Durch die Verordnung sind nun auch jene Vorschriften für Vermittler verbindlich, die zur Umsetzung der IDD-Richtlinie geschaffen wurden unter dem Ziel, eine größere Transparenz im Versicherungsvertrieb zu gewährleisten sowie den Verbraucherschutz zu stärken. Fehlte doch dem IDD-Umsetzungsgesetz der Bundesregierung vom 23. Februar 2018 zur Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 zum Versicherungsvertrieb lange eine konkrete Verordnung, die Details für die Vermittlertätigkeit vorgab.

Anzeige

Die Kanzlei „Wirth-Rechtsanwälte“ aus Berlin gibt in einem Pressetext nun erste Hinweise für Makler, was aufgrund der neuen Verordnung zu beachten ist. Viele Neuerungen waren voraussehbar. Denn die ab dieser Woche geltenden Regelungen der neue VersVermV für Vermittler bilden ein Echo auf ähnliche Regeln, die das Umsetzungsgesetz bereits für Versicherungsunternehmen festschrieb. Der Versicherungsbote stellt einige der Hinweise vor und ergänzt zudem Regeln zu Interessenkonflikten, die durch eine EU-Verordnung zugrundegelegt werden.

Kundenerstinformation (§ 15 VersVermV)

Die „Information des Versicherungsnehmers“ regelt nun nicht mehr § 11 VersVermV, sondern § 15 VersVermV (was zu beachten ist, wenn man alte Musterschreiben verwendet und in der Überschrift auf den Paragraphen verweist). Die Erstinformation muss dem Kunden beim ersten Geschäftskontakt grundsätzlich auf Papier übergeben werden. Einzelheiten der Mitteilung werden in § 16 geregelt, Absatz 2 lässt Ausnahmen gegenüber der Papierform für den Onlinevertrieb oder Mailversand zu. Wichtig aber: Zulässig sind Ausnahmen nur, wenn dem Kunden zuvor die Wahl gelassen wurde zwischen der Information auf Papier oder der digital übermittelten Information (per Datenträger sowie auch per E-Mail).

Der Gewerbetreibende muss dem Kunden nun außerdem mitteilen, ob er eine Beratung anbietet. Da aber eine grundsätzliche Beratungspflicht nach deutschem Recht (§ 61 VVG) existiert, wäre dieser Punkt der Verordnung „ohne Sinn“, wie die Rechtsexperten der Wirth-Kanzlei schreiben.

Neu ist zudem, dass Art und Herkunft der Vergütung dem Kunden mitzuteilen sind. So verpflichtet die Verordnung den Gewerbetreibenden zur Information, „ob die Vergütung direkt vom Kunden zu zahlen ist oder als Provision oder sonstige Vergütung in der Versicherungsprämie enthalten ist“, wie es in dem neuen Regelwerk wörtlich heißt. Auch muss der Vermittelnde darüber informieren, ob er „als Vergütung andere Zuwendungen erhält“ oder ob eine Kombination verschiedener Vergütungsarten vorliegt. Laut Kanzlei braucht jedoch nicht die Höhe der Vergütung mitgeteilt zu werden.

Anzeige

Die Regeln zur Kundenerstinformation kommen nicht ohne Kritik der Rechtsexperten davon. Seien doch Art und Herkunft der Vergütung letztlich von den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden abhängig. Da schwerlich vor Beginn der Beratung klar sei, welches Produkt und ob überhaupt ein Produkt für den Kunden passend ist, sollten „Vermittler, welche z.B. auch Nettoprodukte vermitteln“, die Erstinformation „an dieser Stelle entsprechend offen halten“.

Neue Vorgaben zum Beschwerdemanagement (§ 17 VersVermV)

Auch mit Blick aus Beschwerdemanagement müssen die Vermittler neue Regeln beachten. Die „Behandlung von Beschwerden“ ist in § 17 VersVermV geregelt. So müssen nun Versicherungsvermittler und –berater über „Leitlinien zur Beschwerdeverarbeitung“ verfügen, wie es in der Verordnung heißt. Laut Anwaltskanzlei bedeutet das, für potentielle Beschwerden „klare Strukturen und Arbeitsanweisungen“ zugrundezulegen.

