Notlagentarif: Beitragsschulden wachsen, aber langsam(er)

Der Notlagentarif wurde 2013 mit dem „Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“ eingeführt. Er soll privat Krankenversicherten helfen, die ihre Beiträge nicht mehr bedienen können und mit Zahlungen im Verzug sind (der Versicherungsbote berichtete).

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Konkret schreibt das Gesetz Folgendes vor: In dem Tarif landen zwangsweise all jene, die in Beitragsrückstand geraten und diesen Rückstand nach zweimaliger Mahnung des Versicherers nicht innerhalb einer Frist begleichen können. Der oder die Versicherte hat dann nur in sehr geringem Umfang Anspruch auf Leistungen – nämlich bei akuten Erkrankungen und Schmerzen sowie auf die erforderlichen Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Zugleich aber sinkt auch die Beitragsschuld des Versicherten auf etwa 100-125 Euro im Monat. Dadurch verlangsamt sich der weitere Anstieg der Beitragsschulden, der Schuldenberg kann später schneller abgetragen werden. Insgesamt 102.200 Personen waren Ende 2018 in diesem Tarif für die finanzielle Notlage versichert (der Versicherungsbote berichtete).

Neun Anbieter mauern bei den Daten

Nun hat eine aktuelle Auswertung von Zahlen durch die Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) ergeben, bei welchen PKV-Anbietern besonders viele Versicherte in 2018 vom „Notlagentarif“ betroffen waren, wie aktuell das „Versicherungsjournal“ berichtet. Zahlen beruhen auf eigenen Angaben der Anbieter gegenüber der ZfV – jedoch lieferten nur 22 Krankenvollversicherer überhaupt die erbetenen Daten. Das muss berücksichtigt werden – intransparente PKV-Versicherer fehlen in der Liste. Warum die Anbieter die Daten nicht liefern wollten (und ob die Anbieter vielleicht eine hohe Zahl an Notlagentarif-Versicherten verbergen wollten), kann leider nicht beurteilt werden.

Laut Versicherungsjournal liegen von folgenden Versicherern keine Daten vor: Ottonova Krankenversicherung AG, Arag Krankenversicherungs-AG, Axa Krankenversicherung AG, Bayerische Beamtenkrankenkasse AG, Continentale Krankenversicherung a.G., Gothaer Krankenversicherung AG, Hansemerkur Krankenversicherung AG, Landeskrankenhilfe V.V.a.G. (LKH), UKV – Union Krankenversicherung AG.

Absolute Zahlen: Mehr Aussagekraft über Versicherer-Größe als über Ausmaß der Betroffenheit

Welche PKV-Anbieter aber beklagen die meisten Versicherten im Notlagentarif? Zunächst sollen die bloßen Zahlen nach Höhe gegenübergestellt werden. Zu beachten ist jedoch: Absolute Zahlen führen schnell in die Irre, bedenkt man für den Vergleich nicht die Größe eines Anbieters und die Zahl der Vollversicherten.

Dass nämlich große Versicherer mit vielen Vollversicherten auch mehr Versicherte im Notlagentarif aufweisen können, sollte bewusst sein. Erst das Verhältnis beider Zahlen – der Zahl der Notlagentarife zur Zahl der Vollversicherten – sichert folglich eine gewisse Aussagekraft über das Ausmaß der Betroffenheit bei einem Anbieter.

Zunächst die zehn PKV-Anbieter mit den meisten im Notlagentarif versicherten Personen in 2018 (gelistet nach absoluten Zahlen der im Notlagentarif versicherten Personen):

  • DKV: 10.992 Versicherte im Notlagentarif
  • Signal Iduna: 7.881 Versicherte im Notlagentarif
  • Allianz: 7.762 Versicherte im Notlagentarif
  • Debeka: 6.809 Versicherte im Notlagentarif
  • Central: 6.751 Versicherte im Notlagentarif
  • Hallesche: 2.889 Versicherte im Notlagentarif
  • Barmenia: 2.473 Versicherte im Notlagentarif
  • Huk-Coburg: 2.215 Versicherte im Notlagentarif
  • Universa: 1.715 Versicherte im Notlagentarif
  • Inter: 1.587 Versicherte im Notlagentarif

Die PKV-Anbieter mit den ungünstigsten Zahlen: Wo die Not am größten ist

Erst eine zweite Auflistung jedoch leistet eine Einordnung, ob Versicherte besonders häufig bei einem Anbieter betroffen sind – diese zweite Auflistung nennt die Versicherer mit den höchsten und niedrigsten Anteilen, stellt man die Betroffenen der Zahl der Vollversicherten je Anbieter gegenüber. Hierzu werden die Notlagentarif-Versicherten je 1.000 Vollversicherte bestimmt. Anschaulich wird: Jene drei PKV-Versicherer, die das ungünstigste Verhältnis von Betroffenen gegenüber der Zahl der Vollversicherten aufweisen, tauchen in der Liste nach absoluten Zahlen gar nicht auf!

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Folgende Krankenversicherer weisen einen besonders hohen Anteil an Versicherten im Notlagentarif auf (die Zahl bezeichnet die Notlagentarif-Versicherten je 1.000 Vollversicherte):

  • Mecklenburgische 51,8 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Württembergische 33,9 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Nürnberger 29,5 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • DEVK 22,5 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Central 21,5 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • R+V 20,7 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte

Die Besten der Branche: Die Versicherer mit verhältnismäßig wenigen Betroffenen

Andererseits zeigt sich auch bei Versicherern mit besonders guten Werten, dass die absolute Zahl der Versicherten im Notlagentarif oft mehr über die Größe eines Versicherers als über das Maß der Betroffenheit aussagt. Erst relative Zahlen für ein Unternehmen gewinnen demnach an Aussagekraft. Das wird am Marktführer, der Debeka, besonders deutlich.

Denn zunächst würde ein Vergleich nach absoluten Zahlen die Debeka durch 6.809 Notlagentarif-Versicherte doch eher negativ im Gesamtfeld auffallen lassen. Gemessen jedoch an den 2.397.740 Vollversicherten in 2018 ist diese Zahl auffallend klein. So verwundert es nicht, dass die Debeka sogar das anteilig beste Verhältnis aller PKV-Anbieter aufweist, stellt man die Versicherten im Notlagentarif der Zahl der Vollversicherten gegenüber – durch anteilig wenige Betroffene erweist sich der Marktführer hier als Branchenprimus mit dem besten Ergebniss aus Sicht der Versicherten.

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Folgende Versicherer weisen besonders niedrige Anteile an Notlagentarifen auf und stechen dadurch positiv hervor (bei einem Branchendurchschnitt von 11,7 Notlagentarif-Versicherten je 1.000 Vollversicherten):

  • Barmenia: 8,3 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Concordia: 7,5 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • SDK: 5,9 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Huk-Coburg: 5,3 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Pax-Familienfürsorge: 3,8 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Alte Oldenburger: 3,3 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte
  • Debeka: 2,8 Notlagentarif-Versicherte je 1.000 Vollversicherte

Hintergrund: Die Studie „Die PKV im Jahr 2018“ kann gebührenpflichtig auf der Webseite der Zeitschrift für Versicherungswesen erworben werden. Ausgewählte Ergebnisse dieser Studie stellt das Versicherungsjournal in einem gebührenfreien Artikel vor.

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