Zudem muss die Belehrung zu den Rechtsfolgen so platziert sein, dass sie vom Antragsteller nicht übersehen werden kann und sich in örtlicher Nähe zu den relevanten Textpassagen (bzw. den Gesundheitsfragen) befindet. Auch das war in den beanstandeten Unterlagen nicht der Fall.

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Warnung ging im Fließtext unter

Stattdessen befand sich, in einem „Antragsteil A“, eine Rubrik „Hinweise und Erklärungen“. Die „Hinweise auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“ befanden sich unter einer „Ziffer 1“ dieser Rubrik. Jedoch war die Rubrik unterteilt in mehrere Ziffern, die diverse weitere Informationen enthielten zum Beispiel zur Schweigepflichtsentbindungserklärung, zum Widerrufsrecht, zum Beginn des Versicherungsschutzes. Da sich die Belehrung zu Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nicht deutlich genug von jenen anderen Informationen absetzte, ging sie aus Sicht des Gerichts im Fließtext unter. Erfolgte doch keine farbliche oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung. Das Gericht stellte auch klar: Es reiche nicht, wenn nur die Überschrift dick gedruckt ist. Zumal auch die anderen Informationen durch diese dickeren Überschriften eingeführt wurden.

Versicherungsnehmer muss im Antrag „kein Suchspiel bewältigen“

Erschwerend kommt hinzu: die Belehrung wies keine örtliche Nähe zu den Gesundheitsfragen auf. Diese nämlich haben sich laut Urteilsbegründung in einem anderen Antragsteil, dem Antragsteil B, befunden – 10 Seiten hinter der Belehrung! Zwar gab es in dem Antragsteil B einen Verweis, der auf die Belehrung des anderen Antragsteils zurückverweisen sollte. Jedoch genügte auch dieser Verweis nicht den Anforderungen. So war auch dieser Verweis nicht deutlich genug vom übrigen Schriftbild abgesetzt. Zudem nannte er nicht einmal die konkrete Seitenzahl, unter der die im Verweis erwähnten „Hinweise auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“ zu finden waren.

Der Fehler einer solchen Platzierungs-Strategie des Versicherers wird anschaulich durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 13. März 2014 – 7 U 216/13 –, juris), das vom LG Essen zitiert wird: Habe doch der Versicherungsnehmer "in einem für ihn unbekannten und im Regelfall das erste Mal zu Gesicht bekommenden Krankenversicherungs- oder sonstigen Versicherungsantrag kein Suchspiel zu bewältigen, bevor er wichtige Hinweise auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung gefunden und als solche enttarnt hat.“

Die große Frage: Wie viele Versicherungsnehmer sind betroffen?

Das Urteil des Landgerichts Essen machte deutlich: Die HUK-Coburg hat den Versicherungsnehmer im verhandelten Fall nicht ordnungsgemäß nach § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen. Der Fehler lag in der Beschaffenheit des Antragsformulars für den Krankenversicherungsvertrag. Aus diesem Grund stehen dem Versicherer auch nicht die Rechte bei Anzeigepflichtverletzung zu.

Ob eine Anzeigepflichtverletzung tatsächlich stattfand, ist hierbei gar nicht relevant. Denn ohne ordnungsgemäße Belehrungen können die Rechte durch den Versicherer auch nicht geltend gemacht werden.

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Dieses Urteil führt nun zu der Frage: Wie viele Versicherungsnehmer sind betroffen? Wie viele Versicherungsnehmer bekamen das beanstandete Antragsformular ausgehändigt und wurden demzufolge ebenfalls nicht ordnungsgemäß aufgeklärt? Und hat die HUK-Coburg durch Änderung der Formalitäten auf das Urteil reagiert? Eine Stellungnahme des Versicherers steht noch aus.

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