Strittig ist, ab welcher Betriebsgröße auch ein Beschwerdemanagement vorgehalten werden muss. Die Verordnung fordert zwar explizit eine Beschwerdemanagementfunktion, „die Beschwerden untersucht und dabei mögliche Interessenkonflikte feststellt und vermeidet.“ Jedoch wird in einer Begründung des ausführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die dem Bundesrat gereicht wurde, auf den „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ verwiesen und dargelegt: „Die Einsetzung einer Beschwerdemanagementfunktion kommt bei Einzelgewerbetreibenden nicht in Betracht, sie dürfte nur bei größeren Betrieben in Frage kommen.“

Anzeige

Die Frage, für welche Betriebsgröße eine solche Managementfunktion gefordert ist, kann also noch nicht eindeutig beantwortet werden. Die Wirth-Kanzlei gibt aber in ihrer Pressemitteilung bekannt: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie das Bundeswirtschaftsministerium würden im 1. Quartal des kommenden Jahres die strittige Frage gemeinsam klären.

Auch für Beschwerdefälle gilt: Größtmögliche Transparenz gegenüber dem Kunden

Wichtig aber ist, wie bei so vielen Punkten der IDD-Umsetzung, die Transparenz gegenüber dem Kunden sowie die Dokumentationspflicht. Und bewertet man die umfangreichen neuen Anforderungen an die Geschäftsorganisation auch bei der Behandlung von Beschwerden, erscheint es fast, als müssten Vermittler nun eine Doppelrolle einnehmen: Sie verteidigen im Falle einer Beschwerde nicht mehr nur ihren eigenen Standpunkt, sondern wirken gleichzeitig auch als Mediator im Sinne des Beschwerdeführers. Hinter den hohen Anforderungen verbirgt sich freilich auch eine Chance, denn das Gesetzes stellt nun jene Vermittler besonders heraus, die schon immer eine besonders hohe Beratungsqualität garantierten und im Sinne der neuen IDD-Wohlverhaltensregeln das „bestmögliche Interesse“ auch der Kunden im Blick hatten.

Gefordert wird nun, dass jeder Vermittler sein eigenes Beschwerderegister führt. So sind Beschwerden zu registrieren und Daten zur Beschwerdebearbeitung fortlaufend zu untersuchen und zu bewerten. Auch muss der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu jeder Zeit Einsicht in das Register gestattet werden. Dem Beschwerdeführer, in der Regel also dem Kunden, muss der Eingang einer Beschwerde bestätigt werden. Die Beschwerde ist an zuständige Stellen weiterzuleiten, auch über diese Weiterleitung ist der Kunde zu unterrichten.

Zudem muss dem Kunden der Gang des Beschwerdeverfahrens mitgeteilt werden. Hierzu sind auch „Angaben über zuständige Behörden, Ombudsstellen oder Möglichkeiten eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens“ verbindlich, wie in der Begründung des zuständigen Ministeriums nachzulesen ist. Beschwerden sind umfassend zu prüfen. Dem Beschwerdeführer ist unverzüglich in verständlicher Sprache zu antworten. Mitgeteilt werden müssen dem Kunden auch Gründe möglicher Verzögerungen bei der Bearbeitung einer Beschwerde.

Verpflichtende Teilnahme am Ombudsmannverfahren

Die Verordnung schreibt nun auch eine verpflichtende Teilnahme am Ombudsmannverfahren vor. Bisher konnten Versicherungsvermittler freiwillig an einem solchen Verfahren teilnehmen. Nun aber gilt: Ruft ein Kunde wegen einer Streitigkeit eine Schlichtungsstelle an, sind Vermittler zur Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren verpflichtet.

Praxistipp zum Beschwerdemanagement

Zum Beschwerdemanagement geben die „Wirth-Rechtsanwälte“ einen wichtigen Praxistipp: Ohne Rücksprache mit der eigenen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung solle keine Stellungnahme abgegeben werden. Bestehe doch die Gefahr, aufgrund einer Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz zu verlieren.

