Das jährliche Zusammentreffen auf Schloss Bensberg wurde in diesem Jahr erstmalig für Online zugeschaltete Teilnehmer geöffnet. Nicht nur zuhören, sondern auch aktiv teilnehmen und mitdiskutieren waren ausdrücklich erwünscht. Mit Hilfe von Live-Streams, Video-Konferenz- und Chat-Lösungen gelang es, den Teilnehmern eine zeitgemäße Austauschplattform zu bieten und die modernen Kommunikationskanäle bestmöglich zu nutzen. Die Synthese aus Offline- und Online-Kommunikation sorgte für rundum gelungene Veranstaltung.

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Wie jedes Jahr war auch die FinPro 2020 durch vielseitige Fachvorträge geprägt und förderte den Austausch zwischen institutionellen Investoren und Asset Managern. Neben einem Marktumfeld, das weiterhin von Niedrigzinsen und herausfordernden regulatorischen Rahmenbedingungen geprägt ist, stand der Diskurs in diesem Jahr vor allem im Lichte der COVID-19-Pandemie, die besonders volatile Kapitalmarktverhältnisse induziert.

Den fachlichen Dialog eröffnete Dr. Torsten Utecht, CFO der Zurich Gruppe Deutschland, mit einem Lagebericht für die Lebensversicherungswirtschaft im Spannungsfeld von Niedrigzinsen und regulatorischen Herausforderungen. Mit Einblicken in die eigenen Konzernzahlen berichtete Dr. Utrecht über eine grundsätzlich solide aufgestellte Branche, skizzierte aber auch einen Blick nach vorne: Insbesondere vor dem Hintergrund des Solvency II-Reviews und keinem Ausblick auf steigende Zinsen, seien die Solvenzquoten der Branche zwar bislang stabil, könnten aber durchaus sinken. Die strategische Asset Allocation könne auf die aktuellen Herausforderungen reagieren, so Utecht, indem bspw. Durationen erhöht, Illiquiditätsprämien generiert und Staatstitel neu gemischt würden. Insgesamt empfehle sich der Blick auf Alternative Investments.

Ein Themenschwerpunkt war auch in diesem Jahr der Bereich Nachhaltigkeit: Ganz gleich ob Einordnung und Umsetzung von ESG Kriterien und -Frameworks, Risiko-Rendite-Implikationen oder besonders prägende Performance-Faktoren – das Spektrum der Themenfelder war breit, durchzog die gesamte Fachtagung und war mit Nichten auf das bloße Investieren begrenzt. Denn zeitgemäße Nachhaltigkeitspolitik bezieht schließlich alle Wertschöpfungsstufen ein. Hierdurch wird eine zunehmende Relevanz von ESG-Reporting und -Controlling induziert, das mehr und mehr auch vom Regulator gefordert wird; Stichwort: EU-Aktionsplan.

Daneben lag ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt auf Investitionen in Immobilien. Sowohl verschiedene Branchen als auch unterschiedliche Länder und soziografische Unterschiede wurden chancenorientiert betrachtet; ein Vortrag widmete sich explizit dem deutschen Wohnimmobilien-Markt. Insbesondere die Auswirkungen der Corona Pandemie wirken sich hier nachhaltig auf Immobilieninvestments aus, denn Homeoffice und Digitalisierung mischen auch die Karten auf dem Immobilienmarkt neu. Hinzu kommen grundsätzliche Disparitäten zwischen Stadt und Land. Schlussfolgerungen der Experten wurden in neue Strategien gegossen, die bspw. neuartige Wohnkonzepte oder vermutete Attraktivitätsgewinne von Wohnimmobilien auf dem Land gegenüber der Stadt berücksichtigen. Eine weitere Hypothese stellte Logistikimmobilien als Gewinner der Pandemie sind dar.

Zuletzt kam die Tagesordnung ebenso nicht um einen Diskurs von Factor Investing, Overlay-Strategien und besonders attraktive Fixed-Income-Regionen aus, die zwar zum „kleinen Einmaleins“ der Kapitalanlage gehören, aber im Detail jedes Jahr aufs Neue von taktischen und strategischen Anpassungsmomenten berührt werden.

Zusammenfassend boten 18 Fachvorträge vertiefte Einblicke in wohlbekannte, aber auch neue Fokusthemen für institutionelle Investoren. Die Schwerpunkte waren eng verzahnt und ergaben erneut einen breit gefächerten Themenmix zu den drängenden Fragen im Asset Management.

Zuletzt stand auch ein neues Format zu Beginn des zweiten Tages auf der Agenda: Im Morning Pitch der FinPro2020 erhielt ein junges Start-up die Chance, Möglichkeiten der Kreditrisikoanalyse und Ratingprognosen mit Hilfe Künstlicher Intelligenz zu präsentieren – und alle Beteiligten so über innovative Tools im Asset Management zu informieren.

Beide Tage schlossen mit unterschiedlichen aber für sich aufschlussreichen Keynotes. So berichtete Jean-Claude Juncker am Abend des ersten Tages über Europas Rolle in einer zukunftsorientierten Welt. Er führte in Geschichten und Anekdoten aus, was mögliche Handlungsspielräume und Strategien der Europäischen Union in Zusammenarbeit mit Russland, China, den USA und Großbritannien sein könnten; es wurde über Europa im internationalen Geflecht und über das europäische Verständnis diskutiert - ein bekennender Europäer warb im Großen und Ganzen für Verständnis in europäischen Angelegenheiten.

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Den inhaltlichen Abschluss der 7. FinPro 2020 verkörperte Prof. Dr. Michael Meyer-Hermann, Leiter der Abteilung System-Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. In seinem Vortrag zum Spannungsfeld von Gesundheit und Wirtschaft hat er dargelegt wie ein vernünftiger Umgang mit der COVID-19-Pandemie gelingen kann. Interessante Studien über verschiedene Einflussfaktoren und Länderspezifika im Kontext von COVID-19 und tiefgreifende Modellberechnungen aus der Infektiologie standen hierzu im Mittelpunkt des Referats und stießen auf großes Interesse. Meyer-Hermann stellte Berechnungen vor, die beispielsweise einen anzustrebenden R-Wert, unter dem eine weitere Öffnung wirtschaftlicher Aktivitäten möglich ist, thematisieren und sorgte so für fachfremde Impulse, die gleichwohl maßgeblichen Einfluss auf ökonomische Entscheidungen haben. Mit einem doch eher optimistischen Ausblick und der Vereinbarkeit von Gesundheit und Wirtschaft schloss die 7. FinPro 2020 am Nachmittag des 3. Septembers.

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