischen Landeshauptstadt durchsetzen konnte. Die Versicherung muss ihm knapp 1 Mio. Euro Entschädigung zahlen (Az. 12 O 5895/20).

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Mehrdeutigkeiten gehen zulasten des Versicherers

Auch in diesem Rechtsstreit hatte der Versicherer unter anderem argumentiert, er müsse für das Corona-Virus nicht zahlen, denn es werde nicht explizit im Vertrag genannt. Doch mit dieser Argumentation hatte der Versicherer keinen Erfolg: Die Klausel war nach Ansicht der 12. Zivilkammer, auf Versicherungsrecht spezialisiert, missverständlich. Zwar enthielten die Vertragsklauseln ebenfalls eine Aufzählung versicherter Krankheiten - doch die Allgemeinen Vertragsbedingungen verwiesen recht vage auf Paragraf 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), das eine lange Liste von meldepflichtigen Krankheiten enthält.

Hierbei gilt es zu bedenken, dass Mehrdeutigkeiten in Geschäftsbedingungen – gemäß Paragraph 305c Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) – zulasten des Verwenders und damit des Versicherers gewertet werden. Das Gericht monierte an dieser Stelle, dass sich die konkreten Bedingungen des Versicherers nicht auf die komplette Liste der im IfSG genannten, versicherten Krankheiten erstreckten. Der Versicherungsnehmer müsse so davon ausgehen, dass der Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend sei und sich mit dem IfSG decke.

„Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsste der Versicherungsnehmer letztlich die Auflistung in § 1 Ziffer 2 AVB Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des IfSG vergleichen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar ist, die aber dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht bekannt ist, ist intransparent“, führte das LG München aus.

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Die Erfolgsaussichten von Gastronomen hängen folglich von der konkreten Vertragsgestaltung des jeweiligen Tarifs ab. Rechtskräftig ist das Münchener Urteil noch nicht: Der betroffene Versicherer -die Versicherungskammer Bayern- hat angekündigt, notfalls über alle Instanzen zu streiten.

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