Strittig ist, ab welcher Betriebsgröße auch ein Beschwerdemanagement vorgehalten werden muss. Die Verordnung fordert zwar explizit eine Beschwerdemanagementfunktion, „die Beschwerden untersucht und dabei mögliche Interessenkonflikte feststellt und vermeidet.“ Jedoch wird in einer Begründung des ausführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die dem Bundesrat gereicht wurde, auf den „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ verwiesen und dargelegt: „Die Einsetzung einer Beschwerdemanagementfunktion kommt bei Einzelgewerbetreibenden nicht in Betracht, sie dürfte nur bei größeren Betrieben in Frage kommen.“

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Die Frage, für welche Betriebsgröße eine solche Managementfunktion gefordert ist, kann also noch nicht eindeutig beantwortet werden. Die Wirth-Kanzlei gibt aber in ihrer Pressemitteilung bekannt: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie das Bundeswirtschaftsministerium würden im 1. Quartal des kommenden Jahres die strittige Frage gemeinsam klären.

Auch für Beschwerdefälle gilt: Größtmögliche Transparenz gegenüber dem Kunden

Wichtig aber ist, wie bei so vielen Punkten der IDD-Umsetzung, die Transparenz gegenüber dem Kunden sowie die Dokumentationspflicht. Und bewertet man die umfangreichen neuen Anforderungen an die Geschäftsorganisation auch bei der Behandlung von Beschwerden, erscheint es fast, als müssten Vermittler nun eine Doppelrolle einnehmen: Sie verteidigen im Falle einer Beschwerde nicht mehr nur ihren eigenen Standpunkt, sondern wirken gleichzeitig auch als Mediator im Sinne des Beschwerdeführers. Hinter den hohen Anforderungen verbirgt sich freilich auch eine Chance, denn das Gesetzes stellt nun jene Vermittler besonders heraus, die schon immer eine besonders hohe Beratungsqualität garantierten und im Sinne der neuen IDD-Wohlverhaltensregeln das „bestmögliche Interesse“ auch der Kunden im Blick hatten.

Gefordert wird nun, dass jeder Vermittler sein eigenes Beschwerderegister führt. So sind Beschwerden zu registrieren und Daten zur Beschwerdebearbeitung fortlaufend zu untersuchen und zu bewerten. Auch muss der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu jeder Zeit Einsicht in das Register gestattet werden. Dem Beschwerdeführer, in der Regel also dem Kunden, muss der Eingang einer Beschwerde bestätigt werden. Die Beschwerde ist an zuständige Stellen weiterzuleiten, auch über diese Weiterleitung ist der Kunde zu unterrichten.

Zudem muss dem Kunden der Gang des Beschwerdeverfahrens mitgeteilt werden. Hierzu sind auch „Angaben über zuständige Behörden, Ombudsstellen oder Möglichkeiten eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens“ verbindlich, wie in der Begründung des zuständigen Ministeriums nachzulesen ist. Beschwerden sind umfassend zu prüfen. Dem Beschwerdeführer ist unverzüglich in verständlicher Sprache zu antworten. Mitgeteilt werden müssen dem Kunden auch Gründe möglicher Verzögerungen bei der Bearbeitung einer Beschwerde.

Verpflichtende Teilnahme am Ombudsmannverfahren

Die Verordnung schreibt nun auch eine verpflichtende Teilnahme am Ombudsmannverfahren vor. Bisher konnten Versicherungsvermittler freiwillig an einem solchen Verfahren teilnehmen. Nun aber gilt: Ruft ein Kunde wegen einer Streitigkeit eine Schlichtungsstelle an, sind Vermittler zur Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren verpflichtet.

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Praxistipp zum Beschwerdemanagement

Zum Beschwerdemanagement geben die „Wirth-Rechtsanwälte“ einen wichtigen Praxistipp: Ohne Rücksprache mit der eigenen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung solle keine Stellungnahme abgegeben werden. Bestehe doch die Gefahr, aufgrund einer Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz zu verlieren.

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