Vermeidung von Interessenkonflikten: VersVermV legt EU-Verordnung zugrunde

Paragraph 14 der neuen VersVermV regelt die „Anforderungen an die Geschäftsorganisation, Vergütung, Vermeidung von Interessenkonflikten“. So darf der Gewerbetreibende „keine Vorkehrungen durch die Vergütung, Verkaufsziele oder in anderer Weise treffen, durch die Anreize für ihn selbst oder seine Beschäftigten geschaffen werden könnten, einem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu empfehlen, obwohl er ein anderes, den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers besser entsprechendes Versicherungsprodukt anbieten könnte.“ Vergütungen oder Anreize dürfen also nicht verhindern, dem Kunden das für ihn bestgeeignete Versicherungsprodukt zu vermitteln. Einzelheiten zur Vermeidung von Interessenkonflikten regelt hierzu die delegierte Verordnung (EU) 2017/2359 der Kommission vom 21. September 2017.

Wichtige Hinweise zur Einschätzung, ob ein Interessenkonflikt vorliegt oder nicht, findet man im Artikel 8 dieser EU-Verordnung. So darf eine Anreizregelung nicht ausschließlich oder vorwiegend auf wirtschaftlichen Kriterien beruhen, die Qualität eines Produkts muss stets mitbedacht werden. Auch darf der Wert des gezahlten oder entgegengenommenen Anreizes nicht unverhältnismäßig sein gegenüber dem Wert des Produkts und der Dienstleistung. Zudem gilt es, bei Storno oder frühzeitigen Rückkauf des Produkts auch das Kundeninteresse zu berücksichtigen und ihn bei Storno zu beteiligen, damit kein Interessenkonflikt vorliegt. Vermieden werden müssen hingegen werterhöhende Mechanismen, die Leistungen erst vom Erreichen eines bestimmten Schwellenwerts oder Verkaufsvolumens abhängig machen.

Erst als letztes Mittel zulässig: nicht vermeidbare Interessenkonflikte sind offenzulegen

Interessenskonflikte sollten stets vermieden, Risikofaktoren mit nachteiliger Auswirkung auf die Qualität einer Dienstleistung der gründlichen Gesamtanalyse unterzogen werden. Erst als letztes Mittel, wenn sich Interessenkonflikte partout nicht vermeiden lassen, ist die Offenlegung von Interessenkonflikten geboten. Wichtig ist aber, dass diese Offenlegung wirklich das letzte Mittel darstellt.

Einzelheiten zu dieser Offenlegung gibt Artikel 6 der EU-Verordnung vor. Im Falle eines nicht behebbaren Interessenkonfliktes greifen nun, wie schon beim Beschwerdemanagement, umfangreiche Informationspflichten gegenüber dem Kunden. So muss der Interessenkonflikt genau beschrieben werden. Die Art und die Ursachen des Konflikts müssen erklärt werden. Die Risiken müssen dem Kunden mitgeteilt werden, die aufgrund des Interessenkonflikts bestehen. Auch muss darauf hingewiesen werden, dass organisatorische und administrative Vorkehrungen nicht ausreichen, um eine mögliche Schädigung der Interessen des Kunden abzuwenden.

"Minimalversion einer korrekten Erstinformation" der Kanzlei „Wirth-Rechtsanwälte“

Als "Minimalversion einer korrekten Erstinformation" empfehlen die Rechtsexperten der Kanzlei „Wirth-Rechtsanwälte“ folgendes Muster:


Name und Anschrift

Max Mustermann

Inhaber der XY-Beratung

betriebliche Anschrift


Tätigkeitsart

Versicherungsmakler mit Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO), gemeldet bei der IHK-XY Stadt


Beratung

Die Tätigkeit beinhaltet auch Beratung.


Art und Quelle der Vergütung

Die Vergütung der Tätigkeit erfolgt als:

  • konkret vereinbarte Zahlung durch den Kunden oder als
  • in der Versicherungsprämie enthaltene Provision, die vom jeweiligen Versicherungsunternehmen ausgezahlt wird oder als
  • Kombination aus beidem.

Dies ist letztlich abhängig von den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden und den Versicherungsprodukten, welche eventuell vermittelt werden.


Gemeinsame Registerstelle

Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) e.V.

Breite Str. 29

10178 Berlin

Telefon: 030 20308-0

Registerabruf: www.vermittlerregister.info unter der Registernummer XYXYXY


Schlichtungsstelle

Schlichtungsstelle für gewerbliche Versicherungs-, Anlage- und Kreditvermittlung Glockengießerwall 2

Anzeige

20095 Hamburg

Seite 1/2/3/4/

Anzeige